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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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auf.
    Goblin kam in das Zimmer spaziert, das wir belegt hatten. »Ich habe den Platz gefunden«, quiekte er Einauge zu.
    »Gut.«
Sonderbar. Seit Wochen hatten sie kein grobes Wort miteinander gewechselt. Für gewöhn- lich war eine Stunde ohne Streiterei ein Wunder. Seelenfänger regte sich in der verschatteten Ecke, wo er wie ein schlanker schwarzer Busch verharrte; eine Menschenmenge, die leise miteinander stritt. »Erzähle mehr.« »Es ist ein alter öffentlicher Platz. Ein Dutzend Gassen und Straßen führen dorthin. Bei Nacht schlecht beleuchtet. Nach Einbruch der Dunkelheit rührt sich dort nichts mehr.« »Klingt perfekt«, sagte Einauge.
»Ist es auch. Ich habe ein Zimmer gemietet, von dem aus man den Platz überblicken kann.« »Wir sehen uns die Sache an«, sagte Elmo. Uns allen fiel allmählich die Decke auf den Kopf. Eine Völkerwanderung zur Tür setzte ein. Nur Seelenfänger blieb, wo er war. Vielleicht verstand er unser Bedürfnis nach Abstand. Offenbar hatte Goblin recht, was den Platz anging. »Und?« fragte ich. Einauge grinste. »Au- ster!« fauchte ich. »Spielt ruhig weiter eure Spielchen.« »Heute nacht?« fragte Goblin.
Einauge nickte. »Wenn das alte Nachtgespenst zustimmt.« »Allmählich langt es mir«, verkündete ich. »Was ist hier eigentlich los? Alles, was ihr Ko- miker macht, ist Karten spielen und Raven beim Messerschärfen zusehen.« Das ging manch- mal stundenlang, und die Bewegung des Wetzsteines über den Stahl jagte mir eisige Schauer über den Rücken. Es bedeutete Unheil. Raven macht das nur dann, wenn er damit rechnet, daß die Lage brenzlig wird.
Einauge gab ein Geräusch wie eine krächzende Krähe von sich.
    Wir rollten den Wagen um Mitternacht hinüber. Der Stallmeister nannte uns wahnsinnig. Einauge widmete ihm eine seiner berühmten Grinsgrimassen. Er fuhr. Wir anderen umringten den Wagen zu Fuß.
Es hatte sich etwas geändert. Jemand hatte in den Stein eine Botschaft geritzt. Wahrschein- lich Einauge, während eines seiner unerklärten Ausflüge aus unserem Hauptquartier. Pralle Ledersäcke und ein kräftiger Brettertisch lagen ebenfalls auf der Wagenfläche. Der Tisch sah so aus, als ob er den Stein tragen konnte. Die Beine waren aus dunklem poliertem Holz mit eingelegten Symbolen in Silber und Elfenbein, sehr verschlungen, hieroglyphen- gleich, geheimnisvoll.
»Woher habt ihr den Tisch?« fragte ich. Goblin quiekte, lachte. Ich knurrte: »Warum könnt ihr es mir jetzt nicht sagen, verdammt noch mal?« »Nun gut«, sagte Einauge und kicherte boshaft. »Wir haben ihn gemacht.«
    »Wofür?«
»Um unseren Stein daraufzustellen.«
»Ihr sagt mir überhaupt nichts.«
»Geduld, Croaker. Alles zu seiner Zeit.« Schweinehund. Etwas war sonderbar an unserem Platz. Er war nebelig. Nirgends sonst hatte es Nebel gege- ben.
Einauge hielt den Wagen in der Mitte des Platzes an. »Runter mit dem Tisch, Jungs.« »Runter mir dir«, krächzte Goblin. »Glaubst du, du kannst dich durch alles hindurchtrö- deln?« Er wirbelte zu Elmo herum. »Der verdammte alte Krüppel hat ständig eine Ent- schuldigung auf Lager.«
»Da hat er nicht unrecht, Einauge.« Einauge begann zu zetern. Elmo fauchte: »Beweg dei- nen Hintern da runter.«
Einauge starrte Goblin böse an. »Eines Tages kriege ich dich schon, Fettwanst. Mit einem Fluch für Impotenz. Na, wie klingt das?« Goblin war nicht beeindruckt. »Ich würde dir ja einen Fluch für Dummheit anhängen, wenn ich die Natur verbessern könnte.«
»Schafft den verdammten Tisch da runter«, schnappte Elmo. »Bist du nervös?« fragte ich. Sonst regt er sich bei ihrem Gekabbel nie auf. Er sieht es als Teil des Freizeitvertreibs.
»Ja. Du und Raven, ihr geht nach oben und schiebt.« Der Tisch war schwerer, als er aussah. Wir mußten alle anpacken, um ihn vom Wagen zu heben. Einauges vorgetäuschte Grunzer und Flüche machten es nicht besser. Ich fragte ihn, wie er ihn auf den Wagen gekriegt hatte. »Da hab ich ihn gebaut, Dumpfbacke«, sagte er, dann meckerte er herum, wollte ihn erst ei- nen halben Zoll in diese Richtung verschoben, dann einen halben Zoll in die andere. »Laß das«, sagte Seelenfänger. »Dafür haben wir keine Zeit.« Sein Mißvergnügen hatte eine begrüßenswerte Wirkung. Weder Goblin noch Einauge gaben noch einen Mucks von sich. Wir schoben den Stein auf den Tisch. Ich trat einen Schritt zurück und wischte mir den Schweiß aus dem Gesicht. Ich war klatschnaß. Mitten im Winter. Dieser Stein verströmte Hitze.
»Die

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