Im Dienste Der Koenigin
zu der Minute, in der sein Liebhaber das Haupt auf den Richtblock legte, die erschreckend gefühllose Bemerkung:
»Wir würden doch gar zu gerne wissen, Messieurs, was für ein dummes Gesicht der Erste Stallmeister jetzt gerade macht.«
Dann lachte Ludwig XIII. in seiner üblichen, meckernden Art und allen, die es hörten, liefen eiskalte Schauer über den Rücken.
Der Dauphin vermisste den schönen, jungen Mann, der ihm immer Bonbons zugesteckt hatte und ihn gelegentlich auf einem der Ponys aus den Ställen des Königs hatte reiten lassen.
So fragte der kleine Ludwig seine Kinderfrau Céleste nach Monsieur Henri und wann dieser denn endlich wiederkäme.
»Monsieur Cinq-Mars ist sehr unartig gewesen und Seine Majestät will ihn daher zur Strafe nicht mehr am Hof sehen«, beantwortete sie vorsichtig die heikle Frage.
Der Knabe wirkte sehr traurig. Bald jedoch hatte er nach Kleinkinderart den freundlichen, jungen Mann aus seinem Gedächtnis gestrichen.
Kardinal Richelieu hatte - wie immer - über seine Gegner triumphiert. Aber lange Zeit sich dieses Sieges zu erfreuen, sollte dem Todkranken nicht mehr beschieden sein. Bereits am 4. Dezember 1642 starb der Erste Minister mit gerade einmal siebenundfünfzig Jahren an den unmittelbaren Folgen einer Lungenentzündung.
Der König ließ zwar allgemeine Staatstrauer anordnen, aber in weiten Teilen Frankreichs loderten ungeniert die Freudenfeuer. Die kleinen Leute freuten sich über seinen Tod genauso
wie der Adel, den er - zugunsten des Königtums - gnadenlos unterdrückt hatte. »Echte Freunde hat der Kardinal nicht besessen, nur Günstlinge, deren Wohlwollen er sich teuer erkaufen musste«, schrieb Céleste in ihr Notizheft. Auch sie verspürte eine deutliche Genugtuung über das Ableben Richelieus …
Marie de Chevreuse musste ihre Hoffnungen, nach dem Tod des Kardinals endlich nach Hause fahren zu dürfen, allerdings ein weiteres Mal begraben.
Auch Anna war maßlos enttäuscht. Sie und Céleste weinten lange. Der König hatte sich strikt geweigert, die ehemalige Geliebte aus der Verbannung zurückkehren zu lassen.
Hofleuten gegenüber begründete Ludwig XIII. seine Entscheidung: »Überall, wo die besagte Dame auftrat, waren Zwist, Intrigen und Unglück an der Tagesordnung. Überall, wo die Herzogin de Chevreuse sich aufhielt, wirkte sie wie das personifizierte Verhängnis. Vor ihr muss man sich hüten wie vor der Pest.«
Für alle, die Marie de Chevreuse liebten, war es ein trauriges Weihnachten 1642.
Monsieur Saint-Hector, der Bettlerkönig von Paris, hatte ein dreitägiges Freudenfest am »Hof der Wunder« angeordnet, zum Zeichen seiner Begeisterung darüber, dass »der Teufel seinen Kumpanen Richelieu endlich geholt hat«. Doch nicht einmal das vermochte Céleste aufzuheitern.
Allein der König schien über den Tod seines Ersten Ministers betroffen zu sein. Hatte Seine Majestät doch keinen Untertanen, der die Stelle des Verblichenen auszufüllen vermochte. Alle anderen aber begannen allmählich aufzuatmen. Das verflochtene Gewirr aus Spionage und Denunziantentum,
Überwachung und alltäglicher Bedrohung begann sich aufzulösen. Und wer sollte das nicht begrüßen?
Die nächste Neuigkeit allerdings - im Frühjahr 1643 - verpackte die in der Zwischenzeit durch glückliche Umstände an die erste Stelle gerückte Kinderfrau des Dauphins mit extremer Vorsicht in einen Haufen nichtssagender Worte in einem Schreiben an ihre Schwester Marie in Spanien. Zum ersten Male wagte Céleste es, in brieflichen Kontakt zur Herzogin zu treten. Es gab ja keine Spione des Kardinals mehr!
Allerdings existierten noch die Spitzel des Königs, aber diese waren längst nicht so effektiv; dennoch war Vorsicht geboten.
Es ging nämlich um eine Angelegenheit, die nur mit besonderer Delikatesse behandelt werden durfte: der höchst besorgniserregende Gesundheitszustand des Königs.
»Am 3. April dieses Jahres konnte Seine Majestät zum vorerst letzten Male sein Bett verlassen«, berichtete Céleste ihrer Schwester verschlüsselt und mittels eines geheimen Kuriers. »Ich habe den König gesehen, wie er sich, auf zwei Diener gestützt, durch die Gänge des Schlosses von Saint-Germain-en-Laye - wo er die Königin und seine Söhne besuchen wollte - geschleppt hat.
Nach einigen Schritten musste er sich in einen Sessel fallen lassen, den ein Bediensteter ihm hinterhertrug. Kurz darauf ließ er sich zu seinem Lager geleiten, von dem er sich seither nicht mehr erhoben
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