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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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wie er seinen Neffen im Kreise seiner Anhänger nannte.
    »Mein ältester Sohn wird sich doch um Himmels willen nicht als der gleiche düstere und verbissene Stockfisch entpuppen, wie sein Vater einer war?« Voll Angst äußerte die Königin ihrer Freundin gegenüber ihre schlimmste Befürchtung. Anna wusste schließlich, wovon sie sprach: Hatte Ludwig XIII. doch oft tagelang keinen vollständigen Satz geäußert …
    Auch die Lehrer und Erzieher des Knaben zeigten sich manchmal über sein Schweigen besorgt. Nur Céleste und Marie de Chevreuse bildeten eine Ausnahme und vermochten jedes Mal seine Mutter - falls diese einmal die Muße hatte, sich mit ihrem Ältesten zu beschäftigen, was selten genug der Fall war - für eine Weile zu beruhigen.
    »Der Dauphin ist vollkommen in Ordnung, Madame«, versicherte Marie ihrer Freundin Anna. »Ich war neulich bei meinen Kindern zu Besuch. Meine jüngste Tochter ist zwei Jahre älter als Euer Sohn - auch sie ist keine Plaudertasche. Das heißt aber nicht, dass diese ruhigen Kinder nichts im Kopf hätten, im Gegenteil! Sie überlegen zuerst, ehe sie reden. Und wann wäre das jemals von Nachteil gewesen?«
    Mit den beiden Schwestern Marie und Céleste redete der königliche Knabe gerne und frei heraus, doch mit Fremden wechselte er höchstens einen Gruß, ehe er aus Verlegenheit verstummte. Was hingegen bald allen am Hof auffiel, besonders den ausländischen Diplomaten, war - bei all seiner Bescheidenheit - des Thronfolgers große, natürliche Würde.
    Deutlich war diese schon zutage getreten, als die Vertreter
des Parlaments ihm erstmals kniend ihre Huldigung darbrachten. Verlegen war der damals erst Vierjährige auf seinem Thronsessel herumgerutscht und hatte sich geweigert, vor diesen älteren Herren seinen Hut aufzusetzen.
    Und jetzt verhielt es sich immer noch so: Sobald ein erwachsener Adliger sein Kinderzimmer betrat, erhob sich die kleine Majestät und entblößte das Haupt. Den anwesenden Edelmännern war dies zumeist sehr peinlich und sie baten den Thronfolger stets, Platz zu nehmen und sein Haupt zu bedecken.
     
    »Stell dir vor, was ich heute gehört habe«, platzte Céleste wutschnaubend heraus. Ihre Schwester Marie hatte sie in ihrem kleinen Salon im Louvre, in der Nähe des königlichen Kinderzimmers, aufgesucht, um mit ihr zu plaudern.
    »Eine der jüngeren Hofdamen, ein albernes Geschöpf, das nur dumm zu kichern versteht und es immer so einzurichten weiß, dass aus ihrem Dekolleté die Brustwarzen hervorlugen, sobald ein unverheirateter Edelmann in ihre Nähe kommt, hat gewagt, unseren Sonnenkönig als ›stumpfsinnigen, kleinen Idioten‹ zu bezeichnen.
    Am liebsten hätte ich dieses impertinente Weibsbild an ihren langen Haaren durch die Gänge des Louvre geschleift, um ihr den nötigen Respekt vor unserem zukünftigen König beizubringen. Was sagst du zu dieser bodenlosen Unverschämtheit?«
    Marie de Chevreuse runzelte die Stirne und überlegte.
    »Das war mit Sicherheit die kleine Gräfin Beatrice de la Tour, nicht wahr? Ihr Verhältnis mit dem Herzog de Mirabeau ist ihr eindeutig zu Kopf gestiegen. Aber es wäre besser, die geistlose Person würde ihre Zunge im Zaum halten, denn ein Wort zur Regentin und sie verschwindet vom Hof in die tiefste Provinz - wo die dumme Pute eigentlich auch hingehört.«

    Céleste verbiss sich das Lachen. Sie wusste nur zu genau, mit welcher Wut es ihre schöne Schwester erfüllte, dass der charmante und immens reiche Herzog nicht bei ihr angebissen, sondern der einfältigen, aber um vieles jüngeren Comtesse den Vorzug gegeben hatte. Sie war sicher, dass Beatrices Tage am Hof gezählt waren.
    Schließlich besaß Marie das Ohr der Königin Anna - und dies sogar ausschließlich. Marie de Hautefort hatte nämlich vor kurzem den Antrag eines Edelmanns angenommen, sich mit diesem verheiratet und den Dienst am Hof quittiert. So war der exklusive Platz an der Seite Annas für »die Chevreuse« wieder frei geworden.
    »Und ich werde dafür Sorge tragen, dass das auch so bleibt«, hatte Marie resolut verkündet. »Eine neue Konkurrentin werde ich erst gar nicht Fuß fassen lassen.«
    Die Herzogin hatte auf der ganzen Linie einen Sieg davongetragen.
     
    Die Königin genoss die Huldigungen und Komplimente sämtlicher Kavaliere bei Hofe, ohne jedoch auch nur einen davon zu erhören. Sie war zu einer reifen, blühenden Schönheit mit üppigen weiblichen Formen geworden. Ihre strahlend blauen Augen leuchteten geradezu, und wenn sie

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