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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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mittelgroß, hager, dunkelhäutig. Von der düsteren gutaussehenden Art. Ich schätzte ihn auf Ende Zwanzig. Unauffälig… Nein, eigentlich nicht. Auf den zweiten Blick konnte man etwas Auffälliges bemerken. Eine Intensität, eine Ausdruckslosigkeit, etwas in seiner Haltung. Die Gärten schüchterten ihn nicht ein.
Die Leute sahen ihn an und rümpften gepuderte Nasen. Sie sahen nicht den Mann, sie sahen nur die Lumpen. Man konnte ihren Widerwillen spüren. Schon schlimm genug, daß man uns eingelassen hatte. Nun kamen auch noch Lumpensammler. Ein reichbetreßter Diener ging zu ihm und zeigte ihm den Eingang, den er wohl irrtümlich durchschritten hatte. Der Mann kam auf uns zu und ging an dem Diener vorbei, als ob er nicht existierte. In seinen Bewegungen lag etwas Unbeholfenes, Steifes, das darauf hindeutete, daß er sich von vor kurzem erlittenen Verletzungen erholte. »Hauptmann?« »Einen guten Tag wünsche ich. Nehmt doch Platz.« Ein gewichtiger Feldherr des Stabes löste sich aus einem Knäuel höherer Offiziere und an-
    mutiger junger Frauen. Er machte einige Schritte in unsere Richtung, hielt dann inne. Er war
versucht, seinen Vorurteilen Luft zu machen. Ich erkannte ihn. Lord Jalena. So hoch im Rang, wie man nur sein konnte, ohne zu den Zehn Unterworfenen zu gehören. Sein Gesicht war rot und aufgedunsen. Falls der Hauptmann ihn sah, so gab er jedenfalls vor, ihn nicht bemerkt zu haben. »Meine Herren, das ist… Raven. Er will sich uns anschließen. Raven ist nicht der Name, mit dem er geboren wurde. Ist auch nicht wichtig. Der Rest von euch hat auch gelogen. Stellt euch vor und stellt eure Fragen.«
An diesem Raven war etwas Merkwürdiges. Offenbar waren wir seine Gäste. Sein Auftreten entsprach nicht dem eines Straßenbettlers, aber er wirkte, als hätte er einen langen, üblen Weg hinter sich.
Lord Jalena kam heran. Er schnaufte beim Atmen. Schweine wie ihn hätte ich gerne die Hälfte dessen durchmachen lassen, was sie ihren Truppen zumuteten. Er sah den Hauptmann mit bösen Blicken an. »Sir«, sagte er zwischen zwei Schnaufern, »Eure Kontakte sind solcher Art, daß wir Euch den Eintritt nicht verwehren können, aber… Die Gärten sind für Personen von Adel bestimmt. Das ist schon seit zweihundert Jahren so. Wir lassen hier…«
Der Hauptmann setzte ein rätselhaftes Lächeln auf. Mit sanfter Stimme erwiderte er: »Ich bin hier Gast, Milord. Wenn Euch meine Gesellschaft nicht gefällt, so beschwert Euch doch bei meinem Gastgeber.« Er deutete auf Raven. Jalena wandte sich halb nach rechts. »Sir…« Seine Augen und sein Mund bildeten drei klei- ne Kreise. »Ihr!«
Raven starrte Jalena an. Nicht ein Muskel zuckte in seinem Gesicht. Keine Wimper bebte. Aus den Wangen des Dicken wich die Farbe. Er warf einen fast flehentlichen Blick auf seine Gruppe, sah Raven an, sah den Hauptmann an. Sein Mund zuckte, aber keine Worte waren zu hören.
Der Hauptmann reichte etwas zu Raven hinüber. Raven nahm Seelenfängers Abzeichen an. Er heftete es über dem Herzen an.
Jalena wurde noch bleicher. Er wich zurück. »Scheint Euch zu kennen«, stellte der Hauptmann fest. »Er glaubte, ich sei tot.«
Jalena stieß wieder zu seiner Gruppe. Er stieß einen Wortschwall aus und zeigte auf uns. Bleiche Männer sahen in unsere Richtung. Sie disputierten kurz, dann floh die gesamte Grup- pe aus dem Garten.
Raven erklärte den Zwischenfall nicht. Statt dessen sagte er: »Wollen wir dann zum Ge- schäft kommen?«
»Wollt Ihr vielleicht erläutern, was hier gerade geschehen ist?« In der Stimme des Haupt- manns schwang gefährliche Sanftheit mit.
    »Nein.«
»Denkt noch einmal darüber nach. Eure Anwesenheit könnte die gesamte Kompanie gefähr- den.«
»Das wird sie nicht. Es ist eine persönliche Angelegenheit. Ich werde sie nicht mitbringen.« Darüber dachte der Hauptmann nach. Er gehört nicht zu denen, die in der Vergangenheit ei- nes Mannes herumbohren. Jedenfalls nicht ohne Grund. Er kam zu dem Schluß, daß er jetzt Grund hatte. »Wie könnt Ihr vermeiden, sie mitzubringen? Offensichtlich bedeutet Ihr Lord Jalena etwas.«
»Nicht Jalena. Seinen Freunden. Eine alte Geschichte. Ich werde sie beilegen, bevor ich mich Euch anschließe. Fünf Menschen müssen sterben, damit die Sache erledigt ist.« Das klang interessant. Ah ja, der Geruch nach Geheimnis und finsteren Taten, nach üblen Schlichen und Rache in der Nacht. Daraus bestehen gute Geschichten. »Ich bin Croaker. Gibt es einen besonderen Grund, daß wir der

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