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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Céleste gleich zu Anfang an, sie rechne ganz selbstverständlich damit, erneut ihren Platz als einzige Vertraute an der Seite der Königinmutter einnehmen zu können. Hatte Anna ihr denn nicht bei ihrem Wiedersehen beteuert, wie sehr sie sich nach der Herzensfreundin gesehnt habe?
    Céleste wusste jedoch, dass ihre Schwester es nicht so leicht haben würde, sich als einzige Intima der Regentin zu behaupten: Auch Marie de Hautefort war nach dem Tod des Königs und seines Ersten Ministers wieder am Hof aufgetaucht und beanspruchte mit gleichem Recht und mit bemerkenswerter Hartnäckigkeit ihre einstige Position in Annas unmittelbarer Nähe.
    Aber die Schwester wollte der glücklich Heimgekehrten
ihre unbändige Wiedersehensfreude nicht vergällen und schwieg daher. Marie würde in Kürze von selbst bemerken, dass die Zeit nicht spurlos vorübergegangen war. Möglicherweise auch nicht an der Freundschaft der Königin und ihrer Hofdame …
    »Nichts ist schließlich wankelmütiger und flüchtiger als die Launen und das Wohlwollen der Herrschenden«, dachte Céleste, die bereits lange am Hof gelebt und darum die meisten ihrer früheren Illusionen verloren hatte.
    Die Königin selbst war es am Ende, welche die Situation zu entschärfen suchte, indem sie das Buhlen der beiden Konkurrentinnen um ihre Gunst ganz offen zur Sprache brachte.
    »Mesdames, ich liebe Euch von ganzem Herzen und möchte Euch auch beide als meine Vertrauten an meiner Seite haben. Warum sollte die Regentin von Frankreich, die jahrzehntelang nach ihrer Ankunft in ihrer neuen Heimat keinen einzigen Freund haben durfte, jetzt nicht wenigstens zwei Freundinnen ihr Eigen nennen dürfen?«, fragte Anna »die beiden Maries«, wie sie von den Hofdamen genannt wurden.
    Dagegen ließ sich kaum etwas Vernünftiges einwenden. Vor den Augen der Regentin umarmten und küssten sich die zwei schönen Frauen und gelobten, sich um Annas willen stets zu achten und zu vertragen. Bald jedoch deutete sich an, dass sie zu erbitterten Rivalinnen um die Zuneigung der Königinmutter wurden. Ihre gegenseitige Eifersucht war mit der Zeit sogar dazu angetan, die Harmonie am Hof empfindlich zu stören.
     
    Auch im Verhältnis zwischen Marie und ihrer Halbschwester Céleste war ein entscheidender Wandel eingetreten. Die, dank ihrer sinnreichen Schuheinlagen, kaum noch hinkende Kinderfrau des Dauphins, die es zudem verstand, ihren Rundrücken
durch geschickten Schnitt ihrer Kleidung so zu »verkleinern«, dass er kaum noch auffiel, hatte in der Zwischenzeit einen riesigen Karrieresprung gemacht.
    Durch die Hartnäckigkeit des Dauphins und jetzigen kleinen Königs war es ihr gelungen, bei ihm bleiben zu dürfen und zu seiner absoluten Lieblingsgouvernante aufzusteigen. Und diese Stellung behauptete sie unangefochten - auch Anfeindungen anderer Damen aus höchstem Adel zum Trotz.
    Ludwig der Vierzehnte, der kaum noch Kontakte zu seiner angebeteten, aber sehr mit Politik beschäftigten Mutter pflegte, hatte sich umso enger seiner einstigen Kinderfrau angeschlossen. Er nannte sie jetzt respekt- und zugleich liebevoll »Madame Mère Céleste« - und niemand wagte es, sie auch nur schief anzusehen.
    Das frühere Aschenputtel aus dem Haushalt des Herzogs Hercule de Rohan-Montbazon genoss den Aufstieg ungeheuer, ohne sich jedoch zum Hochmut verleiten zu lassen. Natürlich war sie auch ihrer Schwester Marie überaus dankbar - immerhin hatte diese einst das »kleine Ungeheuer« nach Paris mitgenommen.
    »Ohne dich, ma Chère, wäre ich heute noch der wertlose Krüppel im Schloss unseres Vaters; die Verwachsene, derer man sich schämen muss und die man am besten im Hühnerstall einsperrt, sobald hoher Besuch kommt«, sagte sie zu Marie mit bitterem Lächeln, sobald die beiden Gelegenheit zu einer ersten vertraulichen Unterhaltung fanden.
    »Aber meine jetzige Karriere verdanke ich allein mir selbst und meinem Geschick, mit kleinen Kindern und vor allem mit dem etwas schwierigen Dauphin umzugehen. Eine ganze Reihe von Damen hat es nicht lange bei Ludwig-Dieudonné ausgehalten.«
    »Wieso? Was ist denn an dem kleinen Ludwig so schwierig?
«, wollte Marie wissen, die sich über das ausgeprägte Selbstbewusstsein ihrer früher eher schüchternen Halbschwester nicht genug wundern konnte.
    »Der Dauphin ist ein sehr stilles Kind, das ungern spricht, sich am liebsten zurückzieht und stundenlang auf seine kleine Trommel schlägt. Was der Knabe dabei denkt und ob überhaupt Gedanken durch seinen Kopf

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