Im Dienste Der Koenigin
der Intrigant Richelieu, der jetzt die Regierungsgeschäfte für den König führte, waren ihr feindlich gesinnt und warteten nur darauf, dass sich Anna einen Fehltritt erlaubte.
Weshalb dieser Kirchenmann, der sich mittlerweile »Erster Minister« nannte und den Kronrat dominierte, so sehr gegen die Königin eingenommen war, wussten viele nicht. Aber Marie hatte »aus gut unterrichteter Quelle« erfahren, dass Richelieu - ein Emporkömmling aus adeligen, wenn auch höchst einfachen, zum Teil sogar bürgerlichen Verhältnissen - sich selbst einst mit großer Hartnäckigkeit um die Gunst Annas beworben hatte.
Aber die Königin hatte den Günstling Marias de Medici vom ersten Augenblick an verabscheut, trotz seiner zweifellos hohen Intelligenz und seines ausgeprägt mediterranen Aussehens.
Instinktiv erkannte die Habsburgerin den Wolf im Schafspelz in ihm, den skrupellosen Karrieristen, dem es gleichgültig war, wessen Rücken er als Leiter zum Erfolg benutzte.
Seit seiner letzten Rückkehr aus Blois war er der von ihm angestrebten Macht Stück um Stück näher gekommen und sein Einfluss war bereits beträchtlich. Der König, der zwar mit Raffinesse und mehr noch mit Verschlagenheit, aber nicht mit hoher Intelligenz gesegnet war, hörte auf ihn und ließ ihn seit Neuestem die Regierungsgeschäfte selbstständig führen.
»Kardinal Richelieu ist ein Mensch, der niemals eine Kränkung vergisst. Er weiß genau, er muss nur abwarten, bis Ihr, Madame, einen Fehler macht. Dann wird er Euch aus Rachsucht vernichten«, warnte Marie de Chevreuse ihre königliche Freundin eindringlich, als sie gerade einmal einen Augenblick unbeobachtet waren.
»Seit der Ankunft Lord Buckinghams liegt diese Möglichkeit zum Greifen nahe vor ihm«, nahm Marie kein Blatt vor den Mund. Sie glaubte es ihrer Freundschaft mit Anna schuldig zu sein, der Königin die Konsequenzen ihres Tuns - sollte sie dabei ertappt werden - deutlich zu machen.
»Richelieu in seiner Bosheit wartet nur darauf, Madame, dass Ihr vom Pfad der Tugend abweicht.«
Die Königin wurde blutrot und war einige Sekunden lang sprachlos. Aber Marie ergriff ihre Hand und führte diese zu ihrem Herzen. »Madame, bitte, nehmt mir meine offenen Worte nicht übel! Bitte, glaubt mir, ich spreche nur aus Sorge um Euch diese Dinge aus - und nicht, um Euch zu kränken.«
Die Königin atmete auf und schien beruhigt. Dann versicherte sie Marie jedoch, dass nichts Unehrenhaftes zwischen dem Lord und ihr vorgefallen sei.
Schon seit Tagen war Marie de Chevreuse der großen Reise wegen ungeheuer aufgeregt. Als Erste Hofdame der Königin musste sie den Brautzug Madame Henriettes nach Boulogne sur Mer begleiten. Dort würde eine englische Flotte das junge Mädchen als ihre zukünftige Königin erwarten.
Der halbe Hof musste Ludwigs Schwester das ehrenvolle Geleit geben. »Ich denke gar nicht daran, dich zu Hause zu lassen, Céleste«, rief Marie laut aus. »Natürlich kommst du mit. Was glaubst du denn? Du bist mir - neben meiner Zofe Sophie - die liebste Beraterin, mit dem besten Geschmack, was meine Frisuren und meine Garderobe betrifft. Ich kann gar nicht auf dich verzichten - und ich will es auch nicht. Außerdem: Mit wem, bitte schön, lässt es sich so herrlich lästern wie mit dir, Schwesterchen?«
»Na gut, überredet«, gab Céleste burschikos zur Antwort. Sie nahm sich vor - ihrer bescheidenen Art gemäß -, sich
bei der ganzen Zeremonie möglichst im Hintergrund zu halten - etwas, was sie seit langem gewohnt war und was sie keineswegs störte. Im Gegenteil! Als stille Beobachterin kam sie häufig Geheimnissen auf die Spur, die anderen verborgen blieben.
»Kardinal Richelieu ist zum Glück nicht mit von der Partie - er ist mit Regieren beschäftigt und der König ist wieder einmal krank. Also könnte die Reise sogar ganz lustig werden, trotz der Anwesenheit des Medici-Drachens«, hoffte Marie. Ihr Gatte, Herzog Claude, kam natürlich auch nicht mit - musste er doch dem kranken König Händchen halten.
»Von Jugend an ist Ludwig angeblich sehr anfällig; er muss seit seiner Kindheit immer wieder für längere Zeit das Krankenlager hüten - ausgerechnet auch jetzt, da es gilt, seine jüngste Schwester, die er vermutlich nie mehr im Leben zu Gesicht bekommt, zu verabschieden! Er bedauert dies zwar öffentlich, aber niemand weiß, ob es ihm wirklich etwas ausmacht«, mokierte sich Marie.
Die Herzogin de Chevreuse vermutete ein wenig zynisch, dass es Seiner Majestät
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