Im Dienst des Seelenfängers
daß wir morgen die Zährenstiege erreichen werden. Dann können wir das tun, was wir alle wollen. Harden eine blutige Nase verpassen.«
Harden war zum obersten Feldherrn der Rebellen geworden. »Hat er auch gesagt, wie wir das anstellen werden, wenn wir zigtausend zu eins unterlegen sind?« Der Hauptmann machte ein finsteres Gesicht. Er vollführte seinen kleinen Bärentanz, wäh- rend er sich eine beruhigende Antwort überlegte. Dreitausend erschöpfte, geschlagene Männer sollten Hardens siegestrunkene Horden zu- rückschlagen? Im Leben nicht. Nicht einmal, wenn drei der Zehn Unterworfenen uns dabei halfen.
»Dachte ich mir«, höhnte ich.
»Ist aber auch nicht dein Bereich, oder? Fänger stellt ja auch nicht deine ärztlichen Maß- nahmen in Frage, nicht wahr? Warum bezweifelst du also die Gesamtstrategie?« Ich grinste. »Das ungeschriebene Gesetz aller Armeen, Hauptmann. Die niedrigen Ränge genießen das Privileg, die geistige Gesundheit und die Kompetenz ihrer Befehlshaber in Frage zu stellen. Das ist der Mörtel, der eine Armee zusammenhält.« Der Hauptmann starrte von seiner geringeren Körpergröße, seinen breiteren Schultern und unter zottigen Augenbrauen zu mir herauf. »Der sie zusammenhält, ja? Und weißt du, was sie in Gang hält?«
»Was denn?«
»Typen wie ich, die Typen wie dir in den Arsch treten, wenn sie mit dem Philosophieren an- fangen. Wenn du weißt, was ich meine.«
»Ich glaube, ich weiß es, Sir.« Ich stieg ab, holte mein Handwerkszeug aus dem Wagen, in dem ich es verstaut hatte, und machte mich an die Arbeit. Es gab nur wenige neue Verwunde-
te.
Unter Sturmbringers unaufhörlichem Ansturm erlahmte der Ehrgeiz der Rebellen.
Ich spazierte herum und wartete darauf, daß mich jemand brauchte, als ich Elmo sah, der aus dem Sturm hervorbrach. Ich hatte ihn schon tagelang nicht mehr gesehen. Er schloß zum Hauptmann auf. Ich schlenderte näher.
»… umgehen uns zur Rechten«, sagte er gerade. »Vielleicht versuchen sie, die Stiege vor uns zu erreichen.« Er sah kurz zu mir und hob eine Hand zur Begrüßung. Sie zitterte. Er war blaß vor Erschöpfung. Wie der Hauptmann hatte auch er wenig Ruhe gehabt, seit wir in das Windland vorgestoßen waren.
»Zieht eine Kompanie von der Reserve ab. Nehmt sie euch von der Seite vor«, erwiderte der Hauptmann. »Schlagt hart zu und weicht nicht zurück. Damit werden sie nicht rechnen. Es wird sie durcheinanderbringen. Sie werden sich fragen, was wir vorhaben.« »Ja, Sir.« Elmo wandte sich zum Gehen.
»Elmo?«
»Sir?«
»Seid vorsichtig da draußen. Spart euch eure Kraft. Heute nacht marschieren wir weiter.« Elmos Blick sprach gequälte Bände. Aber er stellte seine Befehle nicht in Frage. Er ist ein guter Soldat. Und er wußte ebenso wie ich, daß sie von jemandem kamen, der über dem Hauptmann stand. Vielleicht vom Turm selbst. Indes brachte die Nacht einen stillschweigenden Waffenstillstand. Die Anstrengungen des Tages hatten beiden Heeren die Lust genommen, nach Einbruch der Dunkelheit noch einen unnötigen Schritt zu tun. In der Nacht hatte es keine Berührungen gegeben. Selbst diese Stunden der Ruhe, in denen der Sturm schlief, reichten nicht aus, die Armeen davon abzuhalten, auf dem Zahnfleisch weiterzumarschieren. Nun wollten unsere hohen Her- ren noch einen zusätzlichen Kraftaufwand, weil sie auf einen taktischen Vorteil hofften. Er- reicht die Stiege bei Nacht, grabt euch ein, laßt die Rebellen aus dem ewigen Sturm vorrük- ken. Es ergab Sinn. Aber es war die Art von Truppenbewegung, die ein Lehnstuhlfeldherr dreihundert Meilen hinter den Linien befehlen würde. »Hast du das gehört?« fragte mich der Hauptmann. »Jau. Klingt blöde.«
»Ich pflichte den Unterworfenen bei, Croaker. Für uns wird der Marsch leichter und für die Rebellen schwerer. Hast du alles Anstehende erledigt?« »Ja.«
»Dann versuch, nicht im Weg zu stehen. Fahr irgendwo mit. Mach ein Nickerchen.«
Ich wanderte von dannen und verfluchte das Pech, das uns die meisten Reittiere genommen
hatte. Götter, zu Fuß gehen bedeutete, alt zu werden. Den Rat des Hauptmanns, obwohl er gut war, schlug ich in den Wind. Zum Ausruhen war ich zu aufgedreht. Die Aussicht auf einen Nachtmarsch hatte mich erschüttert. Ich strich umher und suchte nach alten Freunden. Die Kompanie hatte sich als Kader für den Willen des Hauptmanns durch das größere Gemenge verteilt. Einige Männer hatte ich seit Lords nicht mehr gesehen. Ich wußte nicht, ob sie noch am Leben waren. Bis auf
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