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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Tod - ins Kabinett berufen worden war.
    Richelieu hatte ihn seinem Herrn mit den rühmenden Worten empfohlen: »Sire, ich wüsste keinen Mann außer ihm, der geeignet wäre, einmal mein Nachfolger zu werden.«
    Und zur Königin hatte der Kardinal damals mit unverschämtem Blick und süffisantem Unterton geäußert: »Euch wird er mit Sicherheit gefallen, Madame! Signor Mazarini sieht aus wie der von den Toten auferstandene Herzog von Buckingham.«
    In der Tat, die Herren glichen sich wie Brüder. Céleste war
erschrocken und hatte heimlich nach dem Gesicht der Königin geschielt. Aber Madame Anna hatte keine Miene verzogen.
    Beide Männer hatten eine ovale Gesichtsform und eine fast identische Haartracht, den gleichen, sanft geschwungenen Mund und eine ähnlich große Nase mit langem Nasenrücken. Wie der verstorbene Buckingham war auch Mazarini groß gewachsen und breitschultrig und vermittelte den Damen den Eindruck, »ein echter Beschützer« zu sein.
     
    Als der Täufling mit seiner Mutter neben dem Bett des Vaters stand, bedeutete der König seinem ältesten Sohn, sich zu ihm niederzubeugen, damit er ihn küssen konnte. Dann fragte er den ernst dreinblickenden Knaben:
    »Welchen Namen trägst du, Sohn?«
    »Ich heiße Ludwig XIV., mon cher Papa«, gab der Kleine ruhig zur Antwort. Alle Anwesenden erstarrten und schauten erschrocken auf den abgezehrt im Bett liegenden König.
    »Noch nicht, noch nicht«, keuchte der todkranke Monarch. »Erst, sobald es Gottes Wille ist.«
    Der König litt unsägliche Schmerzen, ertrug sein Leiden aber mit bewundernswerter Tapferkeit. An einem Tag, den er sich von den Ärzten durch die Verabreichung von Opium hatte erleichtern lassen, komponierte er eine neue Fassung von »De Profundis«, die bei seiner Beisetzung gesungen werden sollte.
     
    Im Land herrschte Unruhe, die Lage war angespannt und vollkommen undurchsichtig. Die Günstlinge des verstorbenen Kardinals Richelieu hatten sich schleunigst aus dem Staub gemacht, da sie offen auf den Straßen angepöbelt wurden.
    Im Gegenzug drängten in Scharen die ehemaligen Widersacher
des Kardinals aus der Verbannung in die Heimat zurück. Auch die Anhänger Monsieur Gastons tauchten wieder auf. Beunruhigend war, dass alle gerüstet und zum Äußersten bereit zu sein schienen.
    Aus Angst um ihre Söhne ließ Anna ihre Gemächer von einem Garderegiment bewachen. Am Sterbebett des Königs wurden auch keine Besucher mehr zugelassen.
    Am 12. Mai begann bei Ludwig XIII. die Agonie. Seine letzten Worte lauteten: »Mir kommen quälende Gedanken.«
    Am nächsten Tag führte Céleste den kleinen Dauphin an der Hand noch einmal ins Sterbezimmer seines bereits bewusstlosen Vaters.
    »Der König schläft, Monseigneur«, flüsterte Céleste und hielt vorsorglich, zur Ruhe mahnend, einen Finger an ihre Lippen. Aber der Knabe war von sich aus so verständig und verhielt sich still.
    »Seht Euch Euren Papa gut an, Monseigneur, damit Ihr Euch später, wenn Ihr erwachsen seid, seiner zu erinnern vermögt«, sagte Céleste leise. Und der kleine Ludwig starrte gehorsam mit großen, unschuldigen Kinderaugen auf das eingefallene, gelbgraue Antlitz des Königs.
    Der Knabe schien zu ahnen, dass er seinen Vater zum letzten Male lebend sehen würde, denn große Tränen rollten ihm plötzlich die kindlich runden Wangen herab. Nach einer Weile führte Céleste den Dauphin wieder aus dem Gemach und geleitete ihn zurück in sein Zimmer, wo das Kind sich still auf ein Stühlchen setzte und wortlos an die Wand starrte.
    »Falls es le Bon Dieu gefiele und er Euren Papa zu sich in den Himmel nehmen würde, möchtet Ihr dann statt seiner König sein, Monseigneur?«, fragte ihn seine Erzieherin unvermittelt.
    Mit der Reaktion, die daraufhin erfolgte, hatten weder Céleste
noch die anderen Kinderfrauen gerechnet. Mit dem wilden Aufschrei: »Nein, nein! Ich will nicht König sein!«, stürzte sich der Thronfolger in die Arme Célestes und schluchzte zum Gotterbarmen. »Wenn mein guter Papa stirbt, dann springe ich vom Turm in den Burggraben«, heulte der unglückliche kleine Junge, das Gesicht in den Röcken seiner Kinderfrau vergrabend.
    Céleste warnte umgehend alle Erzieherinnen und ermahnte auch die Dienerschaft des Dauphins eindringlich, fortan ein besonderes Augenmerk auf den ältesten Sohn Ludwigs XIII. zu haben.

KAPITEL 53
    DER EIGENTLICHE TODESKAMPF des Königs zog sich insgesamt zwei quälend lange Tage hin. Die Königin wich keinen Augenblick von der Seite

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