Im Dienste Der Koenigin
war sie ein »Bastard«, der so gut wie keine Mitgift einbrachte und daher vollkommen uninteressant für alle Schmarotzer bei Hofe war.
Marie war auch gar nicht bereit, irgendwelche Anstrengungen
zu unternehmen, um ihre Schwester an den Mann zu bringen. Sie hatte sich viel zu sehr an sie gewöhnt und wollte ihre Gegenwart keinesfalls mehr missen.
Dem Kinderbett war Céleste zwar längst entwachsen, nicht aber der Gewohnheit, bei Marie im Zimmer zu schlafen. Mittlerweile stand ihr großes Bett im Boudoir der Herzogin de Chevreuse und der Herzog hatte sich damit abzufinden, wenn er nicht ganz auf die ehelichen Pflichtübungen seiner Gemahlin verzichten wollte.
Monsieur Claude de Lorraine-Chevreuse, nach wie vor seiner Frau hörig, hatte sich im Laufe der Zeit mit der Situation arrangiert. Bemüht, die bucklige Céleste weitgehend zu übersehen, gelang es ihm, den häuslichen Frieden zu bewahren. Den Herzog erwartete jedoch bald eine ganz andere und weitaus unangenehmere Überraschung …
Richard Holland, ein englischer Graf, war Mitte April 1625 eigens von der Insel herübergekommen, um für seinen Herrn, König Charles I., um die Hand Madame Henriettes, der jüngsten Schwester König Ludwigs, zu bitten.
Bei einem Empfang am französischen Hof hatte Holland die Bekanntschaft mit der Ersten Hofdame Königin Annas gemacht. Kaum hatte er die schöne Herzogin de Chevreuse erspäht, als er ihr auch schon in aller Öffentlichkeit den Hof machte. Lord Richard war ein gut aussehender, sehr maskuliner Vertreter seines Geschlechtes - was man von vielen Höflingen des derzeitigen französischen Königs nicht unbedingt sagen konnte.
Marie bekam weiche Knie, als der Graf mit dem kecken Blick ihr vorgestellt wurde. Tief blickte er ihr in die meergrünen Augen und küsste charmant ihre Fingerspitzen.
»Madam«, sagte er feurig - er weigerte sich, das französische »Madame« zu benützen - »am Hofe Frankreichs, inmitten
dieses Ozeans an Schönheit, seid nur Ihr es, an der mein Blick hängen bleibt.« Dabei hielt er ihre Hand einen winzigen, aber deutlichen Moment zu lange in der seinen.
Die Szene blieb selbstverständlich nicht unbeobachtet und schon sah man die ersten tuschelnd die Köpfe zusammenstecken. Marie war dies gleichgültig. Sie hatte sich auf den ersten Blick in den schönen blonden Engländer, der etwas von einem Wikinger an sich hatte, verliebt.
Es kümmerte sie auch nicht weiter, was Claude dazu sagen würde - er fragte sie ja auch nicht um Erlaubnis, wenn er die Nacht beim König verbrachte. Laut und für ihre Umgebung deutlich zu hören, lud sie ihren kühnen Bewunderer - der Schicklichkeit halber auch im Namen ihres Gemahls - ein, sie im Palais de Chevreuse zu besuchen.
Kurz darauf empfing Marie den Engländer ungeniert in ihrem Boudoir, denn sie erwiderte seine Gefühle mit Leidenschaft. Claude ertrug es mit Fassung, ein gehörnter Ehemann zu sein - was blieb ihm auch anderes übrig, wollte er sie nicht ganz verlieren?
Céleste mit ihrem hübschen Engelsgesicht, dem wachen Verstand und dem verwachsenen Körper machte sich indes nichts vor. Für sie würde sich niemals ein Adonis wie Richard Holland erwärmen. Aber wenigstens träumen durfte sie doch von der Liebe, der ganz großen, einmaligen, überwältigenden …
Dass dieses Gefühl kein immerwährendes war, das wusste sie allerdings recht gut. Das hatten sie die Jahre am Hof bereits gelehrt. Sie neidete ihrer Schwester das Vergnügen nicht, mit dem attraktiven Lord die Nächte in lustvollem Zusammensein in ihrem Boudoir zu verbringen, während ihr Gemahl bleich, mit grämlicher Miene und rot geränderten Augen schlaflos durch die Korridore seines Palais’ schlich.
Wieder einmal verstopfte sich Céleste die Ohren. Aber dieses Mal nicht, um sich vor unziemlicher Erheiterung zu bewahren.
»Was nützt es mir, wenn ich durch deren Tun erregt werde? Ich habe ja niemand, der mich von eventueller Liebespein befreit«, sagte sich das vernünftige junge Mädchen …
Die fromme Königin hob zwar mahnend den Zeigefinger, als Marie ihr von ihrer Affäre berichtete. Aber es geschah mehr scherzhaft, wusste Anna doch um die Beziehung des eigenen Gemahls mit seinem derzeitigen Favoriten, Maries Ehemann.
»Madame, ich würde Euch ein solch befriedigendes Erlebnis ebenfalls von Herzen gönnen«, wagte Marie ihrer Freundin zuzuflüstern und die Königin lief blutrot an - zog es jedoch vor, beredt zu schweigen.
Die Habsburgerin war sehr fromm und streng
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