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Im Dienst ihrer Majestat

Titel: Im Dienst ihrer Majestat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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Sie, Miss Bunt?«
    »Vielen Dank, Sir Hilary. Einen Apfelsaft, bitte.«
    Er ging zur Bar, bestellte die Drinks und fragte sich entsetzt, wie er mehrere solcher Abende durchstehen sollte. Da hatte er plötzlich einen Einfall. Er würde das Eis brechen, indem er sich zum Mittelpunkt machte! Er verlangte ein Glas, dessen Rand er in Wasser tauchen ließ, nahm eine Papierserviette, kehrte zum Tisch zurück und setzte sich. Während ihn alle neugierig anschauten, sagte er: »Ich will Ihnen zeigen, wie wir entscheiden würden, wer zu zahlen hätte. Ich habe das beim Militär gelernt.« Er stellte das Glas vor sich, entfaltete die Papierserviette und breitete sie über die Öffnung, so daß sie am feuchten Rand klebenblieb. Dann legte er ein Fünfrappenstück behutsam in die Mitte der gespannten Serviette. »Also aufgepaßt«, verkündete er und erinnerte sich dabei, daß er das zum letztenmal in einer der übelsten Hafenspelunken von Singapore gespielt hatte. »Wer raucht? Ich brauche noch drei Damen mit brennenden Zigaretten.« Die Mädchen umringten ihn und plapperten aufgeregt.
    »Das Spiel geht also um die Bezahlung der Drinks«, erläuterte Bond. »Eine nach der andern nimmt einen kräftigen Zug aus ihrer Zigarette, dann streifen Sie die Asche ab und berühren das Papier kurz mit dem glimmenden Ende - nur so lange, um ein kleines Loch hineinzubrennen . . . So! Der Witz dabei ist, daß das straffgespannte Papier allmählich dünn wie ein Spinngewebe wird. Wer das letzte Loch brennt, so daß das Geldstück ins Glas fällt, muß die Getränke bezahlen. Verstanden? Fangen Sie an, Violet!«
    Bezaubernde Köpfe beugten sich über Bond, weiches Haar streifte seine Wangen. Rasch hatten die Mädchen heraus, daß sie sehr vorsichtig sein mußten. Bond beschloß, ritterlich zu sein, und brannte ein so großes Loch, daß die Münze ins Glas fiel. Jubelndes Gelächter.
    »Sir Hilary muß zahlen!« rief Irma Bunt; es klang, als habe sie das Spiel erfunden. »Ein reizender Zeitvertreib. Aber jetzt«, sie schaute auf ihre Herrenarmbanduhr, »müssen wir austrinken. In fünf Minuten wird gegessen.«
    »Ach bitte, noch einmal, Miss Bunt!« riefen einige Mädchen. Doch Bond stand höflich mit dem Whisky in der Hand auf und sagte: »Morgen wieder, meine Damen. Ich hoffe, daß Sie nun nicht alle zu rauchen anfangen. Das Spiel ist
    bestimmt eine Erfindung der Tabakindustrie.«
    Bewundernd hingen alle Augen an ihm. Bond klopfte sich innerlich selbst auf die Schulter. Das Eis war gebrochen. Er hatte sie alle auf seine Seite gebracht und konnte jetzt frei von der Leber weg mit ihnen reden. Befriedigt folgte er Irma Bunt mit ihren prallsitzenden Hosen in den Speisesaal.
    Es war halb acht. Bond fühlte sich plötzlich erschöpft, ihm graute vor der Langeweile, ihm graute vor der schwierigsten Rolle seiner Laufbahn, ihm graute vor Blofeld und dem Piz Gloria. Was führte dieser Halunke im Schild? Blofeld hatte seine Marotte offensichtlich ein Vermögen gekostet. Mindestens eine Million Pfund, selbst wenn Schweizer Banken eine große Hypothek für den Bau der Seilbahn gegeben hatten. Es war eine gewaltige Leistung, ein solches Unternehmen auf die Beine zu stellen. Alles übrige war nur noch Sache der Reklame. Kam außerdem ein snobistischer Klub dazu und ein geheimnisvolles, von einem Grafen geleitetes Forschungsinstitut, dann hatte man bald sein Schäfchen im trockenen.
    Aber es war Zeit, wieder etwas zur Unterhaltung beizutragen. Resigniert wandte er sich an Fräulein Bunt. »Bevor wir uns zum Cocktail trafen, habe ich in meinen Büchern ein bißchen über Ihren Familiennamen nachgeblättert. Bunt bedeutet ja im Deutschen >vielfarbig<, >fröhlich<. In England ist daraus ziemlich sicher Bounty geworden oder gar Bronte. Der Großvater der berühmten Schriftstellerinnen hat nämlich das weniger aristokratisch klingende Brunty in Bronte abgeändert.« (Er wußte, daß das alles purer Unsinn war, fand aber, die Heraldik würde dadurch keinen Schaden erleiden.) »Wissen Sie vielleicht, ob Ihre Vorfahren Beziehungen zu England hatten? Dort gibt es das Herzogtum Bronte, dessen Titel Nelson verliehen wurde. Es wäre interessant, da eine Verbindung festzustellen.«
    Der Groschen fiel! Herzogin! Irma Bunt schwelgte in einer weitschweifigen, langweiligen Chronik ihrer Vorfahren, die auch eine entfernte Verwandtschaft mit einem Grafen von Bunt aufwies. Bond hörte geduldig zu, brachte sie aber wieder in die nähere Vergangenheit zurück. Sie nannte ihm die

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