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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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jenes Mannes, von dem die meisten glaubten, seine Ehefrau könne nur Abneigung gegen ihn empfinden. Wer Anna gut kannte, nahm an, es geschähe aus Mitleid. Schließlich war die Königin im ganzen Land als gute Christin bekannt.
    Am 14. Mai 1643, fünfzehn Minuten vor drei Uhr nachmittags, tat Annas Gemahl seinen letzten Atemzug. Als die Ärzte seinen Tod verkündeten, brach jene Frau, deren Ehe mit dem König wahrlich oft genug die Hölle gewesen war, zur großen Überraschung aller Anwesenden in Tränen aus. Fast wusste Anna selbst nicht recht, warum ihr die Tränen über die Wangen strömten, vielleicht war es auch nur, weil die beinahe unerträgliche
Anspannung des Wartens auf das Ende nun endlich vorbei war.
    Doch dieser abscheuliche Tyrann, der sie jahrelang wie Luft behandelt und auf das Übelste schikaniert hatte, war und blieb der Vater ihrer beiden prächtigen, über alles geliebten Söhne. Außerdem gebot ihr ihre tiefe Frömmigkeit, in Ludwig den ihr von Gott zugewiesenen Ehemann zu respektieren. Vielleicht war dies der Grund - neben ihrer Bewunderung für seine Geduld, mit welcher er sein Leiden bis zuletzt ertragen hatte - für ihre heftige Gemütsbewegung.
    Ohne Zweifel war Annas Trauer in diesem Augenblick aufrichtig. Auch wenn sie sich selbst insgeheim die Frage stellte: »Bin ich eine Heuchlerin?« Doch dann gab sie sich ruhigen Gewissens die Antwort: »Nein! Obgleich ich auch ein wenig um mich selbst trauere und um die vielen vergeudeten Jahre an der Seite eines Mannes, der mich mit Sicherheit niemals geliebt hat …«
    Möglicherweise erschreckte sie auch die Gewissheit, nun für Frankreichs und ihrer Söhne Geschick allein verantwortlich zu sein. Sie ahnte wohl die schwere Bürde, die in Zukunft auf ihren schmalen Schultern lastete.
    Nach geraumer Weile verließ Anna, immer noch schluchzend, das Totenbett ihres Mannes und eilte zu den Gemächern des Dauphins, den sie »begrüßte wie einen König und umarmte wie einen Sohn«, wie es ihre Hofdame, Madame de Motteville, in ihren Memoiren stilvoll formulierte.
    Nicht nur das Kind, auch alle anderen zuckten vor Schreck zusammen, als der königliche Zeremonienmeister in der unnatürlichen Stille des Schlosses plötzlich mit donnernder Stimme ausrief:
    »Le Roi est mort! Vive le Roi, Louis XIV.!«

    Die erste Amtshandlung der Regentin bestand darin, den Umzug nach Paris, in den Louvre, anzuordnen, wo der kleine König ihrer Meinung nach jetzt hingehörte: Mitten im Herzen seiner Hauptstadt musste er residieren und nicht irgendwo versteckt in der Provinz.
    Diesen Umzug hatte sie längst bis ins Kleinste geplant und es dauerte demnach nicht lange, bis sich der endlose Konvoi in Bewegung setzen konnte. Ein riesiger Lindwurm, bestehend aus Lakaien und Hofleuten zu Fuß und zu Pferde, aus Karossen und Kutschen und hoch aufgetürmten Gepäckwagen, bewegte sich in Richtung Louvre, beschützt vom Garderegiment, den Musketieren und leichter Kavallerie sowie von Fußsoldaten.
    Dies sollte eine Demonstration der Stärke sein und bezeugte überdies Annas Willen, nie mehr irgendjemandem schutzlos ausgeliefert zu sein. Inmitten des bewaffneten Trosses rollte die königliche Karosse dahin, in der die Regentin, ihre Kinder sowie ihr Schwager Gaston saßen.
    Für Letzteren war es wichtig, dass ihm der ältere Bruder vor seinem Tod die zahllosen Rebellionen noch vergeben hatte. Da war ihm sogar der Schwur, in Zukunft seinen Neffen und dessen Mutter, die Regentin, zu unterstützen, nicht allzu schwer gefallen.
    Sieben Stunden dauerte die Fahrt, heftig umjubelt von den Menschen am Straßenrand. Ihre Herzen gehörten bereits dem kleinen, hübschen König. Von ihm erwarteten sich die Massen Erlösung aus ihrem Elend. Eine neue Ära würde anbrechen und die Bevölkerung Frankreichs hegte die Hoffnung, alles werde sich nun zum Guten wenden.
     
    Am 18. Mai 1643 trat bereits das Parlament zusammen. Dabei handelte es sich um das »Oberste Reichsgericht«, bestehend
aus den Spitzen des Adels, der Geistlichkeit und der Justiz. Da die Sitze im Parlament teils vom Vater auf den Sohn vererbt werden konnten, teils auch käuflich waren, war dieses Parlament politisch ziemlich unabhängig vom jeweiligen Herrscher. Ja, es war überdies in der Lage, vom König erlassenen Gesetzen seine Zustimmung zu versagen.
    Richelieu war sehr willkürlich mit dem Parlament umgegangen und hatte es geschafft, den Einfluss des Gremiums stark zu beschneiden. Jetzt allerdings witterten die Deputierten

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