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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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Schattenschlangen. Die Geister waren etwa zwei Fuß hoch und sahen einem halbwüchsigen Einauge mit doppelt so häßlichem Gesicht und einem Hintern, der wie der eines läufigen Pavianweibchens aussah, eigentlich ziemlich ähnlich. Zu berichten, was sie mit den Schattenschlangen anstellten, die sie tatsächlich einfingen, verbietet mir der gute Geschmack. Der gelackmeierte Einauge sprang in die Luft. Er fluchte, kreischte, Schaum stand ihm vor dem Mund. Für uns alte Hasen, die wir irrwitzige Schlachten dieser Art schon gesehen hatten, war es klar, daß Goblin in aller Stille schon damit gerechnet und abgewartet hatte, daß Einau- ge irgend etwas anstellte.
Dies war nun eine Gelegenheit, bei der Einauge mehr als einen Pfeil im Köcher hatte. Er verbannte die Schlangen. Die Felsen, Büsche und Bäume, die Goblins Viehzeug hervor- gewürgt hatten, gaben nun riesige, leuchtend grüne Mistkäfer von sich. Die großen Krabbler sprangen Goblins Elfen an, rollten sie ein und fingen dann an, sie auf den Rand des Steilhangs zuzurollen.
Selbstverständlich lockten das Gezeter und Gebrülle ein Publikum an. Wir alten Schlacht- rösser, die diesen endlosen Zank schon kannten, lachten uns halb tot. Sobald die anderen be- griffen, daß hier keine außer Kontrolle geratenen Zaubereien am Werk waren, wurden auch sie von dem Gelächter angesteckt.
Goblins rotärschige Gespenster schlugen Wurzeln und ließen sich nicht mehr rollen. Sie verwandelten sich in riesige fleischfressende Pflanzen mit geifernden Mäulern, die in den schlimmsten Alptraumdschungel gepaßt hätten. Käferpanzer zerplatzten, krips-kraps-knurps, über den Hang verteilt, zwischen zuklappenden Pflanzenkiefern. Das die Kopfhaut zusam- menziehende, zähneknirschende Gefühl, das man bekommt, wenn man eine Küchenschabe zertritt, zog sich tausendfach verstärkt über die Leute am Hang und brachte eine Epidemie des Erschauderns hervor. Einen Augenblick lang erstarrte selbst Einauge. Ich überflog die Szene. Der Hauptmann war herangekommen und sah zu. Ein zufriedenes Lächeln entwischte ihm. Dieses Lächeln war eine Kostbarkeit, seltener als das Ei eines Roks. Seine Begleiter, Offiziere der regulären Truppen und Hauptleute der Garde, wirkten völlig verdattert.
Jemand stellte sich in unmittelbarer freundschaftlicher Nähe neben mir auf. Ich warf einen Blick zur Seite und stellte fest, daß Seelenfänger Schulter an Schulter neben mir stand. Oder besser gesagt, Ellbogen an Schulter. Der Unterworfene ist nicht sehr hochgewachsen. »Komisch, nicht wahr?« sagte er mit einer seiner tausend Stimmen. Ich nickte nervös.
Einauge erschauerte heftig, sprang wieder in die Luft, plärrte und heulte und ging dann tre- tend und um sich schlagend zu Boden wie ein Mann mit der Fallsucht.
    Die übriggebliebenen Käfer eilten husch-husch, klack-klack in zwei wimmelnden Haufen
zueinander, klapperten wütend mit ihren Zangen und rieben ihre Chitinpanzer aneinander. Aus den Haufen quoll brauner Rauch in dicken Schwaden, die sich krümmten und wanden und zu einem Vorhang wurden, hinter dem die aufgeregten Käfer verschwanden. Der Rauch wurde zu zwei Kugeln, die zu hüpfen begannen und bei jeder Bodenberührung höher spran- gen. Dann kamen sie nicht mehr herunter, sondern trieben im leichten Wind, bis sie Aus- wüchse bildeten, die zu knorrigen Fingern wurden. Sie entpuppten sich als hundertfach vergrößerte Nachbildungen von Einauges hornigen Pfo- ten. Diese Hände machten sich in Goblins Monstergarten ans Unkrautjäten, rupften seine Pflanzen mit den Wurzeln aus dem Boden, knoteten die Stengel in eleganten komplizierten Seemannsknoten zusammen und flochten daraus einen Zopf, der immer länger wurde. »Sie haben mehr Talent, als man vermuten würde«, stellte Seelenfänger fest. »Doch es wird so sehr an Frivolitäten verschwendet.«
»Ich weiß nicht.« Ich machte eine umfassende Handbewegung. Die Schau tat der allgemei- nen Moral sichtlich gut. Ich spürte einen Hauch jener Kühnheit, die mich in sonderbaren Au- genblicken überkommt, und meinte: »Das hier ist eine Hexerei, die sie zu schätzen wissen, im Unterschied zu der niederdrückenden, bitteren Zauberkunst der Unterworfenen.« Fängers schwarzer Morion wandte sich einige Sekunden lang in meine Richtung. Ich glaub- te, Flammen hinter den schmalen Augenschlitzen brennen zu sehen. Dann quoll ein mädchen- haftes Gekicher hervor. »Da hast du recht. Wir sind so sehr mit Verhängnis und Verdüsterung und Grübelei und Grauen

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