Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
Vom Netzwerk:
ihres verstorbenen Gemahls geerbt und war für deren Verwaltung verantwortlich.
    »Es ist ein Trauerspiel, aber die Wahrheit ist, dass die meisten meiner Bauern unterernährt sind«, beklagte sie sich.
    Die Lage in den Städten war indes kaum besser; die Bevölkerung darbte aller Orten, die Wirtschaft lag darnieder und die Staatsschulden stiegen mit jedem Tag. Aller Augen richteten sich auf den König; man harrte voll Spannung seiner Lösung der Probleme.

KAPITEL 93
    MARIE DE CHEVREUSE sonnte sich förmlich im Glanz ihrer wiedererlangten Wichtigkeit und Céleste gönnte ihr das Vergnügen. Sie sah sogar über das seit neuestem recht geheimniskrämerisch anmutende Benehmen der Schwester hinweg. Wie es schien, erhielt die Chevreuse häufig Besuch von einer männlichen Person - über deren Identität sie aber standhaft jede Auskunft verweigerte.
    »Soll Marie ruhig Geheimnisse vor mir haben, wenn sie glaubt, sich dann besser zu fühlen«, dachte die Comtesse de Rollande. »Irgendwann erfahre ich ja doch alles.«
     
    Den Frühling und Sommer 1662 verbrachte das Königspaar in Fontainebleau und jedermann hatte Gelegenheit, die junge Königin genau zu beobachten. Und was sie sahen, gefiel den wenigsten. Königin Anna, die ebenfalls aus Spanien gekommen war, hatte sich nach ihrer Hochzeit mit Ludwig XIII. alsbald den französischen Gepflogenheiten angepasst, aber ihre Nichte Maria Teresa blieb Spanierin.
    Ihr Französisch war holprig und ihr Akzent so stark, dass man sie kaum verstand. Sie konnte sich auch nicht mit der französischen Küche anfreunden, sondern bevorzugte stark gewürzte Speisen aus Spanien und Mexiko. Man empfand die Königin als unattraktiv, zwergenhaft klein, entsetzlich altmodisch, sowie - und diese Kritik war am Hof beinahe tödlich - über die Maßen langweilig.
    »Geistlosigkeit bei einer Frau kann man ja vielleicht noch unter bestimmten Umständen verzeihen, zumal wenn diese mit exquisiter Schönheit gepaart ist«, meinte abfällig ein für sein Lästermaul bekannter Höfling, »aber diese bedrückend
dumpfe, spanische Frömmelei, die Ihre Majestät am französischen Hof einzuführen versucht, ist einfach unerträglich.«
    Den allermeisten sprach der Mann damit aus dem Herzen.
    Sobald Maria Teresa nicht mit ihren zahlreichen Hunden, die sie aus dem Escorial mitgebracht hatte, spielte, war sie beim Beten, in einer Messe oder sie suchte die spanischen Karmeliterinnen in der Rue de Bouloi auf.
    Über ihre maßlose Frömmigkeit mokierte sich nicht nur der Hof - auch ihren Gemahl Ludwig machte sie damit allmählich verdrießlich. Der König ging seiner bigotten Gemahlin mehr und mehr aus dem Weg und suchte Trost in den Armen seiner Lieblingsmätresse. Ihm reichten schon die »Predigten« seiner Mutter, die seine Liebschaften gar nicht befürwortete und gern ab und an ein paar mahnende Worte ob seines »losen Lebenswandels« fallen ließ.
    »Madame«, verkündete eines Tages der Herrscher seiner Maman kühl, »ich bin ein Mann von dreiundzwanzig Jahren und erwarte mir ein wenig mehr vom Leben als Reue, Buße und Verzicht.«
     
    Große Sorgen bereitete ihm allerdings sein Bruder Philippe. Dieser, zwei Jahre jünger als er, war ein äußerst hübscher und zierlicher Knabe gewesen, der es auch später als junger Mann noch liebte, sich als Mädchen zu verkleiden.
    Je älter Philippe wurde, desto deutlicher zeigte sich seine ungewöhnliche Veranlagung. Zu Ludwigs und Annas Kummer begann »Monsieur«, Männer zu seinen Günstlingen zu machen, die allen möglichen Lastern ergeben waren. Als Philippes erste Gemahlin Henriette gestorben war, bemühte man sich, schleunigst eine andere Frau für ihn zu suchen, um dem böswilligen Gerede am Hof und in Paris jede Grundlage zu
entziehen. Man fand sie schließlich in der nicht besonders attraktiven, aber intelligenten und etwas derben Madame Charlotte Elisabeth - genannt »Lieselotte« - von der Pfalz.
     
    Der Glücksstern, der vorübergehend über dem französischen Königshaus schwebte, schien schon wieder im Sinken begriffen zu sein:
    Am 6. November 1661 war die zweite Gemahlin des spanischen Königs nach etlichen Fehl- und nicht lebensfähigen Frühgeburten mit einem weiteren Sohn niedergekommen, der dieses Mal gesund genug erschien, das Kleinkindalter zu überleben.
    Philipp von Spanien war unendlich froh und erleichtert, seinem Land doch noch einen Erben beschert zu haben - er war immerhin schon sechsundfünfzig Jahre alt, müde und gebrechlich; angeblich

Weitere Kostenlose Bücher