Im Dienst ihrer Majestat
weit reichte sie? Wohl kaum über das ganze Zimmer. Mikrophon? Wahrscheinlich war die ganze Decke ein einziges Mikrophon. Er mußte damit rechnen, daß er ständig beobachtet wurde.
James Bonds Hirn arbeitete fieberhaft, während er auspackte, duschte und sich für »meine Mädchen« zurechtmachte.
9
Es war eine jener ledergepolsterten Bars, die noch neu roch. Ein riesiger steinerner Kamin mit flackerndem Feuer und ein Wagenrad mit elektrischen »Kerzen« an der Decke sollten ihr das Aussehen einer Tiroler Stube geben; aus einem verborgenen Lautsprecher erklang Zithermusik. Für Bonds Begriffe war sie ungeeignet, um sich handfest zu betrinken.
Auf seinen Eintritt folgte eine kurze Stille; dann sprachen alle durcheinander, um die neugierigen Blicke zu tarnen. Bond glaubte noch nie eine solche Ansammlung hübscher Mädchen gesehen zu haben. Irma Bunt, in einem abscheulichen hausgemachten Apres-Ski-Anzug, löste sich aus der Gruppe und steuerte auf ihn zu. »Sir Hilary!« Sie umklammerte seine Hand mit trockenem, affenartigem Griff. »Schön hier, nicht? Kommen Sie, ich will Sie meinen Mädchen
vorstellen.«
Es war drückend heiß, und er spürte, wie ihm der Schweiß auf die Stirn trat, während er von Tisch zu Tisch geführt wurde und teils kalte, teils warme, teils schlaffe Hände schüttelte. Namen wie Ruby, Violet, Pearl, Anne, Elizabeth, Beryl drangen an sein Ohr, und er sah vor sich ein Meer von sonnenverbrannten, schönen Gesichtern und eine Galerie junger, herrlicher Busen. Es war wie ein Fünf-Uhr-Tee bei den Tiller- oder den Bluebell-Girls. Schließlich gelangte er zu dem Platz, der für ihn reserviert war - zwischen Irma Bunt und einer blendend aussehenden, hochbusigen Blondine mit großen blauen Augen. Überwältigt setzte er sich. Der Barmixer wartete. Bond riß sich zusammen und sagte: »Einen Whisky-Soda, bitte.« Er zündete sich umständlich eine Zigarette an, während eine verlegene Unterhaltung an den vier im Halbkreis stehenden Tischen begonnen hatte. Zehn Mädchen und Irma! Alles Engländerinnen. Keine Familiennamen. Kein anderer Mann. Alle in den Zwanzigern. Berufstätige Mädchen wahrscheinlich. Typ Luftstewardessen. Aufgeregt, weil ein Mann unter ihnen war - ein richtiger Mann und ein Baronet dazu. Bond wandte sich an die Blondine: »Entschuldigen Sie, aber ich habe Ihren Namen nicht verstanden.«
»Ich bin Ruby«, sagte sie liebenswürdig, aber zurückhaltend. »Es muß doch eine Qual sein, als einziger Mann unter so vielen Mädchen.«
»Na ja, es war eine ziemliche Überraschung, aber eine sehr angenehme. Es wird nur schwer sein, sich alle Namen zu merken.« Vertraulich flüsterte er: »Seien Sie ein Engel und helfen Sie mir durch die Runde.«
Sein Whisky kam, und er war froh, daß er stark war. Diskret nahm er einen großen Schluck; er hatte bemerkt, daß die Mädchen Coca-Cola und alkoholfreie Flips tranken. Härtere Sachen waren aber offenbar nicht verpönt. Er beschloß jedoch, aristokratische Mäßigung an den Tag zu legen.
Ruby war sichtlich froh, das Eis brechen zu können. »Also, ich fange rechts von Ihnen an. Das ist Miss Bunt, unsere Aufsichtsdame sozusagen. Aber die kennen Sie ja schon. Die in dem lila Kamelhaarpullover ist natürlich Violet. Am nächsten Tisch, die in der rotgoldenen Seidenbluse ist Anne, und die neben ihr in der grünen heißt Pearl. Sie ist hier meine beste Freundin.« Und so ging es weiter. Er schnappte Gesprächsfetzen auf: ein Geplapper, wie man es von einer Gruppe fröhlicher, gesunder Mädchen, die Skiunterricht nehmen, erwarten konnte. Nur ab und zu fiel eine ehrfürchtige Bemerkung über den Grafen, und verstohlene Blicke streiften Irma Bunt und Bond. Man wollte sich versichern, daß man sich richtig benahm und nicht zu laut war.
Während Ruby ihre diskrete Aufzählung fortsetzte, versuchte Bond, sich die zu den Gesichtern gehörenden Namen zu merken; die Mädchen schienen etwas gemeinsam zu haben, eine Art Pfadfinder-Mentalität. Ihren Akzenten nach stammten sie aus den verschiedensten Gegenden Englands. Bond hörte Dialekte
aus Lancashire, Wales, Schottland.
Ruby schloß: »Und die mit den Perlen und dem Twinset ist Beryl. Jetzt kennen Sie uns alle, nicht wahr?«
Bond schaute in die runden blauen Augen, die ihn anstrahlten, und antwortete: »Offen gestanden, nein. Ich komme mir wie ein Filmkomiker vor, der sich in ein Mädchenpensionat verirrt hat. Wie wär’s mit noch einem Drink?«
»Danke, gern.«
Dann fragte er Fräulein Bunt: »Und
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