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Im Dienste der Comtesse

Im Dienste der Comtesse

Titel: Im Dienste der Comtesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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gar nichts geschehen. „Aber Sie haben ein gutes Herz. Doch nun muss ich die Figur wieder einpacken, damit sie nicht trocknet, ehe sie fertig ist.“
    „Warum eine Meerjungfrau?“, wollte Pierce wissen, als er beobachtete, wie sie behutsam und liebevoll die Nixe einwickelte. „Weil Sie in Bordeaux so nahe am Atlantik aufgewachsen sind?“
    „Teilweise. Aber es liegt auch an meinem Namen. Natürlich war Mélusine nicht direkt eine Nixe, aber dennoch …“
    „Ach, natürlich.“ Da seine Mutter Französin war, sprach Pierce die Sprache wie ein Einheimischer. Allerdings war er in England aufgewachsen und hatte sich daher nicht sofort an die französische Sage von Mélusine erinnert, jener Fee, die sich jeden Samstag von der Hüfte abwärts in eine Schlange verwandelte. Mélusine hatte ihrem sterblichen Gemahl das Versprechen abgenommen, sie niemals an diesem Tag aufzusuchen. Irgendwann jedoch war seine Neugier übermächtig geworden und er hatte sie in ihrer Schlangengestalt erblickt. Daraufhin verschwand sie für immer.
    Nun, da ihm das wieder eingefallen war, fand Pierce, dass die Fabel durchaus als eine hilfreiche Warnung vor den Gefahren in der Ehe gelten konnte. Wenn man zu viel verlangte, riskierte man, alles zu verlieren. Und wenn ein Ehepartner ein Geheimnis hatte, das er dem anderen nicht anvertrauen konnte, so brachte das unweigerlich Unheil über beide.
    Er musste an La Mottes Geheimnisse denken, die das Leben so vieler Menschen zerstören konnten, wenn sie je ans Tageslicht kommen sollten. Und sogar seine eigenen, obwohl von viel geringerer Tragweite, machten ihn zu einer alles anderen als wünschenswerten Partie. Tief im Herzen wusste er, dass er Rosalie kein guter Ehemann gewesen war, obwohl er sie nie betrogen hatte. Er konnte nur hoffen, dass sie seine nachlassende Begeisterung für ihre Ehe nie gespürt hatte.
    „Und so bin ich zu meinem Namen gekommen“, bemerkte Mélusine und riss ihn damit aus seinen Gedanken.
    „Ich verstehe nicht.“
    „Der Sage nach stieß Mélusine einen schrecklichen Verzweiflungsschrei aus, als ihr Gemahl ihren Schlangenleib entdeckte“, erklärte sie. „Vater stieß einen ebensolchen Schrei aus, als er erfuhr, dass er nur eine Tochter bekommen hatte. So hat man es mir jedenfalls erzählt, und daher erhielt ich diesen Namen.“ Sie kehrte Pierce den Rücken zu und verstaute die sorgfältig eingewickelte Figur in einer Kiste.
    Pierce ballte unbewusst die Fäuste. Er hatte Raoul Fournier schon vorher verachtet, nun hatte Mélusine ihm noch einen weiteren Grund genannt, ihn zu verabscheuen. Ehe er jedoch etwas sagen konnte, hörte er draußen auf der Treppe eilige Schritte, und schon platzte Suzanne ins Atelier.
    „Madame!“, rief sie atemlos. „Der Comte de Gilocourt macht Ihnen seine Aufwartung!“
    „Séraphin?“ Mélusine fuhr herum. „Er war heute Morgen doch noch in Versailles.“
    „Jetzt ist er im blauen Salon, in voller Lebensgröße.“ Der unerwartete Besucher ließ sie offenbar ihre sonstige Schweigsamkeit vergessen. Neugierig starrte sie Pierce an, der immer noch in Hemdsärmeln dastand.
    Er sagte nichts, nahm sich aber vor, auf Fragen vorbereitet zu sein, wenn er Suzanne später in der Bedienstetenetage begegnete.
    „Bieten Sie dem Comte eine Erfrischung an und richten Sie ihm aus, ich wäre in Kürze bei ihm“, trug Mélusine ihr auf. „Sie müssen draußen vor der Tür bleiben und zuhören“, wandte sie sich an Pierce, nachdem Suzanne gegangen war, und wusch sich die Hände in einer Waschschüssel. „Ich lasse die Tür einen Spalt offen, wenn ich hineingehe. Ich werde ihm Fragen über Bertiers Tod stellen.“ Sie wollte das Atelier verlassen, zögerte dann aber. „Wie sieht mein Haar aus? Habe ich Schmutz im Gesicht?“
    „Nur etwas Zeichenkohle auf Ihrer linken Wange. Wenn Sie gestatten …“ Er entfernte den Fleck mit einem makellos sauberen Taschentuch und zupfte ordnend an ein paar Locken. Anschließend trat er einen Schritt zurück und betrachtete sie prüfend. „Der Mode entsprechend zerzaust“, verkündete er. „Manche Frauen zahlen ihrem Friseur ein Vermögen, um so auszusehen. Sie machen mir meine Aufgabe sehr leicht, Madame. Weiß er von Ihrem Interesse für die Kunst?“
    „Er hat nie eine Arbeit von mir gesehen, aber ihm war bekannt, dass Bertier mir erlaubte, ein eigenes Atelier zu haben.“
    „Dann brauchen Sie sich auch nicht den Kopf über den Kohlenstaub auf Ihrem Kleid zu zerbrechen“, versicherte Pierce. „Und

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