Im Dienste Der Koenigin
hat.«
Wie in Paris langsam durchsickerte - allen streng verordneten Geheimhaltungsmaßnahmen zum Trotz -, hatte die Tuberkulose, an der der Monarch seit langem litt, längst auf den Unterleib des Königs übergegriffen. Die heimtückische Krankheit
hatte schließlich einen Durchbruch des Dickdarms und damit eine tödliche Bauchfellentzündung verursacht, von der ihn kein Arzt mehr heilen konnte.
»Das Sterben des Königs ist langsam und äußerst qualvoll, die Haltung des Herrschers jedoch von bemerkenswerter Würde«, teilte Céleste mit beinahe widerwilliger Bewunderung der immer noch mit dem königlichen Bannstrahl belegten Marie de Chevreuse mit.
KAPITEL 52
VERGLEICHBAR MIT EINER königlichen Geburt, war auch der Tod am Hof eine öffentliche Angelegenheit. Könige starben coram publico und auch in Saint-Germain-en-Laye strömten die Besuchermassen durch das erbärmlich stinkende Krankenzimmer, nachdem die Nachricht vom baldigen Ableben des französischen Monarchen die Runde gemacht hatte.
Am 20. April 1643 traf der Monarch eine längst fällige, aber nichtsdestotrotz schwere Entscheidung. Er verfügte, dass seine Frau, Königin Anna, die nominelle Regentschaft für den minderjährigen Ludwig übernehmen sollte. Seinen ewig intrigierenden und sogar mit Meuchelmördern paktierenden Bruder Gaston schloss er mit allem Nachdruck von sämtlichen Regierungsangelegenheiten aus.
Auch die Erziehung beider Söhne überließ er seiner Gemahlin - jedoch nicht die alleinige Herrschaft über Frankreich. Er vertraute ihr immer noch nicht.
Viele erinnerten sich, dass seinerzeit seine eigene Mutter,
Maria de Medici, am 13. Mai 1610 in der Basilika Saint-Denis zur Königin gekrönt worden war, um im Falle von König Heinrichs vorzeitigem Tod die Regentschaft für den damals noch unmündigen Ludwig XIII. übernehmen zu können. Der jetzige König aber unterstellte Anna vorsorglich einem Rat, bestehend aus fünf von ihm ernannten Herren.
»Die Königin bedarf der Lenkung«, begründete er kurz und bündig seine Entscheidung.
Anna war damit einverstanden. Es fiel ihr gar nicht ein, zu protestieren. Jetzt, wo absehbar war, dass sie als Witwe allein verantwortlich wäre für vieles, wovon sie keine Ahnung hatte, ergriff eine plötzliche Panik von ihr Besitz. Sie fühlte sich unsicher und ängstigte sich vor dem spiegelglatten diplomatischen Parkett.
Die Erleichterung darüber, bald von ihrem missgünstigen Ehemann befreit zu sein, wollte sich nicht recht einstellen.
Am Tage darauf, also am 21. April, ließ der König seinen vierjährigen Sohn an seinem Krankenlager, das vermutlich auch sein Sterbebett sein würde, feierlich taufen. Der Knabe hatte seinerzeit kurz nach der Geburt, seiner scheinbaren Hinfälligkeit wegen, nur die »Nottaufe« erhalten. Üblich war die Taufe im Alter von sieben Jahren, »wenn der Verstand erwachte«, aber in diesem Falle machte man eine Ausnahme.
Zur Patin des Dauphins bestimmte Ludwig XIII., zum großen Erstaunen der Königin sowie des gesamten Hofes, die letzte Liebe seines Vaters, Madame Charlotte de Montmorency. Als Heinrich IV. sie im Jahre 1609 anlässlich einer Ballettprobe das erste Mal erblickt hatte, war die Schöne gerade einmal vierzehneinhalb Jahre alt.
Als Nymphe verkleidet, hatte sie den berüchtigten Schürzenjäger Heinrich mitten ins Herz getroffen. Der alte König
ließ sich so manches einfallen, um seine Liebste zu gewinnen und hätte ihretwegen beinahe aus Liebestollheit Europa in Brand gesteckt …
Briefe, in denen Charlotte den alternden Monarchen, den Haudegen mit dem grauen Schnauzbart, mit »mein Alles …, mein Herz …, mein Ritter« anredete, machten am Hof die Runde.
Im Louvre herrschten damals Schmerz, Klagen, Hoffnung und Trauer - und wüste Flüche und ordinäre Beschimpfungen vonseiten der Königin Maria de Medici, die sich bereits vom Hof verbannt sah. Erst der Dolch des Mörders Ravaillac hatte der verhängnisvollen Liebschaft ein Ende bereitet …
Jetzt, bei der Taufe des Dauphins, war die immer noch bezaubernde »Nymphe« fast fünfzig Jahre alt und alle rätselten, wieso Ludwig XIII. ausgerechnet sie zur Patin seines Thronfolgers erkoren hatte. Aber der König verzichtete auf eine Erklärung.
Zum zweiten Paten seines Sohnes aber hatte der sterbenskranke Monarch Signor Giulio Mazarini, einen Kardinal, ausgewählt, einen vielversprechenden, italienischen Kirchendiplomaten von einundvierzig Jahren, der noch von Kardinal Richelieu - kurz vor dessen
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