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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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Lüftchen. Der Nachmittag versprach glühende Hitze.
Wampe schwenkte neben dem Leutnant herum. Elmo und ich hielten mit dem gegenseitigen Auftischen alter Lügengeschichten inne und lauschten. Wampe zeigte auf eine Rauchsäule. »In dem Dorf sind noch einige Männer des Hinkers, Sir.« »Mit ihnen geredet?«
»Nein, Sir. Langschädel war nicht der Ansicht, daß wir das sollten. Er wartet vor dem Ort.« »Wie viele sind es?«
»Zwanzig, fünfundzwanzig. Betrunken und auf Streit aus. Der Offizier war schlimmer als seine Leute.«
Der Leutnant warf einen Blick über die Schulter. »Ah ja. Elmo. Heute ist dein Glückstag. Nimm dir zehn Leute und 1 begleite Wampe. Seht euch mal um.« »Scheiße«, brummte Elmo. Er ist ein guter Mann, aber feuchte Frühlingstage machen ihn träge. »Na dann. Otto. Schweiger. Peewee. Whitey. Zickenbart. Raven…« Ich hüstelte diskret.
»Du spinnst ja, Croaker. In Ordnung.« Er zählte rasch an den Fingern nach, rief drei weitere Namen. Wir nahmen neben der Kolonne Aufstellung. Elmo musterte uns kurz, um sicherzu- gehen, daß wir unsere Köpfe nicht vergessen hatten. »Aufgeht’s.« Wir trabten los. Wampe führte uns in ein Waldstück, von dem aus man einen Überblick über die heimgesuchte kleine Stadt hatte. Langschädel und ein Mann namens Jolly warteten dort auf uns. Elmo fragte: »Gibt es was Neues?« Jolly, ein berufsmäßiger Sarkast, erwiderte: »Die Feuer gehen langsam aus.« Wir sahen zum Dorf hinüber. Ich sah nichts, was mir den Magen nicht umdrehte. Abge- schlachtetes Vieh. Abgeschlachtete Katzen und Hunde. Die kleinen zerbrochenen Gestalten toter Kinder.
»Nicht auch die Kleinen«, sagte ich, ohne es zu merken. »Nicht wieder die kleinen Kinder.« Elmo sah mich sonderbar an, nicht etwa deshalb, weil ihn der Anblick kaltgelassen hätte, sondern weil ich ungewöhnlich beteiligt schien. Ich habe schon viele tote Menschen gesehen. Ich gab ihm keine Aufklärung. Für mich besteht ein großer Unterschied zwischen Erwachse- nen und Kindern. »Elmo, ich muß dort rein.« »Sei kein Dummkopf, Croaker. Was kannst du dort tun?« »Wenn ich nur ein Kind retten kann…«
Raven sagte: »Ich gehe mit ihm.« Ein Messer tauchte in seiner Hand auf. Diesen Trick muß- te er von einem Taschenspieler gelernt haben. Er zeigt ihn immer dann, wenn er erregt oder wütend ist.
»Glaubst du, daß ihr fünfundzwanzig Männer aufs Kreuz legen könnt?«
    Raven zuckte die Achseln. »Croaker hat recht, Elmo. Es muß sein. Manche Sachen darf man
nicht dulden.«
Elmo gab nach. »Wir gehen alle. Betet, daß sie nicht so betrunken sind, daß sie Freund von Feind nicht mehr unterscheiden können.« Raven trieb sein Pferd an.
Das Dorf war recht groß. Vor der Ankunft des Hinkers hatte es zweihundert Häuser umfaßt. Die Hälfte davon war abgebrannt oder brannte noch. Die Straßen waren mit Leichen übersät. Fliegen sammelten sich um blicklose Augen. »Keiner im kampffähigen Alter«, stellte ich fest. Ich stieg ab und kniete neben einem vier- oder fünfjährigen Jungen. Sein Schädel war einge- schlagen, aber er atmete noch. »Ich kann nichts tun«, sagte ich. »Du kannst sein Leiden beenden.« In Ravens Augen standen Tränen. Tränen und Zorn. »Da- für gibt es keine Entschuldigung.« Er ging zu einer Leiche, die im Schatten lag. Der Junge war etwa siebzehn Jahre alt. Er trug die Jacke eines Angehörigen der Hauptarmee der Rebellen. Er war kämpfend gestorben. Raven sagte: »Er muß Urlaub gehabt haben. Ein Junge, um sie alle zu beschützen.« Er zog einen Bogen aus leblosen Fingern und bog ihn. »Gutes Holz. Ein paar tausend davon, und der Hinker wäre geschlagen.« Er schlang sich den Bogen über die Schulter und nahm die Pfeile des Jungen an sich. Ich untersuchte zwei weitere Kinder. Ihnen war nicht mehr zu helfen. In einer abgebrannten Hütte fand ich eine Großmutter, die bei dem Versuch gestorben war, ein Kleinkind zu be- schützen. Vergeblich.
Raven spuckte angewidert aus. »Kreaturen wie der Hinker erschaffen für jeden Feind, den sie vernichten, zwei neue.«
Nun bemerkte ich gedämpftes Weinen und Gelächter und Flüche weiter vor uns. »Laß uns da mal nachsehen.«
Neben der Hütte entdeckten wir vier tote Soldaten. Der Junge hatte seine Spur hinterlassen. »Guter Schütze«, meinte Raven. »Armer Narr.« »Narr?«
»Er hätte so klug sein und davonrennen sollen. Wäre für alle vielleicht einfacher gewesen.« Seine Grübelei ließ mich zusammenzucken. Was scherte ihn ein Junge von der anderen Seite?

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