Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
Vom Netzwerk:
im Saal aus, keine Hand rührte sich zum Applaus. Marie, die den Blick des
Königs auffing, hätte den jungen Tölpel am liebsten geohrfeigt. »Das Bürschchen weiß überhaupt nicht, was es anrichtet«, dachte sie panisch und ihre Augen suchten die Königin.
    Es gab keinen einzigen unter den Anwesenden, der die Anspielung Montmorencys nicht verstanden hätte: Da Göttervater Jupiter als der Höchste im Olymp stellvertretend für den König stand, wünschte der Verwegene sich also, an seiner statt, Gemahl der schönen Anna zu sein … Alle starrten auf Ludwig XIII., der vor Zorn hochrot angelaufen war.
    Die Höflinge konnten sehen, wie es in seinem Gesicht arbeitete. Aber wie immer, wenn Ludwig erregt war, brachte er kein vernünftiges Wort heraus. Um nicht zu stottern, machte er erst gar nicht den Versuch, zu sprechen. Doch es war nur allzu deutlich, dass er seine Wut kaum noch zu bändigen vermochte.
    Anna hingegen war leichenblass geworden. Sie ahnte, dass dieser Vorfall, den sie gewiss nicht provoziert hatte, wieder einmal die unangenehmsten Konsequenzen für sie nach sich zöge. Was würde ihr liebloser Gemahl sich dieses Mal einfallen lassen, um sie zu »bestrafen«?
    Henri de Montmorency wurde am nächsten Morgen vom Hof verbannt. Der Jüngling durfte dem schwer gekränkten König nicht mehr unter die Augen treten. Nicht einmal verabschieden durfte er sich von Ludwig, geschweige denn von der Königin.
    Marie de Chevreuse war über die neuerlichen Schikanen des Königs gegen Anna so empört, dass sie sich bei ihrem Ehemann Claude beschwerte, ungeachtet dessen »privilegierter« Stellung bei Ludwig. Sollte er sie doch bei Seiner Majestät anschwärzen!
    »Wieder einmal wird die vollkommen unschuldige Anna von ihrem Gemahl durch Nichtbeachtung bestraft; zudem
darf sie auf unbestimmte Zeit wie ein unartiges Kind ihr Gemach nicht mehr verlassen«, grollte Marie. »Sie gleicht mehr und mehr einer Eingekerkerten! Sie, die aus der edlen Familie der Habsburger stammt! Es ist eine wahre Schande, was Ludwig sich da erlaubt!«
    Claude de Chevreuse, betreten über den plötzlichen Temperamentsausbruch seiner Frau, zog es vor, diplomatisch den Mund zu halten. Gleich darauf empfahl er sich. Er kannte seine Gemahlin und wollte sie nicht zu noch schlimmerer Majestätsbeleidigung reizen.
    Wieder einmal leistete Marie also der Königin Gesellschaft in ihrem »Exil«. Die beiden vertrieben sich die Zeit mit dem Lesen von Liebesromanen, mit Handarbeit und Schachspielen.
    Marie vernahm von Anna jedoch kein einziges Wort der Beschwerde. Als sie selbst beginnen wollte, den verhängten »Stubenarrest« wortreich zu beklagen, bat die Königin sie leise, sie möge in dieser Sache schweigen. Obgleich Marie Annas Strategie des duldsamen Ertragens mittlerweile zur Genüge kannte, war sie doch sehr erstaunt über ihre Resignation. Von den inneren Kämpfen, die Anna durchfocht, wusste sie freilich nichts. Auffallend erschienen ihr nur deren Blässe und die Tatsache, dass sie beinahe erschreckend an Gewicht verlor.
     
    Auf seinen Besitzungen begann der verbannte Edelmann Henri de Montmorency nun mit einem regelrechten »Annakult«:
    Duc Henri trug angeblich nicht nur ständig ein Bild der Königin über seinem Herzen, er hatte ein weiteres auf einem Altar, flankiert von bei Tag und Nacht brennenden Kerzen, in seiner Schlosskapelle aufgestellt. Jeder Besucher musste dem
Portrait seine Reverenz erweisen, indem er davor auf die Knie fiel.
    Die Schikanen des Königs seiner Gattin gegenüber nahmen indes noch zu: Ohne ausdrückliche Erlaubnis des Königs durfte die Unglückliche nun überhaupt kein männliches Wesen mehr bei sich empfangen. Sogar den Besuch ihres Beichtvaters musste sie sich vom König genehmigen lassen.
    »Sicher«, lachte Céleste, als Marie ihr dies empört berichtete, »auch der frömmste Abbé ist nun mal ein Mann und einen eventuellen Konkurrenten kann der König nicht dulden. Vielleicht sollte Madame Anna ihren augenblicklichen jungen Beichtvater gegen einen Greis von achtzig Jahren eintauschen.«
     
    Die an sich läppische Episode mit dem verliebten Herzog de Montmorency - die ein souveräner Ehemann entweder gar nicht und wenn, dann höchstens schmunzelnd zur Kenntnis genommen hätte - sollte neun Jahre später noch ein blutiges Nachspiel haben …

KAPITEL 20
    CÉLESTE WAR MITTLERWEILE sechzehn und längst »mannbar«, aber für ein Mädchen mit einem so auffälligen Gebrechen ließ sich kein Ehepartner finden. Zudem

Weitere Kostenlose Bücher