Im Dienst des Seelenfängers
innerhalb unserer äußeren Postenlinie und warnte Einauge. Einauge meldete sich beim Hauptmann.
Nachdem der Hauptmann mich, Einauge, Goblin und einige andere aufgeschreckt hatte, breitete er eine Karte auf einem Baumstumpf aus, den wir als Kartentisch verwendeten. »Wo sind sie?«
»Zwei hier. Zwei weitere da drüben. Einer dort.« »Jemand soll den Posten Bescheid geben, daß sie untertauchen sollen. Wir verpieseln uns heimlich. Goblin. Wo ist Goblin. Sag einer Goblin Bescheid, daß er mit den Illusionen anfan- gen soll.« Der Hauptmann wollte keinen unnötigen Ärger anfangen. Eine lobenswerte Ent- scheidung, dachte ich bei mir.
Einige Minuten danach fragte er: »Wo ist Raven?« Ich sagte: »Ich glaube, er beschleicht die Spitzel.« »Was? Hat er den Verstand verloren?« Sein Gesicht verfinsterte sich. »Was zum Donner willst du denn?«
Goblin quiekte wie eine getretene Ratte. Er quiekt immer zur allerbesten Zeit. Der Wutanfall des Hauptmanns ließ ihn wie ein Küken klingen. »Du hast mich hierherbestellt.«
Knurrend und brummelnd marschierte der Hauptmann im Kreis herum. Wenn er das gleiche
gekonnt hätte wie Goblin oder Einauge, dann wäre ihm der Rauch aus den Ohren gequollen. Ich blinzelte Goblin zu; der stand da und grinste wie ein fetter Frosch. Dieser schlurfende Kriegstanz war nur ein Hinweis, daß man dem Hauptmann nicht auf die Nerven gehen sollte. Er schob Landkarten hin und her. Er warf finstere Blicke um sich. Er wirbelte zu mir herum. »Das gefällt mir nicht. Hast du ihn dazu angestiftet?« »Verdammt noch mal, nein.« Ich zeichne die Geschichte der Kompanie bloß auf, ich versu- che nicht, sie zu erschaffen.
Dann tauchte Raven auf. Vor dem Hauptmann warf er eine Leiche auf den Boden und hielt eine Kette grausiger Trophäen in die Höhe. »Verflucht noch mal, was soll das?«
»Daumen. In dieser Gegend werden sie als Tötungszählung benutzt.« Der Hauptmann wurde grün um die Kiemen. »Und was sollen wir mit der Leiche?« »Legt die Beine ins Feuer und laßt ihn hier. Dann denken sie nicht mehr darüber nach, wo- her wir wußten, daß sie da draußen waren.«
Einauge, Goblin und Schweiger warfen ein Trugbild über die Kompanie. Wir schlüpften so leise davon wie ein Fisch durch die Finger eines tolpatschigen Anglers. Ein feindliches Ba- taillon, das sich an uns herangeschlichen hatte, bemerkte nicht das Geringste von unserer Flucht. Wir stießen direkt nach Norden vor. Der Hauptmann wollte zum Hinker aufschließen. Später am Nachmittag stimmte Einauge ein Marschlied an. Goblin krähte empört auf. Ein- auge grinste und sang nur noch lauter.
»Er singt die falschen Worte!« quiekte Goblin. Die Männer grinsten in Vorfreude. Einauge und Goblin liegen sich schon seit ewigen Zeiten in den Haaren. Einauge fängt stets mit dem Streit an. Goblin kann so empfindlich wie eine frische Brandwunde sein. Ihre Kabbeleien sind unterhaltsam. Dieses Mal blieb Goblin jedoch ruhig. Er beachtete Einauge gar nicht. Der kleine schwarze Mann war daraufhin beleidigt. Er sang noch lauter. Wir erwarteten ein Feuerwerk. Was wir bekamen, war Langeweile. Einauge erhielt keine Reaktion. Er begann zu schmollen. Kurz darauf sagte Goblin zu mir: »Halte schön die Augen offen, Croaker. Wir sind in einem fremden Land. Da kann alles passieren.« Er kicherte. Eine Pferdebremse landete auf der Flanke von Einauges Reittier. Das Tier wieherte und bäumte sich auf. Der dösende Einauge purzelte über das Hinterteil in den Staub. Alle brüllten vor Lachen los. Der runzelige kleine Zauberer rappelte sich fluchend wieder auf und schlug mit seinem zerbeulten alten Hut nach der Bremse. Mit der freien Hand schlug er nach seinem Pferd und traf dessen Stirn. Dann tänzelte er stöhnend umher und blies sich auf die Knöchel.
Hohngelächter war sein Lohn. Goblin feixte.
Bald war Einauge wieder eingedöst. Das lernt man, wenn man genug anstrengende Meilen zu Pferde unterwegs ist. Ein Vogel ließ sich auf seiner Schulter nieder. Er schnaubte, wedelte ihn fort… Der Vogel hinterließ eine große, stinkende violette Ladung. Einauge heulte auf. Er warf mit Dingen um sich. Er riß sich die Jacke in Fetzen vom Leib. Wieder lachten wir. Und Goblin blickte so unschuldig drein wie eine Jungfrau. Einauge schimpfte und knurrte, merkte aber immer noch nichts. Allmählich dämmerte es ihm, als wir einen Hügel überschritten und eine Schar affengroßer Pygmäen erblickten, die eifrig ein Idol abküßten, das einem Pferdehintern ziemlich ähnlich sah. Jeder
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