Im Dienste Der Koenigin
Céleste indes fort, ohne auf Maries »Sorgen« einzugehen. »Noch immer würde man sie am liebsten ganz aus dem Stammbaum streichen.«
Marie de Chevreuse war auch begierig zu erfahren, was ihre Schwester von der jungen Braut, die sie nur als unscheinbares, kleines Mädchen gekannt hatte, zu berichten wusste. Sie war überrascht, denn damals, als sie sich in Spanien aufhielt,
deutete noch nichts auf die Zwergwüchsigkeit Maria Teresias hin. Die Kleine war ein in jeder Hinsicht unauffälliges Kind gewesen.
»Mein Vorbehalt gegen eine Heirat unter so nahen Verwandten war also nicht unberechtigt«, stellte sie nicht ohne eine gewisse Befriedigung fest. »Nicht, dass es mir Freude bereitet, recht gehabt zu haben mit meiner Warnung; aber es stellt sich doch in der Tat die Frage: Wie mögen wohl Ludwigs Kinder einmal aussehen?« Bei den letzten Worten klang echte Sorge in Maries Stimme mit.
Céleste war aber nicht bereit, darüber zu spekulieren.
»Das Wichtigste, Marie, ist doch: Was hält Ludwig von seiner Braut und seinem stolzen Schwiegervater? Und da muss ich sagen, unser König findet allem Anschein nach seine Braut recht passabel. Ihre mangelnde körperliche Größe scheint ihn nicht zu irritieren.
Selbst den übertriebenen Pomp des strengen, spanischen Hofzeremoniells und das leicht aufgeblasene Auftreten seines Oheims Philipp fand Ludwig eher erheiternd als störend. Mehr als einmal musste Seine Majestät sich nicht nur das Lachen, sondern auch eine spöttische Bemerkung verkneifen.
›Nichts ist näher beieinander als das Erhabene und das Lächerliche‹, habe ich Ludwig einmal murmeln hören, als er Zeuge wurde, wie sklavenhaft unterwürfig ein spanischer Grande seinen Monarchen begrüßte.
Von der Kleidung seiner Braut aber war der König - und nicht nur er - sichtlich befremdet. Ich denke, die junge Königin wird sich bald der französischen Mode anpassen und ihre dunkle, spanische Hoftracht mit dem starren, engen Mieder und dem geradezu grotesk ausladenden Reifrock ablegen müssen. Dieses Ding ist in höchstem Maße unpraktisch. Die
junge Königin vermag nur seitlich durch eine Tür zu schreiten...
Auch die Frisur mit der freien Stirn und den seitlich toupierten Haaren wirkt höchst merkwürdig. Wie seltsame Quasten fallen einige Strähnen der Prinzessin über die Ohren. Alle finden, dass die Kleine damit einer übergroßen Fledermaus ähnelt.
Königin Anna war leicht schockiert, als sie den sonderbaren Aufzug ihrer künftigen Schwiegertochter zu sehen bekam - obwohl sie selbst einst als Vierzehnjährige ähnlich geschmacklos hergerichtet gewesen sein soll. Sie befürchtete, ihr Sohn könne im letzten Augenblick noch einen Rückzieher machen.
Ludwig versicherte ihr jedoch, dass ihn derartige Äußerlichkeiten nicht davon abhalten würden, seine zukünftige Braut zu lieben.«
»Da ist Anna gewiss ein Stein vom Herzen gefallen.« Marie war beruhigt. »Noch so ein Ehedrama, wie sie selbst es mit Ludwig XIII. erlebte, würde sie wohl nicht mehr überstehen …«
»Die Infantin sieht ja eigentlich auch ganz niedlich aus, wenn du mich fragst - beileibe keine strahlende Schönheit, aber sie verfügt immerhin über eine reine, weiße Haut und silberblondes Haar.«
»Dann muss die Kleine bloß noch ihre Pflicht tun und Kinder bekommen«, ergänzte Marie. »Dann wird sie kein allzu schlechtes Leben in der Fremde führen müssen.«
KAPITEL 87
BALD KONNTE KARDINAL Mazarin mit Genugtuung feststellen, dass noch kein einziger Sou von der vereinbarten Mitgift bezahlt worden war - ganz, wie er es erwartet hatte.
»Das bedeutet, dass nach dem Tode meines Bruders die Chance für meine Schwiegertochter Maria Teresa, die Krone Spaniens zu erben und mit derjenigen Frankreichs zu vereinigen, immer größer wird. Es scheint mir doch so zu sein, mon Ami, dass sich die fünfmonatigen Verhandlungen zwischen Euch und Don Luis de Haro gelohnt haben«, lächelte Anna und blickte stolz auf ihren Geliebten. Nahezu kein Schatten schien ihr momentanes Glück zu trüben - bis auf den schlechten Gesundheitszustand ihres Geliebten. Tatsächlich war Mazarin so schwach gewesen, dass er sich sogar außerstande sah, das junge Paar auf seiner Hochzeitsreise quer durchs Land zu begleiten. Mit großem Bedauern malte er sich zu Hause aus, was dem reisenden Hofstaat unterwegs wohl begegnen mochte - ähnlich seiner ärgsten Gegnerin Marie, die an Célestes Lippen hing und der Schwester jedes noch so unwichtige Detail der königlichen
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