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Im Dienste der Comtesse

Im Dienste der Comtesse

Titel: Im Dienste der Comtesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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hätte den Abzug der Truppen vom Champ de Mars angeordnet. Für eine Weile schwelgte die Bevölkerung von Paris in einem Zustand erleichterten Überschwangs.
    Mélusine ging es ähnlich. Doch als sie sich dem Rathaus näherten, schlug die Stimmung um. Erste Rufe wurden laut.
    „Gebt uns Necker wieder! Wir wollen Necker zurückhaben!“
    Pierre blieb stehen, und Mélusine klammerte sich fester an seinen Arm. Der König hatte zwar die Truppen abgezogen, aber, wie es aussah, den Lieblingsminister des Volkes nicht wieder eingesetzt.
    „Bleiben Sie hier, ich sehe einmal nach, was da vor sich geht“, teilte Saint-André ihnen mit.
    „Nein.“ Mélusine wollte ihn zurückhalten. „Entweder gehen wir alle oder wir kehren geschlossen nach Hause zurück.“
    „Keine Sorge.“ Er lächelte. „Ich bin ein ziemlich träger Franzose, ich gerate schon nicht in Schwierigkeiten.“
    „Was hat er damit gemeint?“, fragte Mélusine verwirrt, als er mit zügigen Schritten davonging. „Wir sind doch alle Franzosen!“
    „Keine Ahnung“, erwiderte Pierre. „Wahrscheinlich irgendein undurchsichtiger, adeliger Scherz, den wir Bürgerlichen nicht verstehen können.“
    „Ich hatte es geahnt, dass Sie nicht als Bauer zur Welt gekommen sind.“
    „Richtig, Madame.“ Obwohl er sehr gelassen wirkte, behielt er wachsam die Straße und die Leute um sie herum im Auge.
    „Deshalb kann ich nicht verstehen, warum Sie beschlossen haben, Diener und Friseur zu werden. Schließlich haben Sie kein natürliches Talent dazu, insbesondere zum Letzteren.“
    „Verzeihung?“ Er blieb stehen und sah sie an.
    „Es ist nicht so, dass es mir nicht gefällt, wie Sie mich frisieren. Aber Sie müssen zugeben, dass Sie sich nicht sehr gut darauf verstehen. Suzanne sagte das gestern Morgen auch.“
    „Sie haben sich mit Suzanne über meine Fähigkeiten als Friseur unterhalten?“, fragte er leicht gekränkt. „Wäre es nicht angemessener, es zuerst mir zu sagen, wenn Sie unzufrieden sind, anstatt sich mit Ihrer Zofe über mich zu beratschlagen?“
    „Das habe ich auch nicht getan, wenigstens nicht lange. Wir kamen darauf, nachdem ich sie fragte, ob sie mich für eine Dirne hält. Es stellte sich heraus, dass sie das im Grunde gar nicht stören würde, solange ich nicht in einem Wutanfall meinen Parfumflakon zerbreche und ihr die Schuld daran gebe.“
    Pierre sah sie an, als hätte sie den Verstand verloren. „Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie sprechen“, sagte er. „Aber das hier ist sicherlich nicht der richtige Ort für so ein Gespräch. Wenn Ihre Zofe sich unverschämt benimmt, sollten Sie sie entlassen.“
    „Wenn ich alle meine unverschämten Bediensteten entlassen würde, hätte ich auch keinen Diener mehr“, versetzte sie. „Und da Sie eben selbst zugegeben haben, ein Bürgerlicher zu sein, verstehe ich nicht, warum Sie Diener sind. Bestimmt …“
    „Da kommt Saint-André zurück“, unterbrach Pierre sie.
    „Der König hat den Abzug der Truppen angeordnet, aber er hat Necker nicht wieder eingesetzt“, berichtete der Marquis. „Deswegen ist das Volk wütend. In den Straßen rund um das Rathaus werden Barrikaden errichtet. Ich habe gesehen, wie bewaffnete Männer einen Passanten anhielten und nach seinem Namen und Beruf fragten.“
    „Es ist Zeit für einen strategischen Rückzug, denke ich“, schlug Pierre vor.
    „Und was nun?“, fragte Saint-André. Es war spät am Abend und Mélusine hatte sich bereits zurückgezogen. Die beiden Männer saßen allein im neuen Appartement des Marquis. „Wir vermuten, dass Séraphin Bertier getötet hat“, fuhr er fort. „Und dass er wahrscheinlich La Motte erpresst.“
    „Aber überzeugt sind Sie davon nicht?“, fragte Pierre nach.
    Saint-André legte die Stirn in Falten. „Mélusine hat recht, Séraphin ist gefährlich. Mir war gar nicht bewusst, wie gut ihr Instinkt ist. Obwohl ich mir mühelos vorstellen kann, dass er Bertier zum Duell gefordert hat, fällt es mir jedoch schwer zu glauben, dass er sich für etwas so Niedriges wie eine banale Erpressung hergibt.“
    „Vielleicht für einen weniger banalen Geldbetrag“, gab Pierre sarkastisch zu bedenken. „Jean-Baptiste belauschte Ihr Gespräch mit Bertier und übermittelte es geradewegs an Séraphin. Jean-Baptiste überbrachte auch den ersten Erpresserbrief. Wer hätte wohl eine bessere Gelegenheit, Bertiers geheime Unterlagen zu finden, als dessen Erbe, der im selben Haus lebt?“
    „Ein Punkt für Sie“,

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