Im Dienste Der Koenigin
dass Ludwig XIV. und seine Mutter sich in dieser Stadt mit dem Fürsten von Savoyen treffen wollten.
Aber weshalb dieser Besuch mitten in dieser unfreundlichen Jahreszeit? Was war so dringend, dass es unbedingt jetzt besprochen werden musste? Dann dämmerte es einigen. Besaß dieser Aristokrat nicht eine heiratsfähige, sehr ansehnliche Tochter mit Namen Margaretha?
Umgehend begann es in der Gerüchteküche zu brodeln, wobei sich Marie als eine der rührigsten Klatschbasen betätigte. Sie unterstützte eine mögliche Eheschließung des Königs mit der Savoyerin von ganzem Herzen, glaubte sie doch tatsächlich, man sei auf ihre Bedenken hinsichtlich erbkranken Nachwuchses eingegangen.
Als man schließlich in Lyon das junge Paar in vertrautem Gespräch beisammen sah, schienen alle Zweifel ausgeräumt: Eine Heirat Bourbon-Savoyen stand unmittelbar bevor!
Wer ahnte schon, dass Frankreichs Erstem Minister keineswegs eine Ehe zwischen seinem Patensohn und der kleinen Margaretha vorschwebte? Kardinal Mazarins und Annas Pläne reichten sehr viel weiter. Sie hatten ihren ursprünglichen Wunsch, Ludwig mit der bedeutenden Habsburgerin aus Madrid zu vermählen, noch lange nicht begraben. Als erstes ließ der Kardinal seine Agenten von Lyon aus über die spanische Grenze reiten. Und in Kürze hatte jeder am Hof in Madrid die Kunde vernommen, dass der französische König beabsichtige, die Prinzessin von Savoyen zur Gemahlin zu nehmen.
Philipp IV. horchte auf. Der von unbändigem Stolz erfüllte Monarch hatte alle Heiratspläne, die ihm Jules Mazarin unterbreitet
hatte, hochmütig abgelehnt. Seine Tochter sollte nicht die Lückenbüßerin sein für eine unbedeutende Italienerin namens Mancini, die »dieser verliebte, dumme Junge« zu ehelichen gehofft hatte - und jetzt doch nicht bekam.
Aber Stolz und Vernunft waren zweierlei. Anscheinend beabsichtigte der französische Monarch in der Tat, die Prinzessin aus dem Hause Savoyen zu heiraten. Das wäre allerdings schlecht, sehr schlecht - für Spanien.
Auch Philipp erkannte inzwischen deutlich, dass er den Krieg mit seinem nördlichen Nachbarn nicht mehr länger weiterführen konnte. Ein Frieden musste geschlossen werden, sollte sein Land nicht noch mehr verelenden. Und ein anständiger Friedensschluss wurde traditionell mit einer Heirat besiegelt.
»Noch ein weiteres Jahr Krieg und unsere Staatskasse wäre völlig ausgeplündert«, jammerte der spanische Monarch seinen Beratern vor. »Ohne das nötige Geld können wir keine Söldner anwerben, die sich für Habsburg das Fell über die Ohren ziehen lassen. Meine Minister drängen mich schon lange zu einem Friedensschluss mit Ludwig von Frankreich, und mein Volk hungert bereits erbärmlich.«
Ob es ihm passte oder nicht, jetzt war es der hochmütige König von Spanien, der klein beigeben und sich um die Eheschließung Bourbon-Habsburg bemühen musste.
Kardinal Jules Mazarin war bald darauf der Triumph beschieden, dass sich ein Abgesandter aus Madrid in aller Heimlichkeit bei ihm in Lyon melden ließ, um ihm einen Brief von Seiner Katholischen Majestät, Rey Felipe IV., zu überbringen. Darin bat dieser beinahe demütig um die Aufnahme von Verhandlungen über eine Heirat mit dem französischen Monarchen.
KAPITEL 84
KÖNIGIN ANNA UND Kardinal Mazarin waren sehr zufrieden damit, wie die Angelegenheit sich entwickelte. Alles lief nach Plan. Nur Ludwig XIV. war tief betroffen: Durch die Indiskretion eines Höflings hatte er nämlich vom Lebenswandel seiner ehemaligen Geliebten, Donna Maria Mancini, erfahren.
Maria hatte unmittelbar nach ihrer Trennung von ihm den Konnetabel di Colonna geheiratet, einen Angehörigen eines der ältesten und berühmtesten italienischen Adelsgeschlechter.
»Als man ihm die Höhe der Mitgift mitteilte, verflüchtigten sich seine Einwände gegen die ›Zumutung‹, die abgelegte Geliebte des französischen Königs zu übernehmen«, wusste Donna Hortensia Mancini, eine weitere Schwester Marias, zu berichten. »Und Colonnas Überraschung war beträchtlich, als er in der Hochzeitsnacht erfreut feststellen durfte, dass seine Frau sich ihre Jungfräulichkeit bewahrt hatte.«
Nach den Worten Hortensias war der junge Ehemann von dieser Tatsache so entzückt, dass er seiner Gemahlin fortan erlaubte, ein freies Leben »ganz nach ihrem Willen« zu führen, da er sicher war, sie würde »keinen unrechten Gebrauch« davon machen. Sein Vertrauen beliebte Maria bald darauf zu missbrauchen, indem sie begann, sich
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