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Im Dienste der Comtesse

Im Dienste der Comtesse

Titel: Im Dienste der Comtesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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beweisen, dass sie die Lage in ihrem eigenen Haus wieder im Griff hatte.
    „Das ist eine gute Übung für mich. Ich muss lernen, schnell und genau zu zeichnen. Und nun fangen Sie an, sehen Sie aus dem Fenster.“
    Pierce blickte über die Dächer der Häuser auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes und überlegte, welche Folgen es haben könnte, dass Mélusine ihn als Objekt ihrer Studien benutzte. Auch wenn er nicht länger glaubte, dass sie die Erpresserin war, so wollte er trotzdem keine Bilder in ihrem Besitz zurücklassen, auf denen er wiederzuerkennen war. Als ihr Diener konnte er sich ihrem Befehl natürlich nicht widersetzen. Wenn er von hier fortging, musste er zuvor die Skizzen finden und vernichten.
    „Bewegen.“ Es klang fast wie ein Befehl.
    Er wandte sich ihr zu und nahm eine Pose ein, die es ihm erlaubte, ihr beim Arbeiten zuzusehen. Vor lauter Konzentration hatte sich die Stirn in tiefe Falten gelegt, doch ihre Miene wirkte zunehmend unzufriedener. Entweder sie war nicht überzeugt von ihren Bemühungen oder er hatte sich als ungeeignetes Modell erwiesen.
    „So wird das nichts.“ Sie schlug mit der Hand auf das Zeichenbrett. „Ziehen Sie den Rock aus.“
    „Meinen Rock?“
    „Und Ihr Hemd.“ Sie kniff abschätzend die Augen zusammen. „Die Perücke auch.“
    „ Madame! “, rief er. Doch dann fielen ihm die Aktzeichnungen ein, die er von ihr gefunden hatte, und er war weniger überrascht. „Möchten Sie, dass ich noch mehr ausziehe?“, schlug er vor. Eine gewisse Ironie in seiner Stimme war nicht zu überhören.
    „Nein.“ Sie warf ihm einen aufgebrachten Blick zu. „Beeilen Sie sich.“
    Er nahm das Halstuch ab, legte seinen Gehrock sorgfältig zur Seite und begann sein Hemd aufzuknöpfen, ohne sie dabei aus den Augen zu lassen. Er vermutete, dass ihre Kurzangebundenheit über ihre Verlegenheit hinwegtäuschen sollte, und als sie unter seinem Blick errötete und das Gesicht abwandte, fühlte er sich darin bestätigt.
    Doch gleich darauf sah sie ihn wieder an und hob entschlossen das Kinn. „Wenn ich besser werden will, muss ich stärker die anatomischen Einzelheiten berücksichtigen“, sagte sie. „Wissen Sie, dass Monsieur David die Menschen auf seinen Gemälden erst ohne Kleidung skizziert, um sicherzugehen, dass er ihre Haltung richtig wiedergibt?“
    „Nein, das wusste ich nicht“, erwiderte Pierce. „Er verlangt tatsächlich von seinen vornehmen Auftraggebern, ihm nackt Modell zu sitzen?“
    „Ich weiß nicht …“ Sie sah verwirrt aus. „Nein, das kann nicht sein, dass wäre unschicklich. Wahrscheinlich hatte er andere Gelegenheiten, Anatomie zu studieren.“
    „Und ich bin nun Ihre Gelegenheit“, stellte Pierce fest. „Haben Sie Ihren letzten Diener auch gebeten, für Sie Modell zu stehen? Diesen Jean-Baptiste?“
    „Niemals!“ Ärger flammte in ihrem Blick auf, und sie wich unwillkürlich zurück. Doch dann atmete sie tief durch und strengte sich sichtlich an, so gelassen wie möglich zu klingen. „Er war nicht dazu geeignet.“
    „Warum nicht?“ Bis zu seinem Gespräch mit Laurette war Pierce eher an Jean-Baptistes Aktivitäten interessiert gewesen als an seiner Person. Nun allerdings war seine Neugier erwacht, was für ein Mensch er eigentlich war.
    „Er hatte nicht die richtige Figur“, erklärte Mélusine, und ihr Tonfall verriet, dass das Thema damit für sie beendet war.
    „Und ich habe sie?“
    „Ich glaube … ja, möglicherweise.“ Sie hielt den Blick fest auf seine Brust gerichtet, als er begann, das Hemd abzustreifen.
    Er merkte, dass ihr Atem etwas schneller ging. Sie sah hinab auf seinen straffen Bauch und wieder hinauf auf seine breiten Schultern, die jetzt zum Vorschein kamen.
    Auch Pierces eigener Pulsschlag beschleunigte sich. Es gefiel ihr, ihn zu betrachten. Das war ihm schnell klar geworden, denn sie beobachtete jede seiner Bewegungen im Spiegel, wenn er sie frisierte. Nun jedoch fiel ihm auf, dass ihre Augen dunkler geworden waren, während er sich ausgezogen hatte. Er stand gut drei Meter von ihr entfernt, aber er war sich jedes einzelnen Atemzugs bewusst, den sie tat, und jeder noch so kleinen Veränderung ihres Körpers. Eine Weile hielt er das Hemd in der Hand, ehe er es achtlos auf seinen Gehrock warf. Sie verfolgte die Geste voller Gespanntheit, und ihre Faszination war nicht zu übersehen.
    Für Pierce war das eine ganz neue Erfahrung. Er hatte sich schon zuvor vor Frauen ausgezogen und auch nicht wenige Komplimente

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