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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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fühlte er bereits sein Ende nahen.
    Als die Nachricht von der Geburt des spanischen Infanten in Paris eintraf, hielt sich die Begeisterung dort verständlicherweise in Grenzen. Der französische König hatte bereits fest damit gerechnet, das Nachbarland Spanien seinem Reich einverleiben zu können - war Philipp IV. doch nicht in der Lage, die Mitgift für seine Tochter Maria Teresa zu bezahlen.
    »Da kann unser König Ludwig nur hoffen, dass der kleine, spanische Thronfolger, der einen etwas zu groß geratenen Kopf haben soll, doch nicht so kräftig ist, wie man immer behauptet hat«, meinte Marie de Chevreuse bedeutungsvoll zu Madame de Motteville. Es gab sogar Stimmen in Paris, die wissen wollten, der spanische Infant leide an einem Wasserkopf …
    Anna war in ihren Gefühlen hin- und hergerissen. Einerseits hätte sie ihrem Sohn Ludwig den Triumph gegönnt, einst
auch über Spanien zu herrschen, andererseits freute sie sich für ihren Bruder Philipp und dessen junge Frau, dass sie Eltern eines Knaben geworden waren.
     
    Zwei Jahre nach der Hochzeit erlitt Ludwigs Gemahlin Maria Teresa eine Fehlgeburt und seine Mutter Anna begann im gleichen Jahr 1662 ernsthaft zu erkranken. Mit Unwohlsein, Übelkeit und beständigem Ziehen in der Brust hatte es begonnen. Allmählich wurde aus dem Ziehen ein bohrender Schmerz.
    Als erster ihrer Gesellschaftsdamen schilderte die Königin ihrer langjährigen Vertrauten, Marie de Chevreuse, ihre Beschwerden und auch deren vermutliche Ursache: Eine Verhärtung in der linken Brust. Die Freundin war zutiefst erschrocken, als Anna eines Tages ihren Busen vor ihr entblößte und auf die betreffende Stelle wies: Die Brustwarze war eingezogen, die ganze linke Brust schien angeschwollen und fühlte sich außerdem sehr heiß an, als befinde sich ein Entzündungsherd im Gewebe.
    »Was sagen Eure Ärzte dazu, Madame?«, wollte Marie wissen und ihr graute bereits vor der Antwort. Aber die Hofmedici hüteten sich, die Überbringer schlechter Nachrichten zu sein und hatten etwas von einer »harmlosen Brustdrüsenentzündung« erzählt, die sie bald schon im Griff haben würden.
    Die üblichen ärztlichen Methoden - wie Aderlass, Darmeinläufe und Kompressen mit dem Saft des Schierlingskrauts oder mit Schlangengift - nützten jedoch kaum. Vor allem ließen sie die Patientin zusätzlich und unnötig leiden. Bald konnte sie ihren linken Arm, der im Laufe der Zeit geradezu monströs anschwoll, kaum noch bewegen.
    Da die Schmerzen immer heftiger in der betroffenen Brustseite tobten und Anna zuletzt vor Qual nur noch wimmerte,
wenn die Wirkung des Opiums nachließ, erwogen die Leibärzte schließlich das Für und Wider einer riskanten Operation. Aber so lange wie möglich wollten sie versuchen, dem Leiden auf andere Weise beizukommen.
    Schließlich empfahlen sie eine Badekur in Südfrankreich. Und tatsächlich! Anna fühlte sich danach viel besser. Der Arm war wieder beweglich, die Schwellung war weitgehend zurückgegangen. Das Thema Operation wurde von den Hofärzten vorerst nicht mehr angesprochen. Ludwig und Marie waren die Ersten, die Anna nach dieser Entwarnung gratulierten und die sichtlich abgemagerte Königinmutter in die Arme schlossen.

KAPITEL 94
    MARIE DE CHEVREUSE hatte ihre Schwester Céleste aufgesucht, mit der es gesundheitlich ebenfalls nicht zum Besten stand. Ein schlimmer und äußerst hartnäckiger Husten quälte sie, sowie rätselhafte Fieberanfälle. Obwohl sie die meiste Zeit im Bett verbrachte, sah sie noch immer erstaunlich gut aus.
    »Wie schaffst du es bloß, mit Ende fünfzig noch so alterslos zu wirken, Céleste?«
    In Maries Stimme mischte sich leise aber unüberhörbar ein gewisser geschwisterlicher Neid. Die einst so bezaubernd schöne Herzogin war plump und unansehnlich geworden und selbst das straffste Mieder vermochte ihre Rundungen nicht mehr einzudämmen.
    Das Attraktivste an ihr waren zweifellos ihre großen, immer
noch strahlenden, meergrünen Augen. Das übrige Gesicht hatte seine einstige Schönheit verloren und dies nicht etwa der Falten wegen: Dicke, erschlaffte Pausbacken, eine grobporige Nase und ein wabbelndes Doppelkinn hatten so ziemlich jeden Liebreiz darin ausgelöscht.
    »Ach, lass nur Marie. Ich weiß selbst, wie ich aussehe«, widersprach Céleste. »Weil mein weißes Haar noch voll ist und meine Augen noch so reizvoll blau schimmern wie zu meiner Jugendzeit, bedeutet das keineswegs, dass sich die Verehrer noch um mich reißen. Außerdem habe ich in

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