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Im Dienste der Comtesse

Im Dienste der Comtesse

Titel: Im Dienste der Comtesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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überrascht, dass er mir dieses Haus und auch andere hinterlassen hat“, bemerkte sie. Im Stillen fragte sie sich, ob Séraphin Bertier diese Großzügigkeit ihr gegenüber übel nahm.
    „Das war ja auch das Mindeste, was Sie verdient haben, meine Liebe“, erwiderte er.
    Mélusine hörte eine gewisse gönnerhafte Bevormundung aus seinem Tonfall heraus, und das ärgerte sie. Sie war zwei Jahre älter als Séraphin, und sie mochte es nicht, dass er sie stets wie ein Kind behandelte.
    „Haben Sie Vertrauen zu Barrière?“, fragte er. „Obwohl Bertier von uns gegangen ist, werden familiäre Bande und Zuneigung bleiben. Es wäre mir daher eine Ehre, die Verantwortung für Ihre Angelegenheiten übernehmen zu dürfen.“
    „Das ist sehr freundlich von Ihnen. Sehr großzügig.“ Sie war entsetzt über die Aussicht, Séraphin könnte sich in ihr Leben einmischen. „Aber ich möchte Ihre Zeit und Ihr Wohlwollen nicht überstrapazieren. Außerdem hat Bertier Monsieur Barrière für mich ausgesucht. Ich bin sicher, das hätte er niemals getan, wenn er Zweifel an seiner Vertrauenswürdigkeit gehabt hätte. Bislang hat er ausgezeichnete Arbeit beim Eintreiben der Mieten und im Umgang mit Hausbewohnern geleistet.“
    „Wie Sie wünschen.“ Séraphin zuckte gelassen die Schultern. „Hatten Sie einen besonderen Anlass, heute Morgen das Hôtel de Gilocourt aufzusuchen?“
    „Sie zu sehen, natürlich, und Sie davon zu unterrichten, dass ich wieder in Paris bin“, behauptete Mélusine, was eine höfliche Lüge war. Sie war darauf vorbereitet gewesen, Séraphin anzutreffen, hatte aber insgeheim gehofft, dass er nicht zu Hause war.
    „Wie reizend von Ihnen. Und?“
    „Und was?“ Die ungewohnte Schärfe in seinem sonst so zuvorkommenden Tonfall irritierte sie.
    „Gab es noch einen anderen Grund für Ihren Besuch?“
    „Nun …“ Mélusine widerstand dem Impuls, ihren Rock glatt zu streichen, und faltete stattdessen die Hände im Schoß. „Ja. Mir ist gestern ein absurdes Gerücht zu Ohren gekommen. Wenn es nicht so schrecklich wäre, könnte man beinahe darüber lachen. Ich fragte mich, ob Sie ebenfalls davon gehört haben.“
    „In Paris wimmelt es von Gerüchten“, meinte Séraphin und schlug lässig die langen Beine übereinander. „Sie müssen mir schon Genaueres sagen, ehe ich mich dazu äußern kann.“
    „Dieses Gerücht betrifft Bertiers Tod.“ Sie atmete vorsichtig durch. „Offenbar besteht der Verdacht, dass er nicht von Straßenräubern überfallen wurde, sondern ein heimliches Duell ausfocht und von einem Schwert getötet wurde.“
    „Ach, so etwas in der Art habe ich auch schon gehört“, antwortete er leichthin. „Achten Sie einfach nicht darauf.“
    Seine unbekümmerte Reaktion ärgerte sie. „Haben Sie Bertiers Leiche gesehen?“
    „Selbstverständlich habe ich meinem Bruder die letzte Ehre erwiesen“, gab er hochmütig zurück.
    „Dann haben Sie ja auch seine Verwundungen zur Kenntnis nehmen können. Welcher Art waren sie?“
    Séraphin zog die Brauen hoch. „Ich habe seine Leiche natürlich nicht gewaschen und angekleidet“, erklärte er, möglicherweise noch hochmütiger. „Aber ich habe keinen Grund, an dem zu zweifeln, was mir die Polizei berichtet hat.“
    „Und der andere Teil des Gerüchts?“
    „Welcher?“ Obwohl er so tat, als wüsste er von nichts, blitzten seine halb geschlossenen Augen flüchtig auf.
    „Die unzutreffende Behauptung, ich hätte einen heimlichen Geliebten gehabt – und der sei es, mit dem Bertier sich duelliert habe“, erwiderte sie knapp.
    „Ich vernahm etwas in dieser Richtung, dem ich aber natürlich keinerlei Glauben schenkte“, versicherte er.
    „Es ist auch nicht wahr.“
    „Da ich Sie kenne, meine liebe Schwägerin, bin ich mir dessen völlig sicher.“ Irgendetwas in seinem Tonfall ließ seine Worte nicht gerade wie ein Kompliment klingen. Er stand auf. „Bitte verzeihen Sie mir, ich fürchte, ich muss Sie jetzt verlassen. Ich habe heute Abend noch eine weitere Verabredung.“
    „Was ist mit Bertiers Mätresse?“, fragte Mélusine, als Séraphin gerade die Tür erreichte.
    „Seiner Mätresse?“, wiederholte er.
    „Ja.“ Sie errötete vor Verlegenheit, doch seine distanzierte, herablassende Art machte sie zugleich gereizt. „Ist es nicht möglich, dass er sich ihretwegen mit einem anderen Mann duelliert hat?“
    Séraphin schwieg eine Weile, dann lächelte er kühl. „Bertier besaß keine Mätresse.“
    „Doch!“ Mélusine hatte das

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