Im Dienste Der Koenigin
Herrn nur verloren hätte, und schwieg daher. Sie hätte dem aufgeblasenen Gaston sonst entgegnen müssen, dass Ludwig sehr wohl sprechen konnte, sehr gewählt sogar. Aber das Kind wollte nicht das Wort an seinen Oheim richten, weil es dessen Missgunst spürte.
Heute Morgen hatte der Knabe sich über seinen Bruder Philippe, den kleinen Schreihals, bitter bei ihr beschwert:
»Wer hat Philippe denn überhaupt eingeladen?«, verlangte er zu wissen. »Ich will keinen Bruder, mit dem ich nicht reden oder spielen kann. Ich habe ihm meine Pferdchen und Soldaten gezeigt, aber Philipp ist so dumm, er interessiert sich für gar nichts«, klagte Ludwig und verzog verächtlich sein kleines, hübsches Gesicht.
Kein Zweifel, der Dauphin litt. So wie alle Kinder leiden, die plötzlich die Liebe ihrer Mutter mit einem jüngeren Geschwisterchen teilen müssen. Und um den Groll aus seiner Kinderseele zu vertreiben und die Langeweile zu bekämpfen, schlug der Dreijährige auf seine kleine Trommel ein - manchmal stundenlang.
Einer der Freunde Monsieur Gastons flüsterte dem verhinderten Thronanwärter hinter vorgehaltener Hand - aber dennoch laut genug, dass die anderen Herren und Céleste es hören konnten - das Folgende zu:
»Wer weiß, vielleicht ändert sich alles viel schneller, als wir jetzt denken, Durchlaucht! Kleine Kinder sind ja immer so schrecklich anfällig für alle möglichen Krankheiten. Wer sagt uns denn, dass ausgerechnet dieser Knabe gesund bleiben wird? Und sein jüngerer Bruder? Pah! Wie rasch holt der Tod einen Säugling oder ein Kleinkind und macht allerliebste Engelchen aus ihnen?«
Gaston und die Herren lachten unbändig. Dieses Lachen klang in den Ohren Célestes geradezu diabolisch. Und als der Bruder des Königs ihr beim Abschied noch scheinheilig ans Herz legte, ja besonders gut auf den Knaben aufzupassen, wurde sie eines boshaften Glitzerns in seinen Augen gewahr. Im Stillen gelobte sie sich, noch sorgfältiger als bisher auf die Knaben zu achten.
KAPITEL 50
»MEIN ÄLTESTER SOHN mit seinen vier Jahren scheint sich auf einmal damit abgefunden zu haben, dass ich nicht mehr so viel Zeit mit ihm verbringen kann«, stellte die Königin eines Nachmittags im Kreise ihrer Hofdamen fest. Fast klang Erleichterung aus ihren Worten, aber ganz konnte Anna ein gewisses Bedauern doch nicht verbergen.
Kurz vor dem Weihnachtsfest des Jahres 1642 hatte der Kleine beschlossen, sich mehr an seinen Vater anzulehnen. Ludwig XIII. äußerte sich mit keinem Wort dazu. Er ermunterte den Knaben auch keineswegs, seine Nähe zu suchen. Das hatte jedoch seine Mutter getan, weil sie hoffte, dass es ihren Gemahl freute - auch wenn dieser es niemals zugeben würde. Wer den menschenscheuen und abweisenden Monarchen gut genug kannte, ahnte, welche Genugtuung es ihm bereiten musste, dass sein Sohn sich ihm zutraulich und ohne Hintergedanken anschloss.
Wenn der Monarch gedankenschwer durch die Gänge des Louvre spazierte, trippelte der kleine Junge hinterher; bei Unterredungen mit seinen Ministern oder dem Kardinal kauerte das Kind schweigend in einem Sessel, die großen, blauen Augen auf den Vater oder die Herren gerichtet, und verfolgte schweigend deren Gespräche.
»Niemals stört der Kleine durch kindliches Geplapper«, lobte ihn sogar der Geliebte des Königs, Henri de Cinq-Mars. Der Knabe seinerseits schien den schönen, jungen Mann von allen Herren am Hof am liebsten zu haben. Der Favorit verstand es nämlich, das Herz des Dauphins mit Süßigkeiten für sich zu gewinnen.
Ludwig-Dieudonné, von klein auf Bewunderer alles Schönen,
betete den Jüngling förmlich an. Und dass sein Vater diesen Herrn allen anderen am Hof vorzog, hatte der Dauphin sofort begriffen.
Der Marquis besaß ein feines Gesicht mit femininen Zügen und wiegte sich beim Gehen kokett in den Hüften. Dass er meist eine ärgerliche Miene machte, wenn Ludwig XIII. zugegen war, störte den Thronfolger nicht.
Das gehörte eben zu dem »Spiel«, das sein Vater und der schöne Marquis spielten. Ihn interessierte eher, welche Bonbons der Erste Kämmerer und Stallmeister des Königs für ihn in seiner Rocktasche mit sich trug …
Ihm entging auch nicht, wenn sein Vater böse auf den jungen Mann war - wenn er auch den Grund dafür noch nicht begriff: Henri bändelte öfters mit einer der attraktiven Hofdamen an, was den König jedes Mal sehr erboste und zur sofortigen Entfernung der Schönen vom Hof führte.
Cinq-Mars jedoch lachte bloß über den Ärger
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