Im Dienst des Seelenfängers
Zährenstiege hinauf. Unglaublich. Unmöglich. Und wenn nicht die Schwarze Schar und du gewesen wären, hätte es auch geklappt. Ihr werdet belohnt werden. Das garantiere ich. Aber genug davon. Ich habe noch zu tun. Nachtkriecher benötigt diese Informationen. Die Lady muß diese Papiere sehen.«
»Ich hoffe, daß Ihr recht habt«, murrte ich. »Macht sie fertig, und macht dann Pause. Ich bin fix und fertig. Wir sind seit einem Jahr nur am Schleppen und am Kämpfen.« Blöde Bemerkung, Croaker. Ich spürte die Kälte des Stirnrunzelns aus dem schwarzen Mo- rion heraus. Wie lange hatte Seelenfänger schon geschleppt und gekämpft? Eine Ewigkeit. »Du kannst jetzt gehen«, sagte er zu mir. »Mit dir und Raven rede ich später.« Kalte Stimme, so kalt. Ich verschwand wie ein geölter Blitz.
Als wir in Lords eintrafen, war alles schon vorbei. Nachtkriecher hatte rasch und hart zuge- schlagen. Man konnte nirgendwo hingehen, ohne nicht Rebellen von Bäumen und La- ternenpfählen hängen zu sehen. Die Kompanie zog mit der Erwartung in die Baracken ein, einen ruhigen, langweiligen Winter zu verleben und den Frühling damit zu verbringen, ver- sprengte Rebellen in die großen Wälder des Nordens zurückzujagen. Ach ja, diese Illusion war wunderschön, solange sie anhielt.
»Tonk!« sagte ich und warf die fünf Karten hin, die an mich ausgegeben worden waren. »Ha! Doppelt, Jungens. Doppelt. Her mit den Kröten.« Einauge murrte und knurrte und schob Münzen über den Tisch. Raven lachte leise. Selbst Goblin wurde munter genug, um zu lächeln. Einauge hatte schon den ganzen Morgen lang kein Spiel gewonnen, nicht einmal, wenn er schummelte. »Vielen Dank, meine Herren. Danke. Gib aus, Einauge.« »Was machst du da, Croaker? He? Wie machst du das bloß?« »Die Hand ist schneller als das Auge«, meinte Elmo. »Einfach nur gesundes Leben, Einauge. Gesundes Leben.« Der Leutnant schob sich durch die Tür, sein Gesicht war zu einer finsteren Grimasse verzo- gen. »Raven. Croaker. Der Hauptmann will euch sehen. Ruckartig.« Er sah auf die ver- schiedenen Kartenspiele. »Verkommene Subjekte.« Einauge schniefte, rang sich dann zu einem schwachen Lächeln durch. Der Leutnant spielte
noch schlechter als er.
Ich sah Raven an. Der Hauptmann war sein Kumpel. Aber er zuckte bloß die Achseln und warf seine Karten auf den Tisch. Ich strich mir meinen Gewinn in die Taschen und folgte ihm zum Besprechungsraum des Hauptmanns.
Seelenfänger hielt sich dort auf. Wir hatten ihn seit dem Tag am Waldesrand nicht mehr ge- sehen. Ich hatte gehofft, daß er zu viel zu tun hätte, um sich wieder auf uns zu besinnen. Ich sah den Hauptmann an und versuchte aus seinem Gesicht die Zukunft zu deuten. Ich sah, daß er nicht glücklich war.
Wenn der Hauptmann nicht glücklich war, dann war ich es auch nicht. »Setzt euch«, sagte er. Zwei Sessel standen bereit. Er strich unruhig auf und ab. Schließlich sagte er: »Wir haben Marschbefehle erhalten. Direkt aus Charm. An uns und Nachtkriechers gesamte Brigade.« Er deutete auf Seelenfänger und gab den Ball mit den Erklärungen an ihn weiter.
Fänger schien gedankenverloren. Schließlich fragte er mit kaum hörbarer Stimme: »Wie gut kannst du mit dem Bogen umgehen, Raven?« »Durchschnittlich. Bin kein Meisterschütze.« »Besser als der Durchschnitt«, gab der Hauptmann zurück. »Verdammt gut.« »Und du, Croaker?«
»Ich war mal ganz gut. Ich habe seit Jahren keinen Bogen mehr gespannt.« »Fangt an zu üben.« Fänger begann ebenfalls auf und ab zu laufen. Das Zimmer war klein. Ich erwartete jeden Augenblick einen Zusammenstoß. Nach einer Weile sagte Seelenfänger: »Es hat sich einiges getan. Wir haben versucht, Wisper in ihrem Lager zu erwischen. Wir haben sie eben gerade verpaßt. Sie hat die Falle gerochen. Sie hält sich immer noch irgendwo da draußen verborgen. Die Lady schickt uns von allen Seiten Truppen dazu.« Das erklärte die Bemerkung des Hauptmanns. Es verriet mir nicht, warum ich meine Fähig- keiten als Bogenschütze aufpolieren sollte. »Soweit wir feststellen können«, fuhr Seelenfänger fort, »wissen die Rebellen nicht, was da draußen passiert ist. Noch nicht. Wisper hat es nicht fertiggebracht, die Nachricht über ihr Versagen weiterzuleiten. Sie ist eine stolze Frau. Es sieht so aus, als ob sie erst wieder einen Erfolg vorweisen will.«
»Womit?« fragte Raven. »Sie bekommt doch nicht einmal einen Zug zusammen.« »Mittels ihres Gedächtnisses. Mittels ihrer Erinnerungen an
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