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Im Dienste der Comtesse

Im Dienste der Comtesse

Titel: Im Dienste der Comtesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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weggenommen. Doch der Druck seiner Knie verstärkte sich, und das deutete sie nicht als Zurückweisung. Also ließ sie die Hand, wo sie war.
    Der Augenblick weitete sich aus. Jede Faser ihres Körpers vibrierte vor Erwartung. Sie konnte sich nicht bewegen, aber sie wartete darauf, dass er …
    Nichts geschah.
    Ganz allmählich kehrte ihr Verstand zurück. Dass sie zwischen seinen Beinen stand, war vollkommen unschicklich. Geradezu skandalös. Sie glühte vor Verlegenheit. Als sie gerade vor Scham den Kopf sinken lassen wollte, bemerkte sie, dass sich der Ausdruck seiner Augen veränderte. Er zeigte keine Reue, aber sie wusste, Pierre war weiter gegangen, als er eigentlich vorgehabt hatte. Wieder berührte er ihre Lippe, aber dieses Mal wirkte das nicht wie der Beginn einer Verführung, sondern eher wie … wie eine Entschuldigung? Sie war sich darüber nicht ganz im Klaren, doch es half ihr, einigermaßen würdevoll von ihm abzurücken. Er lachte sie nicht aus und machte sich auch nicht über sie lustig, und das bedeutete wohl, dass ihre Freundschaft durch das, was eben geschehen war, keinen irreparablen Schaden davongetragen hatte.
    „Sie können sich jetzt wieder anziehen“, teilte sie ihm mit. Sie war froh, dass ihre Stimme so nüchtern und sachlich klang. „Ich werde morgen mit Ihnen weiterarbeiten“, fügte sie hinzu, teils aus gespielter Souveränität, teils um die Tatsache zu untermauern, dass sie ein rein akademisches Interesse an ihm hatte. „Ich möchte ein paar Studien Ihrer Schultern anfertigen … ich meine, die verschiedenen Bewegungsabläufe einfangen.“
    „Wenn Sie mit meinen Schultern fertig sind, werden Sie sich dann auf meine Beine konzentrieren?“, fragte er. Er stieß sich von der Werkbank ab und kehrte ihr den Rücken zu, als er nach seinen Kleidenstücken griff.
    „ Wie bitte ?“
    „Ich verstehe jetzt, warum Sie sich bei dem Einstellungsgespräch so dafür interessiert haben“, fuhr er fort. „Und ich habe mich gerade gefragt, wann Sie sich mit diesem Teil meiner Anatomie näher befassen wollen.“
    „ Niemals . Das brauche ich gar nicht.“ Hastig wich sie ein paar Schritte zurück. Am Tag seiner Einstellung hatte sie in der Tat daran gedacht, eines Tages seine Beine zu skizzieren. Aber jetzt, wo sie wusste, welche Wirkung sein halb nackte Körper auf sie hatte, hielt sie es für unklug … ja, ungehörig, wenn er sich in ihrer Gegenwart noch weiterer Kleidungsstücke entledigte.
    Faszinierend. Verlockend. Sie konnte sich nur zu gut daran erinnern, wie aufregend sich sein Oberschenkel unter ihrer Hand angefühlt hatte. Doch es würde sich nicht ziemen, ihn zu bitten, mehr als nur sein Hemd auszuziehen, wenn er für sie Modell saß. Es war ihr schon schwer genug gefallen, sich auf die Zeichentechnik zu konzentrieren, als sie seinen Oberkörper skizziert hatte. Ohne seine Beinkleider würde sie dazu überhaupt nicht mehr in der Lage sein.
    „Das brauchen Sie nicht?“ Er stand immer noch halb abgewandt da, hielt jedoch beim Anziehen des Gehrocks inne und sah sie von der Seite her an. „Madame, es ist äußerst schwierig, einen Speer zu werfen oder eine Lanze zu tragen, ohne dabei die Beine zu benutzen.“
    „Ja, aber …“ Sie zögerte. Ihm zu erklären, warum sie seine Beine nicht sehen musste, bedeutete, ein Geheimnis zu enthüllen, das sie noch nie jemandem anvertraut hatte.
    Bislang hatte er sie zwar zuweilen geneckt, jedoch noch nie verspottet – und sie wollte, dass er verstand, warum ihr Interesse an seinem Körper ganz legitim war.
    Aber selbst nachdem sie beschlossen hatte, ihm eine Tonfigur von ihr zu zeigen, dauerte es noch eine Weile, bis sie es auch konnte. Denn sie musste erst all die Schichten entfernen, die sie vor Schäden oder dem Austrocknen des Tons geschützt hatten. Mélusine hatte sie noch im Hôtel de Gilocourt geschaffen, sie dann nach Bordeaux mitgenommen und wieder nach Paris zurückgebracht. Hoffentlich hatte sie unter den vielen Reisen nicht gelitten. Mélusine war sich nicht sicher, ob sie ihr heute vielleicht weitaus besser gelingen würde oder ob sie nie wieder eine so kunstvolle Arbeit leisten konnte.
    Als sie die letzte Schicht von dem Werk löste, das ihr am meisten am Herzen lag, war sie vor lauter Ängsten und Hoffnungen völlig aufgewühlt. Obwohl sie ihm diese Figur wirklich zeigen wollte, blieb sie schützend zwischen Pierre und ihr stehen, als sie sie nun enthüllt hatte. Schließlich atmete sie tief durch und trat zur Seite.
    „Sie

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