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Im Dienste der Comtesse

Im Dienste der Comtesse

Titel: Im Dienste der Comtesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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wird er wohl noch warten, bis er Rache nimmt für das, was ihm und seinem Freund angetan worden ist? Glauben Sie, er harrt so lange aus, bis er seine Kraft und Ausdauer wiedergewonnen hat?“
    So viele Gedanken, Fragen und Einwände überschlugen sich in ihrem Kopf, dass sie nicht wusste, was sie zuerst sagen sollte. „Sie müssen den Verdacht doch auch gehabt haben!“, rief sie vorwurfsvoll. „Warum haben Sie mir nichts dergleichen zu verstehen gegeben?“
    „Ich habe überlegt, wie man am besten mit der Situation umgehen sollte.“
    „Wir hätten darüber reden können! Sie sollten eigentlich Anweisungen von mir entgegennehmen – und nicht über mein Leben bestimmen!“
    „Ich habe Anweisungen von Ihnen entgegengenommen. Ich wollte Sie nur nicht unnötig beunruhigen, für den Fall, dass sich mein Verdacht als unbegründet erwiesen hätte“, verteidigte er sich.
    „Ja, noch immer handelt es sich nur um eine Vermutung“, räumte Mélusine ein. „Wir brauchen stichhaltige Beweise, ehe irgendjemand von uns etwas Unbedachtes tut. Sie haben nicht das Recht, Geheimnisse vor mir zu haben. Oder die Bastille zu stürmen, wenn Sie eigentlich für mich Modell sitzen sollten. Und schon gar nicht, Leuten mein Appartement anzubieten, ohne vorher mit mir darüber zu sprechen.“
    „Nicht Leuten – Saint-André“, korrigierte er sie.
    „Sie glauben, ich bin ihm eine Wiedergutmachung schuldig für das, was Séraphin ihm angetan hat?“
    „Nein, Sie sind nicht verantwortlich für das, was geschehen ist. Aber warum sollten Sie das leer stehende Appartement nicht gewinnbringend nutzen?“
    „Ich bin jetzt viel zu müde, um Entscheidungen zu treffen; ich kann kaum noch klar denken“, sagte Mélusine. „Und ich habe noch nicht einmal an einer Belagerung teilgenommen. Wie mag es Ihnen erst gehen? Versprechen Sie mir, dass Sie nichts mehr unternehmen werden, ohne sich vorher mit mir abzusprechen.“
    „Das Einzige, wozu ich heute noch imstande bin, ist, das Bett für Saint-André zu holen“, gab er zu.
    „Und er muss ebenfalls versprechen, nichts Unüberlegtes zu tun“, meinte sie.
    „Er wird wohl nicht viel unternehmen, solange er noch seinen Bart trägt“, vermutete Pierre. „Es ist ihm viel zu peinlich, damit gesehen zu werden.“
    „Dann sollten Sie lieber Ihr Rasierzeug vor ihm verstecken“, schlug sie vor. „Und das von Paul und dem Kutscher ebenfalls. Nach einem erholsamen Schlaf werden wir uns morgen besser fühlen. Vielleicht sehen wir dann manches klarer.“
    Mittwoch, später Vormittag, 15. Juli 1789
    Mélusine und Saint-André frühstückten recht spät. Pierre servierte in Lakaienlivree. Sie glaubte, dass er sie damit daran erinnern wollte, wie unpassend es wäre, sie zu küssen, und das ärgerte sie. Sie sagte jedoch nichts, teilweise, weil sie sich vor Saint-André genierte, teilweise aber auch, weil sie beabsichtigte, seine zur Schau getragene Unterwürfigkeit auszunutzen. Wenn er sich so sehr als ihr Diener präsentierte, dann würde sie ihn entsprechend behandeln und von ihm verlangen, dass er tat, was sie von ihm wollte.
    Unerklärlicherweise trug Saint-André keinen Bart mehr. Er sah wieder so elegant und vornehm aus, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Aber diese Veränderung behagte ihr nicht so recht, schließlich hatte Pierre sie gewarnt, der Marquis könnte übereilt gegen Séraphin vorgehen. Doch warum hatte er ihm dann sein Rasierzeug gegeben? Jetzt würde es Saint-André nichts mehr ausmachen, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Wie konnte man ihn nur daran hindern, Séraphin überstürzt zum Duell zu fordern?
    „Ich habe nachgedacht“, sagte sie.
    „Ja, Madame?“, fragte Saint-André höflich nach.
    „Zuerst möchte ich gewisse Personen daran erinnern, dass ich hier die Hausherrin bin und erwarte, dass meine Anweisungen befolgt werden“, bemerkte sie spitz.
    „Ich bin mir keiner neuen Anweisung bewusst“, erwiderte Pierre.
    Sie sah ihn stirnrunzelnd an. „Das meinte ich nicht.“
    „Wie ich mir schon dachte“, murmelte er. „Darf ich Ihnen etwas Kaffee nachschenken, Madame?“, fügte er gelassen hinzu.
    Sie warf ihm einen misstrauischen Blick zu. „Sie waren nicht zufällig selbst der Kapitän des Freibeuterschiffs, auf dem Sie angeblich gedient haben, oder?“ Sie sah den verblüfften Ausdruck in seinen Augen, ehe er sie vor ihr senken konnte, und vermochte es kaum zu glauben, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. „Sie waren es tatsächlich! Warum frisieren Sie

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