Im Dienste Der Koenigin
wir uns eben von einem unserer Liebhaber, nicht wahr?«
Mit diesen Worten beendete die Herzogin das delikate Thema. Ehe sie ihre Schwester verließ, erkundigte sie sich noch, was sich während ihrer Abwesenheit sonst noch verändert hatte. Dass ihre Lieblingszofe, die kesse Demoiselle Sophie,
den Lakaien einer bekannten Grafenfamilie geheiratet hatte, wusste sie bereits. Aber dass ihr ehemaliger Hofmeister, Monsieur Lambert, an der Cholera gestorben war, bedrückte sie sehr.
»Er wirkte zwar immer leicht blasiert, war aber ein guter und verlässlicher Mann«, sagte Marie bedauernd. »Was ist aus Abbé Florentin geworden? Ich vermisse den lebhaften kleinen Geistlichen.«
»Monsieur l’Abbé hat sich nie wohlgefühlt in Paris und der Nähe zum Hof. Also hat er sich seiner italienischen Wurzeln besonnen und ist nach Rom gegangen«, berichtete Céleste. »Dort lebt nun Padre Nicolo Fiorentini im Vatikan, angeblich als Geheimsekretär eines Kurienkardinals Seiner Heiligkeit, des Papstes.«
Marie war nach ihrer Ankunft in Paris besorgt gewesen, wie sie ihren Ehemann, den in seiner Anhänglichkeit ein wenig lästigen Claude de Lorraine, auf Abstand halten konnte. Der ältliche Duc de Chevreuse hatte sich ganz unsinnig über die Rückkehr seiner Gemahlin gefreut - obwohl er jahrelang zu feige gewesen war, sich für sie beim König zu verwenden. Er hatte angenommen, er könne mit ihr so weiterleben wie vor ihrer Flucht nach Spanien.
»Aber diesen Zahn habe ich dem Herzog gleich gezogen«, ließ Marie ihre Schwester nicht im Ungewissen. »Diesen Stümper im Ehebett ertrage ich nun wirklich nicht mehr. Meine Zeit ist mir auch zu schade dazu, weißt du«, erklärte sie temperamentvoll der amüsiert lauschenden Céleste.
»Wir Frauen werden schließlich auch älter und jede verschwendete Nacht ist eine, die unwiederbringlich in der Bilanz unseres körperlichen und seelischen Wohlbefindens negativ zu Buche schlägt. Und dass ich mir das leisten könnte,
dazu bin ich nicht mehr jung genug - wenn du verstehst, was ich meine?«
»Weiß Gott, ja«, gab Céleste trocken zur Antwort. »Die Konkurrentinnen am Hof sind inzwischen vierzehn oder fünfzehn, mit glatter samtweicher Haut und vollem glänzendem Haar. Ihre Knöchel schwellen abends noch nicht an vom stundenlangen, öden Herumstehen, wie es bei uns der Fall ist. Und morgens ist die Haut unter ihren Augen vielleicht ein bisschen dunkler, aber keineswegs leicht verknittert, wie das bei mir allmählich der Fall ist.«
»Du sagst es, Liebste.«
Maries Tonfall war leicht resigniert, aber nur, wenn man ganz genau hinhörte. »Dafür sind wir aber erfahrener in der Kunst der Liebe und viel begabter in der Technik der Erotik. Und den schöneren Busen haben wir auch«, meinte sie dann resolut, ehe sie der Schwester die indiskrete Frage nach den Namen jener beiden Herren stellte, mit denen diese das Lager zu teilen beliebte.
»Oho!«
Leise pfiff sie - ganz undamenhaft - durch die Zähne, als Céleste »gestanden« hatte. »Nicht schlecht, Schwesterchen. Wirklich gar nicht übel, was du dir da an Land gezogen hast. Vor allem deine Affäre mit diesem ominösen Bettlerkönig, Saint-Hector, finde ich geradezu superbe .
Ich beneide dich um diese ganz spezielle Erfahrung. Nein, wirklich: Eine Affäre mit dem gefährlichsten und raffiniertesten Banditen von Paris - nicht zu glauben, Kindchen! Und der andere, dieser Marquis Sowieso, dessen Namen du geheim halten möchtest, kann sich gewiss auch sehen lassen, ma Chère. Nun, ich werde ebenfalls meine Fühler ausstrecken, das kannst du mir glauben, meine liebe Céleste.«
KAPITEL 56
JEDERMANN WAR ERSTAUNT darüber, wie sehr sich die Regentin seit dem Ableben ihres Gatten verjüngt hatte. Wer wollte es ihr übel nehmen, dass sich ihre Trauer um den Verblichenen in Grenzen hielt? Die Anna wohlgesinnten Hofleute hatten ihre anfänglichen Tränen um Ludwig XIII. sowieso nicht verstanden.
Lange genug war sie das Stiefkind bei Hofe gewesen: eingesperrt, bespitzelt, isoliert und verächtlich behandelt. Ja, sie hatte gar bangen müssen, überhaupt in Frankreich bleiben zu dürfen.
Und wie oft hatte Anna in Angst gelebt, vergiftet zu werden? Der Medici-Schlange Maria wäre es ein Leichtes gewesen, die verhasste Schwiegertochter mit einem Pülverchen aus dem Weg zu schaffen …
Anna selbst vergaß keineswegs, wie häufig Ludwig XIII. ihr mit grausamer Miene und tückisch glitzerndem Blick die baldige Abschiebung nach Spanien oder in ein
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