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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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den Hass, dem die Pariser dabei in Form von Flüchen, Beschimpfungen und Beleidigungen Luft machten. Der Groll der Bevölkerung gegen Mazarin und die Regentin schien sehr tief zu sitzen.
    Die Musketiere erhielten die Anweisung, in die Menge zu schießen. Auf beiden Seiten gab es Tote und Verwundete, da das Volk sich mit Holzlatten, Knüppeln und Messern überraschend tapfer zur Wehr setzte.
    Céleste gelang es mit knapper Not, zurück zur Enklave der Gauner und Bettler zu gelangen, ehe die großen, eisernen Torflügel dieser mitten in Paris liegenden Festung sich schlossen, um ihre Bewohner sowohl vor Musketieren wie auch vor aufgebrachten Bürgern zu schützen. An diesem Tag - und auch am nächsten - musste der kleine König auf seine Lieblingsgouvernante verzichten.
    Das Parlament aber erhob selbstbewusst und ganz offiziell die Forderung, den vollkommen willkürlich eingekerkerten Parlamentarier freizulassen. Dies führte zu einem weiteren Wutausbruch der Regentin:
    »›Nein! Lieber erwürge ich den Mann mit diesen meinen eigenen Händen‹, hat die Königin zornig geschrien«, berichtete Madame de Motteville anderntags einigen Hofleuten. »Ich habe Ihre Majestät noch nie so wütend gesehen - und ich kenne ihren gelegentlichen Hang zum Jähzorn sehr gut.«
    »Ja, damit zerschlägt die Regentin manchmal Porzellan, das sich nur schwer wieder kitten lässt«, stellte mit besorgter Stimme ein Marquis de Labordaire fest. »Obwohl Kardinal Mazarin in der Regel alles versucht, um die Wogen wieder zu glätten.«

    »Einen kühlen Kopf braucht man in solch turbulenten Zeiten und nicht den Eigensinn einer unbeherrschten Regentin, die alles nur noch schlimmer macht«, meldete sich in diesem Augenblick die Herzogin Marie de Chevreuse mit lauter und durchdringender Stimme zu Wort. Erschrocken blickten sich die Höflinge gegenseitig an. Solch harsche Kritik aus dem Munde der »Vertrauten« der Königin?
    Niemand erwiderte etwas darauf; rasch zerstreute sich die Gruppe der Höflinge. Mochte die Herzogin auch hundert Mal recht haben: Bekanntlich war es der Ton, welcher die Musik machte - und gerade darin hatte sich »die Chevreuse« arg vergriffen.
     
    Erst als sich auch Kardinal Mazarin energisch für die Freilassung des aufmüpfigen Präsidenten der Parlamentarier einsetzte, gab Anna, wenn auch widerstrebend, nach.
    »Ich war empört, als man mir die Kommentare dieses Herrn übermittelte, die er anlässlich der Gefangennahme und des Prozesses gegen den englischen Monarchen, Karl I., abgegeben hat«, verteidigte sich die Regentin. »Die illoyale Haltung dieses Mannes spricht für sich; wenn seine antiroyalistische Einstellung auch in Frankreich populär werden sollte, dann ist es vorbei mit der Monarchie!«, grollte Anna.
    Selbst als der Gefangene aus der Bastille entlassen war, beruhigte das die aufgebrachten Massen keineswegs. Sie gaben sich nicht damit zufrieden und machten tatsächlich Anstalten, die königliche Residenz zu stürmen.
    Doch wieder einmal reagierte Anna vollkommen anders, als man erwartet hatte. Zum Entsetzen aller Höflinge und entgegen allen Bitten und Beschwörungen ihrer Berater ließ die Königin sämtliche Wachtposten vom Palais Royal abziehen.
    Darüber hinaus verkündete sie der ob dieses unerwarteten
Schauspiels fassungslosen Menge durch Herolde: »Eine Nachfahrin Kaiser Karls V. fürchtet allein Gott und sonst niemanden.«
    »Und wirklich: Diese provokante Geste verfehlte ihren Eindruck auf das Volk nicht. Die Leute beruhigten sich augenblicklich und zerstreuten sich vor dem Palais Royal«, konnte die Herzogin der besorgten Schwester am übernächsten Morgen berichten.
    Ludwigs Gouvernante hatte sich an diesem Tag bereits im Morgengrauen, verkleidet als bescheidene Bürgersfrau und begleitet von zwei Hünen aus dem Gefolge des Bettlerkönigs, zum Palast aufgemacht.
     
    Dennoch war die Regentin jetzt vorsichtiger geworden und schickte ihre beiden Söhne samt Gefolge aus der unsicheren Stadt Paris hinaus nach Rueil. Einigen Abgeordneten des Parlaments gefiel das überhaupt nicht; sie forderten die sofortige Rückkehr der Kinder, besonders die des kleinen »Sonnenkönigs«.
    Augenblicklich nahm Anna eine Abwehrhaltung ein. Sie hasste es, wenn jemand Forderungen an sie stellte. Ihr Habsburgerstolz, der zweifellos noch immer sehr ausgeprägt war, bäumte sich auf, wenn man es wagte, sie unter Druck zu setzen.
    »Der Platz des Königs ist in seiner Hauptstadt und nirgendwo sonst«, argumentierten die

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