Im Dienste Der Koenigin
Nervosität zu stottern beginnen, wie Ludwig es häufig tut, wenn er überraschend das Wort ergreifen muss. Diese Eigenart hat er, wie die Hofleute hinter vorgehaltener Hand sagen, von Kindheit an.«
Ihre Unterhaltung wurde jäh unterbrochen. Monsieur Lambert, ihr Hofmeister, meldete der Herzogin die Ankunft ihres Gatten, des Herzogs Claude de Lorraine-Chevreuse. Céleste schlüpfte geschwind durch eine geheime Tapetentür des Salons und verließ den Raum. Sie wusste, dass der neue Ehemann ihrer geliebten Marie es nicht gerne sah, wenn diese sich mit dem »Krüppel« abgab.
Irgendwie schien er die absurde Idee zu hegen, seine wohlgestalte Gemahlin könne sich »anstecken«. Der Herzog selbst mied jeden Kontakt mit Behinderten aller Art - glaubte er doch wie so viele, diese wären ihrer eigenen oder ihrer Eltern Sünden wegen von Gott »gezeichnet«.
Dass seine Frau obendrein darauf bestand, die Schwester in ihrem Boudoir nächtigen zu lassen, hatte ihn anfangs sehr irritiert; aber er musste sich wohl oder übel damit abfinden. Maries erster Eindruck hatte sich indes bestätigt und ihr lag überhaupt nichts an ihrem zweiten Gatten - ganz anders als bei Charles d’Albert, an den sie immer noch oft dachte.
Die meisten Höflinge hatten sich darüber echauffiert, dass Maries Trauer um ihn nicht von allzu langer Dauer gewesen war, aber Céleste sah keinen Grund, mit der Wahrheit hinter dem Berg zu halten. Wo es sich anbot, ließ sie geschickt eine Bemerkung darüber fallen, dass es Seine Majestät gewesen war, der Marie mit dem Herzog de Chevreuse verkuppelt hatte.
Immerhin begegnete Marie ihrem Ehemann Claude mit vollendeter Höflichkeit, ja, sie rang sich hin und wieder sogar ein freundliches Lächeln ab, das den ein wenig dicklichen, ziemlich schwerfälligen Gatten jedes Mal im siebten Himmel schweben ließ. Er seinerseits liebte Marie bis zur Raserei und je mehr sie ihn zappeln ließ, desto heißer flammte seine Leidenschaft für sie auf.
Obwohl rechtmäßig mit Claude verbunden - Abbé Florentin, ihr Hausgeistlicher, hatte zähneknirschend auch die zweite Heirat vollzogen -, entzog sie sich meist seinen »ehelichen Huldigungen«. Er war ihr zu fettleibig, schwitzte überdies stark und roch dann auch nicht allzu gut …
Marie, inzwischen ziemlich verwöhnt, was »les choses d’amour« anbelangte, war durch die Stümperei ihres jetzigen Gatten im Ehebett reichlich gelangweilt. So griff sie meistens zum seit Jahrhunderten bewährten Abwehrmittel aller unwilligen Ehefrauen, indem sie Kopfschmerzen vorschützte. Durfte der Herzog jedoch hin und wieder seine Rechte als Ehemann geltend machen, geriet er beinahe aus dem Häuschen.
Wie er nach dem ersten Blick auf seine freundlich lächelnde Frau ahnte, schien heute wieder so ein Glückstag für ihn zu sein.
Während sie ihrem Gemahl gnädig die Hand zum Kuss
reichte, dachte Marie daran, dass sie keinesfalls versäumen durfte, Céleste anzuweisen, sich die Ohren mit Watte zu verstopfen. Das junge Mädchen geriet sonst allzu leicht in Versuchung, wegen des albernen Geschwätzes, dessen der Herzog sich während des Beischlafs befleißigte, laut loszuprusten …
Am 26. Februar 1623 kam es anlässlich eines Ballettabends im Louvre zum Eklat. Die meisten hatten ihn schon lange erwartet, ja sogar erhofft: Waren Skandale doch das Salz in der relativ geschmacklosen Suppe des Hoflebens.
Monsieur Henri, Herzog de Montmorency, ein Jüngling noch und schön wie Apollo, aber mit eher geringen Geistesgaben gesegnet, war ebenso leidenschaftlich wie hoffnungslos in Königin Anna verliebt. Alle am Hof wussten längst darüber Bescheid, aber an diesem Unglücksabend sollte es auch dem ohnehin krankhaft eifersüchtigen König auffallen.
Nach zwei fulminanten Tanzdarbietungen mehrerer halbnackter Epheben - welche die Augen Seiner Majestät zum Glitzern gebracht hatten - trug der junge Herzog eine äußerst schwülstige Lobpreisung des Göttervaters Jupiter vor, die in dem naiven Wunsch kulminierte:
»Einen Tag nur möcht’ ich Jupiter sein und statt seiner regieren …«
Marie lief unwillkürlich ein Schauer über den Rücken, denn sie ahnte irgendwie, was der verliebte Narr sich als Nächstes leisten würde. Und in der Tat! Kaum dass die letzten Verse verklungen waren, sandte der hoffnungslos schmachtende Verehrer einen feurigen Augenaufschlag in Richtung Anna, ehe er eine demütige Verbeugung machte und die Bühne verließ.
Betretenes Schweigen breitete sich daraufhin
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