Im Dienste Der Koenigin
versiegender Strom von Gold und Silber geflossen war, diese Kassen waren noch leerer als die geplünderten Schatztruhen der Franzosen.
Obwohl der Kardinal das wusste, war er doch Diplomat genug, um seinen Verhandlungspartner nicht zu demütigen.
An seine Geliebte Anna schrieb Jules Mazarin: »Ich sehe es keineswegs als Fehler an, dem spanischen Grande zu schmeicheln, und ich werde nicht müde, Don Luis meiner besonderen Wertschätzung seines Heimatlands Spanien und seines glorreichen Herrschers, Felipe IV., zu versichern.
Das tut mir nicht weh, kostet Frankreich nichts und bringt uns dennoch beachtliche Erfolge. So hat der Grande eben einen Vertrag unterzeichnet, der in einhundertachtzig öffentlichen Artikeln - sowie in acht geheimen Zusatzartikeln - die Vormachtstellung Frankreichs in Europa festlegt.
Spanien hat zudem im Süden das zauberhafte Roussillon und im Norden die Provinz Artois und große Teile von Flandern an uns abgetreten - was bedeutet dagegen schon unser Verzicht auf Gebiete, die Frankreich jenseits der Pyrenäen besetzt hatte? Sie wären in der Tat auf Dauer nur schlecht zu behaupten gewesen und hätten uns bloß Ärger bereitet.«
Der Kardinal war sehr stolz auf das Erreichte - und das mit Recht. Sogar seine gesundheitlichen Beschwerden, die ihm seit langem heftig zusetzten, störten ihn im Zustand seiner augenblicklichen Euphorie nicht übermäßig. »Die schmerzhaften Gichtanfälle, die meinen von unzähligen Aderlässen ausgelaugten Körper hin und wieder zu peinigen pflegen, haben mich bis jetzt Gottlob verschont«, teilte er der Königinmutter mit.
Anna vertraute Marie de Chevreuse an, dass sie sich wie eine junge Frau fühlte, die des Geliebten Rückkehr kaum noch erwarten konnte. »Jeder Tag, den ich fern von Jules Mazarin zu verbringen gezwungen bin, scheint mir ein verlorener zu sein«, gestand sie ihrer Freundin voll Inbrunst.
»Madame, ich freue mich so für Euch!« Marie meinte es ehrlich und die Königinmutter wusste das. Inzwischen verbrachten beide Frauen wieder viel Zeit miteinander, vorwiegend mit Schachspielen, Lesen und Plaudern.
Anna war es schließlich auch, die Marie über die schrecklichen Vorfälle vor neun Jahren in jener Scheune in der Île de France in Kenntnis setzte. Céleste hatte niemals ein Wort darüber verloren, obwohl sie sonst keine Geheimnisse vor der älteren Halbschwester zu haben pflegte.
»Ich denke, dass sie das Geschehene einfach vergessen möchte«, vermutete Anna.
»Die kleine, ehemals so schüchterne Céleste eine Mörderin ?« Die Herzogin war verblüfft. »Unglaublich! Was für eine mutige Tat! Ich weiß nicht, ob ich imstande gewesen wäre, diesem Verräterschwein mit einer Axt den Schädel einzuschlagen.«
»Sie hat uns zweifellos das Leben gerettet - zumindest unsere Freiheit«, sagte Anna. »Angesichts zweier Kerle, die mit
Dolch und Armbrust auf uns losgehen wollten, hätten wir keine Chance gehabt. Ich denke, sie wollten uns an die Leute der Fronde ausliefern, um das Lösegeld zu kassieren. Und was diese wiederum mit meinen Söhnen und mir angestellt hätten, das weiß allein der liebe Gott.«
»Meine Schwester ist anscheinend immer wieder für eine Überraschung gut«, meinte Marie. Anna, die ahnte, dass die Herzogin damit auf Célestes vergangene, »skandalöse« Liebesaffäre mit dem König anspielte, lief rot an vor Verlegenheit.
»Wobei nicht all ihre Taten mein ungeteiltes Wohlgefallen finden«, beeilte sich Ludwigs Mutter tugendhaft hinzuzufügen. Dann schaute sie ihrer langjährigen Freundin in die Augen und musste über deren komische Grimasse lachen.
»Was würdet Ihr erst denken, Madame, wenn Ihr wüsstet, dass meine liebe Céleste die Geliebte des Bettlerkönigs von Paris ist?«, überlegte die Herzogin amüsiert.
KAPITEL 85
NACH ABSCHLUSS DER Verhandlungen sandte Kardinal Mazarin dem König einen Sonderkurier mit der Freudenbotschaft, die Ludwig im ganzen Land verbreiten ließ:
»Frankreichs Grenzen erstrecken sich nunmehr von den schneebedeckten Flanken der Pyrenäen im Süden bis zu den fruchtbaren Ebenen Flanderns im Norden sowie zu den lieblichgrünen Hügeln des Rheins im Osten.«
Ludwig selbst strahlte nach langer Zeit wieder so, wie es seinem
Ruf als »Sonnenkönig« angemessen war. Als er allerdings erfahren musste, dass sein Oheim und künftiger Schwiegervater darauf bestanden hatte, dass seine Tochter Maria Teresa bei ihrer Heirat mit ihm auf alle Erbansprüche auf die Krone Spaniens zu verzichten
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