Im Dienste Der Koenigin
hatte, verging ihm für eine Weile das Lächeln. Mit gerunzelten Brauen verlangte er seinen Taufpaten zu sehen.
Trotz seiner in letzter Zeit stärker gewordenen Kurzatmigkeit beeilte sich der Kardinal, vor dem Herrscher zu erscheinen.
»Warum um alles in der Welt habt Ihr denn diesen kritischen Passus aus dem Vertragswerk nicht auszuklammern vermocht, Monseigneur?«
»In diesem Punkt, Sire, ist Euer Schwiegervater leider nicht zu Zugeständnissen bereit gewesen. Hätte ich weiter darauf beharrt, wären die Verhandlungen insgesamt gescheitert«, verteidigte der Kardinal sein Werk. »Aber, Majestät, es ist mir gelungen, eine Klausel in den Vertrag einzufügen, die diese heikle Vereinbarung de facto unwirksam werden lässt.«
Mazarin zwinkerte dem jungen Monarchen dabei listig zu.
»Sprecht, Monseigneur, was hat es mit dieser Klausel auf sich?« Ludwigs Augen funkelten vor Neugierde.
»Der spanische Herrscher muss seiner Tochter eine Mitgift in Höhe von sage und schreibe einer halben Million Goldtaler übergeben, Sire. Und erst wenn dieser ungeheure Betrag zur Gänze aufgebracht ist, erlangt der Verzicht auf ihre Thronansprüche seine Gültigkeit.«
»Was in der Realität bedeutet: Niemals!« Der französische König, der nicht schwer von Begriff war, schmunzelte. »Wie sollte ein völlig ausgeblutetes Land eine solche Riesensumme aufbringen können? Ihr seid ein Genie! Wie es aussieht, hat Philipp IV. keinen männlichen Erben für sein Reich. Seine
Gemahlin Marianna hat bis jetzt bloß tote Knaben zur Welt gebracht.«
Ludwig umarmte zufrieden seinen Ersten Minister, Ratgeber und Patenonkel.
»Das sind wirklich wunderbare Aussichten, Madame«, setzte der König auch seine Mutter, die nach dem Kardinal das Gemach betreten hatte, ins Bild. »Philipp kann höchstens ein Fünftel der versprochenen Mitgift auszahlen und, wie es aussieht, erbt nach seinem Tod Maria Teresa sein Land und die Krone Spaniens. Es besteht also die berechtigte Hoffnung, dass die Länder Spanien und Frankreich eines ferneren Tages unter einer Krone, nämlich der französischen, vereinigt werden.«
Anna war einfach nur glücklich. Vergessen waren die langen Jahre des Unglücks und der Demütigungen durch ihren Gemahl, vorbei auch die schlimmen, ja mörderischen Zeiten der Fronde!
»Alles hat sich zum Positiven gewendet«, jubelte Anna, als sie das nächste Mal mit Marie beisammensaß. »Ich besitze einen geliebten Mann, der mich auf Händen trägt, ja, der mich geradezu anbetet. Und mein ältester Sohn sitzt unangefochten als König auf Frankreichs Thron. Was sollte ich mir Besseres wünschen?«
Marie pflichtete der Freundin bei. Jetzt hatte der Kardinal auch noch den Frieden mit Spanien, Annas Heimatland, ausgehandelt. Dass als Preis dafür ihr Sohn die Tochter ihres Bruders heiraten musste, gefiel der Herzogin aus den bekannten Gründen zwar nicht; aber sie sagte an diesem Tag nichts dazu, um der Königin nicht die Freunde zu verderben:
Ein Traum - Annas Traum - war in Erfüllung gegangen. Die Versöhnung mit ihrem Bruder Philipp lag greifbar nahe.
Doch schon ein paar Tage später fiel ein Schatten über die vollkommene Harmonie, in der Anna sich erstmals in ihrem Leben mit ihrer Umwelt glaubte. Diesen Schatten verursachte ausgerechnet Marie, die im Kreise der Hofdamen das Wort ergriff und während eines Spaziergangs in den Gärten des Palais Royal abfällig äußerte:
»So großartig, wie jetzt alle tun, ist der ganze Friedensvertrag doch gar nicht.«
»Ach?«, mischte sich Madame de Motteville verärgert ein, »welches Haar beliebt Ihr denn jetzt schon wieder in der Suppe zu finden, Madame la Duchesse?«
»Die Gebietsgewinne Frankreichs interessieren doch keinen Menschen wirklich«, gab diese schnippisch zur Antwort. »Die Franzosen werden nicht davon satt, weil es jetzt auf einmal mehr von ihnen gibt. Und den ehemaligen Spaniern geht es auch nicht besser, weil sie jetzt einem französischen König Steuern zahlen dürfen, oder?«
Den Hofdamen und Königin Anna verschlug es die Sprache.
»Und ob die Heirat mit dieser entschieden zu nahe verwandten Habsburgerin eine glückliche Lösung ist, muss sich erst noch herausstellen«, fuhr die Herzogin de Chevreuse ungeniert fort, ohne sich um die versteinerte Miene Annas und die abwehrenden Gesten ihrer Schwester Céleste zu kümmern.
»Bei solcher Inzucht muss man ernsthaft mit verblödeten Nachkommen rechnen. Da nützt es auch nichts, vorher den Dispens vom Papst einzuholen - wie
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