Im Dienste der Comtesse
ist noch nicht fertig“, sprudelte es aus ihr hervor. „Und vielleicht versuche ich noch einmal eine andere Pose. Ich lerne ständig dazu. Ich halte sie feucht, damit ich weiter an ihr arbeiten kann, obwohl ich nicht glaube, dass ihr die Reise nach Bordeaux besonders gutgetan hat. Die fehlerhaften Stellen sind natürlich nur auf meine begrenzten Fähigkeiten zurückzuführen, aber ich lerne wirklich noch dazu …“
Ihr gingen die Worte und der Atem aus, und sie verstummte. Ihr Herz schlug jetzt so wild, dass ihr beinahe übel wurde. Händeringend wartete sie darauf, dass Pierre etwas sagte.
6. KAPITEL
Pierce kämpfte noch immer gegen das brennende Verlangen an, Mélusine in seine Arme zu ziehen. Er wollte sie küssen – und er wollte noch viel mehr. Als sie ihm die Hand auf den Oberschenkel legte, hatte er größte Selbstbeherrschung aufbringen müssen, reglos sitzen zu bleiben. Er wollte sie berühren und ihre Hände auf sich spüren, und das nicht nur auf seinem Bein. Er fragte sich, ob ihr seine Erregung aufgefallen war, als sie sich von ihm entfernt hatte. Er hatte sich bewusst umgedreht, um ihr den Anblick zu ersparen. Der Teufel musste ihn geritten haben, als er sie fragte, wann sie seine Beine zeichnen wollte. Es war eindeutig nicht das Verhalten eines Gentleman, aber er sehnte sich geradezu danach, in ihrer Gegenwart nackt zu sein – und sie sollte ebenfalls nichts anhaben. Es gab viele Beispiele für entblößte Malermodelle. Wie viele Maler arbeiteten wohl unbekleidet?
Mélusine hatte es schon getan, denn schließlich hatte er ihre Selbstbildnisse gesehen. Allein der Gedanke daran genügte, seine Erregung wieder aufflammen zu lassen. Er hatte sie berührt. Er hätte sie beinahe geküsst, und er wusste – obwohl sie davon nichts ahnte –, welche Reize sich unter ihren bescheidenen Kleidern verbargen.
Energisch verbannte er diese Bilder aus seinem Kopf, ehe er etwas tat, das Mélusine schockierte und ihm selbst wenig zur Ehre gereichte. Es war eine Sache, an eine Verführung zu denken, solange er sie noch für eine Erpresserin gehalten hatte, die sich ihre Liebhaber aus der Dienerschaft auswählte. Doch eine andere, zu erfahren, wie viel Wert sie auf ihre Tugend legte und wie tief sie die Unterstellung getroffen hatte, sie hielte sich einen Liebhaber. Eine Affäre kam so nicht mehr infrage. Sein Verstand begriff das, auch wenn sich sein Körper dagegen auflehnte.
Da er in seiner Aufgewühltheit ganz mit sich selbst beschäftigt war, dauerte es eine Weile, bis er merkte, wie erwartungsvoll Mélusine ihn ansah und auf eine Reaktion von ihm hoffte. Ihre Wangen glühten, sie biss sich auf die Unterlippe und ihre ineinander verknoteten Finger waren völlig verkrampft.
Pierce kam näher und ging vor dem Tisch in die Hocke, um die Tonfigur zu betrachten. Eigentlich hatte er ihr irgendein höfliches Kompliment machen wollen, doch als er genauer hinsah, vergaß er seine freundlichen Absichten und war aufrichtig begeistert.
„Eine Meerjungfrau!“, rief er aus. „Sie ist wunderschön.“ Die Nixe saß auf einem Felsen; ihr eleganter Schwanz krümmte sich anmutig nach unten, sodass die Hälfte der Schwanzflosse ins imaginäre Wasser eintauchte. Eine kleine Brust wurde sittsam vom langen, wallenden Haar bedeckt, die andere war entblößt. Ihre Hände ruhten dort, wo der Schoß gewesen wäre, hätte sie Beine gehabt. Ihr Körper war leicht nach vorn gebeugt, das Kinn hielt sie jedoch erhoben. Pierce hatte den Eindruck, als blickte sie zum fernen Horizont und könnte jeden Moment zurück ins Wasser gleiten, um davonzuschwimmen.
„Ich lerne immer noch“, wiederholte Mélusine.
Pierce sah auf und merkte, dass ihre Hände entspannter wirkten, die Finger aber nach wie vor ineinander verschränkt waren.
„Ich sehe vieles, was ich noch verbessern kann“, fuhr sie fort. „Bertier hatte mir erlaubt, im Hôtel de Gilocourt ein eigenes Atelier einzurichten. In der Hinsicht war er sehr großzügig – eigentlich in vielen Dingen“, fügte sie ein wenig traurig hinzu. „Ich wollte noch so viel über Brennöfen und Brenntechniken lernen, doch dann starb er und ich ging zurück nach Bordeaux. Dort ließ sich das alles nicht so einfach fortsetzen.“
„Sie ist wunderschön“, sagte Pierce noch einmal. Er war sich nicht sicher, wie er die Gefühle zum Ausdruck bringen sollte, die die Meerjungfrau in ihm heraufbeschwor.
„Finden Sie das wirklich?“ Mélusines Stimme klang etwas unsicher. „Ich habe sie
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