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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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wenn wir Oar und Deal lange genug gehalten hätten, um dort zu über-
wintern. Die Geschichten, die ich über die sanften, farbenprächtigen Lichter gehört habe, ver- leiten mich zu der Annahme, daß sie das einzige waren, das sich mit dem vergleichen ließ, was sich über den Canyons abzeichnete, als die Lagerfeuer der Rebellen erstarben. Lange, dünne Lichtfahnen wanden sich zu den Sternen auf, schimmerten und wiegten sich wie See- gras in einer sanften Strömung. Weiches Rosa und Grün, Gelb und Blau, wunderschöne Far- ben. Eine Bezeichnung fiel mir ein. Ein alter Name. Die Pastellkriege. Vor langer, langer Zeit hatte die Kompanie in den Pastellkriegen gekämpft. Ich versuchte, mich daran zu erinnern, was in den Annalen darüber stand. Mir fiel nicht alles wieder ein, aber doch genug, um Angst zu bekommen. Ich rannte zum Unterstand der Offiziere und such- te Seelenfänger.
Ich fand ihn und erzählte ihm, was mir eingefallen war, und er dankte mir für meine Besorg- nis, sagte aber, daß er sowohl über die Pastellkriege als auch über die Rebellen, die diese Lichter aufsteigen ließen, Bescheid wisse. Wir brauchten uns keine Sorgen zu machen. Mit diesem Angriff war gerechnet worden, und der Gehenkte war hier, um ihn zu vereiteln. »Mach es dir irgendwo bequem, Croaker. Goblin und Einauge haben ihre Schau schon ab- gezogen. Jetzt sind die Zehn an der Reihe.« Er verströmte ein Selbstvertrauen, das sowohl kräftig als auch boshaft wirkte, also nahm ich an, daß die Rebellen in eine Falle der Unterwor- fenen gestolpert waren.
Seinem Vorschlag gemäß wanderte ich zu meinem einsamen Aussichtsposten zurück. Auf dem Weg kam ich an einem Lager vorbei, das von dem immer heller werdenden Spektakel aufgescheucht worden war. Hier und dort erhob sich furchtsames Geraune wie das Rauschen ferner Brandungen.
Die bunten Bahnen hatten sich aufgehellt, und ihre Bewegungen waren zuckender und hefti- ger geworden, als ob sich ihnen etwas widersetzte. Vielleicht hatte Fänger recht. Vielleicht würde es nicht mehr sein als eine aufsehenerregende Vorstellung für die Truppen. Ich nahm meinen Platz wieder ein. Der Boden des Canyons funkelte nicht mehr. Er war das reinste Meer aus Tinte, das vom Schimmer der sich windenden Bahnen nicht im geringsten aufgehellt wurde. Aber wenn man schon nichts sehen konnte, so war doch einiges zu hören. Dieses Gelände hatte eine bemerkenswerte Akustik aufzuweisen. Harden hatte sich in Bewegung gesetzt. Nur der Vorstoß seiner gesamten Armee konnte so- viel metallisches Geratter und Geklirr verursachen. Harden und seine Helfershelfer waren sich ihrer Sache ebenfalls sicher. Ein hellgrünes Lichtbanner glitt in die Nacht hinauf und flatterte träge wie ein Seidentuch, das mit einem Aufwind in die Höhe steigt. Je höher es stieg, desto mehr verblaßte es, bis es sich weit oben in ersterbende Funken auflöste. Was hatte es losgerissen? fragte ich mich. War es Harden oder der Gehenkte gewesen? Ver- hieß es Gutes oder Böses?
Es war ein feingewobener Wettstreit, dem man fast nicht folgen konnte. Es war so, als ob man einem Zweikampf zwischen zwei überragenden Fechtern zusieht. Wenn man nicht selbst ein Experte war, bekam man gar nicht alles mit. Im Vergleich dazu hatten Goblin und Einau- ge ihre Auseinandersetzung wie zwei Barbaren mit Breitschwertern ausgetragen.
    Nacheinander wurden die farbigen Nordlichter immer weniger. Das mußte das Werk des
Gehenkten sein. Die frei schwebenden Lichtbanner richteten bei uns keinen Schaden an. Unten wurde das Getöse lauter.
Wo war Sturmbringer? Wir hatten schon eine ganze Weile nichts von ihr gehört. Dies war nun ein ausgezeichneter Zeitpunkt, den Rebellen mit lausigem Wetter einzuheizen. Fänger schien sich auch ziemlich zurückzuhalten. In der ganzen Zeit, während der wir nun schon im Dienste der Lady stehen, haben wir ihn noch nie etwas wirklich Dramatisches an- stellen sehen. War er weniger mächtig, als es sein Ruf besagte, oder sparte er sich vielleicht seine Kraft für einen extremen Notfall, den nur er voraussah? Unten tat sich etwas Neues. Die Canyonwände hatten hier und da in Streifen und Flecken in einem tiefen dunklen Rot, das man zunächst kaum sehen konnte, zu glühen begonnen. Das Rot wurde heller. Erst als einige Stellen zu tropfen und zu fließen begannen, bemerkte ich den heißen Luftzug, der den Steilhang hinaufwehte. »Ihr Götter«, murmelte ich fassungslos. Das war eine Tat, die meinen Erwartungen an die Unterworfenen voll und ganz

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