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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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regelmäßig zu schreiben und sie so wenigstens indirekt am Hofleben teilhaben zu lassen, war imstande, ihren Schmerz zu lindern.
     
    Anna verbarg den Kummer über die abermalige Trennung von Marie de Chevreuse tief in ihrem Herzen. Dass ausgerechnet sie ihr solches Leid bescherte, wo die Zeiten sich doch endlich zum Guten gewendet hatten, das konnte sie nicht begreifen. Mit keinem einzigen Wort erwähnte sie die Herzogin und niemand am Hof wagte es, in ihrer Gegenwart auch nur den Namen der Verfemten laut auszusprechen.
    Der alte Herzog de Chevreuse, Monsieur Claude de Lorraine, war traurig, erneut auf seine Gemahlin verzichten zu müssen. Er hatte ihr vor der Abfahrt versprochen, sie so oft wie möglich an ihrem Verbannungsort aufzusuchen.
    Céleste aber war noch immer schrecklich wütend auf ihre Schwester und deren lose Zunge. Zudem ahnte sie, dass Anna ungeheuer unter dem »Verrat« litt, wie sie insgeheim die unverschämte Äußerung Maries nannte.

KAPITEL 86
    GANZ FRANKREICH VERFIEL in jenem Frühling des Jahres 1660 in einen wahren Freudentaumel: Endlich sollte der lang ersehnte Friede einkehren!
    König Ludwigs Gefühle hingegen waren zwiespältig. Obgleich in hochgespannter Erwartung, wie die Begegnung mit seiner spanischen Braut verlaufen würde, hatte der Monarch seinen Liebeskummer um Maria Mancini noch keineswegs überwunden.
    »Aber da das Volk mich, seinen Herrscher, so laut bejubelt, bin ich bereit zu tun, was offenbar alle Welt von mir erwartet«, ließ er seinen Untertanen resigniert mitteilen.
    Ein wahrer Lindwurm von geschmückten Karossen mit Hunderten von prächtig ausstaffierten Kavalieren und aufgeputzten Damen begab sich auf die Reise in den Süden. Seit Wochen hatte im Land bei Schustern, Schneidern, Friseuren, Kürschnern, Perückenherstellern, Handschuhmachern, Juwelieren, Hutmachern und Spitzenklöpplerinnen Hochbetrieb geherrscht. Besonders gefragt waren auch alle jene gewesen, die etwas davon verstanden, Duftwässerchen, Hautcremes und Schminke herzustellen.
    Jeder wollte besonders schön sein und alle hatten dasselbe Ziel: den Ort, an dem das denkwürdige Ereignis stattfinden sollte.
    Am 6. Juni 1660 würden sich der zweiundzwanzigjährige König und seine ebenso junge Braut in San-Juan-de-Luz, einem ziemlich unbedeutenden Städtchen nahe der spanischen Grenze, das Jawort geben.
    Der Bräutigam war zu seinem eigenen Erstaunen nicht einmal unzufrieden, als er der auffallend kleinen, schüchternen
und wenig attraktiven Blondine, die ihn mit großen, blauen Augen anhimmelte, zum ersten Mal begegnete.
    Maria Teresa war wohlproportioniert, aber ohne Zweifel »zwergwüchsig«. Königin Anna musste unwillkürlich, als sie ihre Nichte zum ersten Mal sah, an die Äußerungen Maries über mögliche Schäden bei Nachkommen zu naher Verwandter denken.
    Aber die Ärzte, die sie insgeheim konsultiert hatte, versicherten ihr glaubwürdig, die kleine Prinzessin könne dennoch »ganz normale« Kinder zur Welt bringen. Das allein zählte.
    Als die winzige Braut dem stattlichen, jungen Mann vorgestellt wurde, errötete sie verschämt. Neben ihm kam sie sich sehr unbedeutend vor - worüber Ludwig nicht unbedingt traurig war. Hatte er doch - allen gegenteiligen Beteuerungen der Befürworter dieser Heirat zum Trotz - bei der Tochter Philipps IV. mit einem eingebildeten, verwöhnten Geschöpf gerechnet.
    Daher war er recht zufrieden, eine bescheidene und, wie es aussah, leicht lenkbare Gemahlin zu erhalten.
    Ausgesprochen dumm schien das Mädchen auch nicht zu sein - eine Tatsache, die er ebenfalls mit Erleichterung registrierte: »Mit einer gescheiten Frau lässt es sich mit Sicherheit besser auskommen als mit einer bornierten«, war Ludwigs Meinung, die er nicht zögerte, seiner Mutter kundzutun; seine zukünftige Gemahlin hatte sich nämlich vertraulich an ihn gewandt und dabei eine gute Portion Lebensklugheit bewiesen:
    »Sire«, hatte die kleine Prinzessin nüchtern, ohne besondere Gemütsregung, festgestellt, »uns hat nicht das Verlangen unserer Herzen zusammengeführt, sondern das Interesse unserer Nationen. Ich erwarte daher keine Liebe von Euch. Aber ich bitte Euch, mir immer Respekt zu erweisen. Darüber hinaus ersuche ich Euch, mich niemals zu verstoßen.«

    Dieser Wunsch erschien dem König nur recht und billig und er konnte es ihr guten Gewissens versprechen.
    »Selbst wenn sein Herz und seine Leidenschaft anderen Frauen gehören sollten, wird er die Spanierin stets mit Achtung und

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