Im Dienste Der Koenigin
eine Fehlgeburt. Der König tobte.
»Jeglicher Vernunft unzugänglich, behauptet er doch allen Ernstes, die Königin hätte den Abbruch absichtlich herbeigeführt«, empörte sich Marie de Luynes gegenüber ihrer Schwester Céleste. »Eine Behauptung, die nicht nur perfid, sondern völlig absurd ist! Gerade Anna hat sich dieses Kind mehr als alles andere gewünscht. Bedeutete es doch ihre Existenzberechtigung am Hofe Frankreichs. Als Mutter eines Dauphins hätte sie auch mehr persönliche Rechte und gewisse Freiheiten erlangen können, die der König ihr jetzt umgehend verweigern wird.«
Marie beurteilte das Ganze leider richtig. Und es kam noch schlimmer: Ludwig ließ keine Gelegenheit aus, seine knapp dem Tode entronnene, gerade einmal achtzehn Jahre alte Gemahlin noch über den Verlust ihres Kindes hinaus zu quälen.
Als einige Zeit nach ihrer Fehlgeburt ihr Vater, König Philipp
III. von Spanien, schwer erkrankte, bat Anna im Beisein Maries ihren Gemahl darum, König Philipp an seinem Krankenbett im Escorial in Madrid aufsuchen zu dürfen. Ludwig beschied sie mit einem kurzen »Nein, Madame! Ihr bleibt in Frankreich!«
Marie glaubte zunächst, sich verhört zu haben. Das konnte der König doch nicht ernst meinen! Falls ihr eigener Vater auf dem Sterbebett läge, würde nichts und niemand sie daran hindern, ihre Pflicht als gute Tochter zu erfüllen. Selbst wenn sie sich dazu gegen ihren Gatten stellen müsste.
Aber was tat Anna? Still und ergeben neigte sie das Haupt und sprach nicht wieder davon - auch wenn ihr die Tränen in den Augen standen. Selbst als der spanische König gestorben war, gab Ludwig XIII. ihr nicht die Erlaubnis, zum Begräbnis nach Madrid zu reisen. Wohlmeinende Höflinge setzten eilig das Gerücht in die Welt, der französische Monarch hätte dies aus Sorge um Annas angeschlagene Gesundheit getan. Bald sollten sie eines Anderen belehrt werden.
Nach einigen Wochen - die Königin war inzwischen wieder wohlauf - untersagte er ihr nämlich ohne jede Erklärung die Teilnahme an der Inthronisation Philipps IV., ihres Bruders.
Anna litt entsetzlich unter dieser unverständlichen Grausamkeit, sah aber keine Möglichkeit, sich dem Willen ihres Gemahls zu widersetzen; und Marie, die zwar ungemein empört war, sah sich jedoch außerstande, einzugreifen. Ludwig hatte sich in der Zwischenzeit wieder ganz seinem Favoriten de Luynes zugewandt, den er mit Beweisen seiner Gunst geradezu überschüttete.
Zumindest für Charles d’Albert war nach kurzer Zeit alles wieder im Lot.
Was Anna betraf, konnte davon keine Rede sein: Noch immer trug sie schwer an dem Geschehenen. Weder körperlich
noch seelisch hatte sie ihre Fehlgeburt verwunden und die Gemeinheiten Ludwigs trafen sie daher umso härter. Allzu deutlich erkannte sie den wahren Charakter des Königs. Er hatte ihr seine Liebe lediglich vorgegaukelt. Anna litt unbeschreiblich.
KAPITEL 16
ENDE DES JAHRES 1619 machte Marie eine Entdeckung, die sie erst einmal aus der Bahn warf: Sie war schwanger.
»Ich bin noch viel zu jung«, zeterte sie wütend in Gegenwart von Céleste und verzog dabei missmutig ihr hübsches Gesicht zu einer weinerlichen Grimasse. »Ich möchte mein Leben als Hofdame der Königin noch genießen, vor allem die zahlreichen Jagden und Reitausflüge in der herrlichen Umgebung von Paris. Tanzen will ich und mich schön machen, um von allen bewundert zu werden! Und was ist jetzt?
Dick und kugelrund werde ich sein und monatelang vom Louvre entfernt. Kein Hahn wird nach mir krähen! Einsam und allein werde ich eine dieser verbitterten Ehefrauen werden, die Jahr für Jahr ein Kind zur Welt bringen müssen und deren Leben schon zu Ende ist, ehe es überhaupt begonnen hat.«
Céleste erschienen die Klagen Maries reichlich übertrieben.
»Alle verheirateten Frauen kriegen nun mal Kinder und du kannst froh sein, dass du nicht schon längst schwanger geworden bist - bei dem ausschweifenden Liebesleben, das du führst, Marie. Diese neun Monate werden auch vergehen
und dann kehrst du an den Hof zurück, schöner und strahlender denn je. Eines vor allem vergiss nicht: Du hast dann deine Pflicht erfüllt, indem du deinem Ehemann ein Kind geschenkt hast.
Und damit es nicht gleich wieder passiert - dafür wirst du dann schon Vorsorge treffen, nicht wahr?«
»Ich könnte mir sämtliche Haare ausreißen, dass ich das nicht schon eher getan habe«, maulte die junge Herzogin. Aber der altklugen Céleste war es immerhin gelungen, die
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