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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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zur Seite. Das Licht verblaßte, schrumpfte um ihn zusammen und ver- schwand; ich sah nur Sterne vor den Augen. Ich zuckte die Achseln und stapfte weiter den Hügel hinauf.
Die ersten Verwundeten trafen vor mir am Lazarett ein. In gewisser Hinsicht gefiel mir das. Es deutete auf Effektivität und das Bewahren klarer Köpfe in brenzliger Lage hin. Der
    Hauptmann hatte Wunder gewirkt.
Das Geräusch von Kompanien, die durch die Dunkelheit rasselten, bestätigte meine Vermu- tung, daß dies mehr war als nur ein Mückenstichangriff von Männern, die sich nur selten in die Dunkelheit wagten. (Die Nacht gehört der Lady.) Irgendwie war man uns in die Flanke gefallen.
»Wird aber auch verdammt noch mal Zeit, daß du deine häßliche Visage hier sehen läßt«, murrte Einauge. »Hier drüben. Näharbeiten. Ich habe sie schon Lichter aufstellen lassen.« Ich wusch mir die Hände und machte mich an die Arbeit. Die Leute der Lady taten es mir nach, schlugen sich auf das Wackerste, und zum ersten Mal, seit wir die Verpflichtung ange- nommen hatten, hatte ich das Gefühl, daß wir den Verwundeten etwas Gutes taten. Aber ihr Strom riß nicht ab. Das Getöse wurde immer lauter. Bald war es offensichtlich, daß der Vorstoß der Rebellen durch den Canyon nur eine Finte gewesen war. Die ganze dramati- sche Schau hatte nicht viel genützt.
Als die Morgenröte den Himmel färbte, sah ich auf und sah einen zerfledderten Seelenfänger vor mir stehen. Er sah aus, als hätte man ihn über einem Feuer langsam gebraten und in etwas bläulich-grünen Scheußlichem eingelegt. Ein rauchiges Aroma umgab ihn. »Lade deine Wagen voll, Croaker«, sagte er mit seiner sachlichen Frauenstimme. »Der Hauptmann schickt dir ein Dutzend Helfer.« Sämtliche Transportmittel, einschließlich jener aus dem Süden, waren über meinem Frei- lufthospital geparkt. Ich sah kurz hinauf. Ein hochgewachsenes, hageres, schiefhalsiges Indi- viduum trieb die Fahrer zum Anspannen an. »Ist die Schlacht danebengegangen?« fragte ich. »Haben euch wohl überrascht, oder?«
Fänger überging die letzte Bemerkung. »Wir haben die meisten unserer Ziele erreicht. Nur eine einzige Aufgabe bleibt noch unvollendet.« Seine Stimme war nun tief, volltönend, die Worte kamen langsam wie bei einem Redner. »Die Kämpfe können so oder so ausgehen. Das läßt sich noch nicht sagen. Dein Hauptmann hat diesem Abschaum Mut eingeflößt. Aber wenn euch die Niederlage nicht einholen soll, dann bring dein Personal in Bewegung.« Schon kamen einige Wagen knarrend auf uns zu. Ich zuckte die Achseln, gab die Parole weiter, kümmerte mich um den nächsten Mann, der meiner Aufmerksamkeit bedurfte. Wäh- rend der Arbeit fragte ich Fänger: »Wenn die Sache in der Schwebe hängt, solltet Ihr dann nicht da unten sein, um die Rebellen zu verdreschen?« »Ich tue, wie die Lady mich geheißen hat, Croaker. Unsere Ziele sind beinahe erreicht. Lin- ger und Moth sind nicht mehr. Sidle ist schwer verwundet. Nichts bleibt, außer die Rebellen ihres Feldherren zu berauben.«
Ich war durcheinander. Widersprüchliche Gedanken fanden ihren Weg auf meine Zunge und verrieten sich dort. »Aber sollten wir nicht versuchen, sie hier zu zerbrechen?« Und: »Dieser Nordfeldzug ist den Kreis teuer zu stehen gekommen. Erst Raker, dann Wisper. Jetzt Linger und Moth.«
»Und Sidle und Harden kommen auch noch dran. Ja. Wieder und immer wieder haben sie uns geschlagen, und jedes Mal hat es sie das Innere ihrer Stärke gekostet.« Er sah den Hügel hinab zu einem kleinen Trupp, der auf uns zukam. Raven führte sie an. Fänger sah zum Wa-
    genpark. Der Gehenkte hielt mit seinen Gesten inne und blieb in einer starren Pose stehen: Er
lauschte.
Plötzlich nahm Seelenfänger den Faden wieder auf. »Wisper hat die Mauern von Frost durchbrochen. Nachtkriecher hat es durch die trügerischen Menhire auf der Schreckenssteppe geschafft und nähert sich den Vororten von Thud. Der Gesichtslose ist auf der Steppe einge- troffen und rückt gegen Barns vor. Man sagt, daß Parcel in der letzten Nacht vor Ade Selbst- mord begangen hat, um der Gefangennahme durch Knochenknirscher zu entgehen. Die Lage ist nicht ganz so katastrophal, wie sie zu sein scheint, Croaker.« Von wegen, dachte ich. Das ist der Osten. Hier ist hier. Siege, die ein Viertel der Welt ent- fernt errungen wurden, konnten mich hier nicht in Begeisterung versetzen. Hier bezogen wir gerade Prügel, und wenn die Rebellen bis nach Charm vorstießen, würde nichts, was im Osten

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