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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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einer Weile - einer sehr langen Weile, wie manche später sagten - vernahm die Ballgesellschaft den Aufschrei einer Frau, der von draußen hereinhallte. Eilends begab man sich auf die Terrasse des Schlosses, um nachzusehen.
    Die Königin rannte gerade durch den Park auf das Schloss zu. Aber, mon Dieu, in welchem Zustand! Die kunstvolle Ballfrisur zerrauft, das Diamantendiadem verrutscht, ihre Kleidung in Unordnung; offenbar fehlte sogar ein Stück cremefarbener Spitze an ihrem Dekolleté … Und zu allem Überfluss
glaubten einige Lord Buckingham zu sehen, wie dieser eilends hinter einem Gebüsch verschwand.
    Hier war er endlich, der heiß ersehnte Skandal!
    Der Zwischenfall machte innerhalb weniger Minuten im ganzen Schloss die Runde und Maria de Medici geriet vor Empörung völlig außer sich. Sie regte sich maßlos über ihre »schamlose und liederliche« Schwiegertochter auf, die umgehend ihr Schlafgemach aufgesucht hatte. Dass Anna nur frische Luft hatte schnappen wollen, glaubte die Königinmutter ihr keine Sekunde lang.
    Das Ballvergnügen war abrupt beendet und Maria de Medici befahl, dass ihre Tochter Henriette mit Lord Buckingham am nächsten Morgen sofort abzureisen habe. Die französische Eskorte - und mit ihr auch Anna - solle in Amiens zurückbleiben, bis sie, Maria de Medici, die ihre Tochter noch begleiten wollte, auf dem Rückweg nach Paris wieder alle mitnehme.
    »Ich möchte vermeiden«, schrie die empörte Königinmutter so laut, dass alle Höflinge es hören konnten, »dass es dieser verhurten Kreatur gelingt, dem König eine harmlose Erklärung des schändlichen Vorfalls aufzutischen. Für mich besteht kein Zweifel, dass sich die schamlose Person von diesem Engländer hat besteigen lassen.«
    Ihre vulgäre Ausdrucksweise überraschte eigentlich nur diejenigen, die noch nicht so lange Dienst am Hof verrichteten - alle anderen wussten über ihre derbe Sprache Bescheid. Sie hatte sich dieser während ihrer Ehe mit Heinrich IV. nicht selten bedient.
    Wie oft hatten die älteren Herren und Damen des königlichen Gefolges ihre hysterischen Ausbrüche und die unfeinen Schimpfworte »verdammter Hurentreiber!« und »verficktes Schwein!«, womit sie ihren untreuen Gemahl betitelte, durch die Gänge des Louvre schallen hören.

    Und dass sie mehrmals im königlichen Park einer Mätresse ihres Mannes »verhurtes Miststück!« hinterher geschrien hatte, sorgte seinerzeit an sämtlichen Höfen Europas, einschließlich des Vatikans, für Amüsement.
     
    Sobald Marie der Vorfall zu Ohren gekommen war, unterbrach sie umgehend ihr tête à tête mit Holland und schickte sich an, der bedrohten Freundin zu Hilfe zu eilen. Denn es musste auf jeden Fall verhindert werden, dass die Medici-Furie ihre Boten mit den maßlos aufgebauschten Neuigkeiten nach Paris schickte.
    »Was tatsächlich im Park geschehen oder nicht geschehen ist, das wissen ohnehin nur die zwei Beteiligten«, dachte Marie. »Und das ist auch gut so!«

KAPITEL 23
    ALS DIE ERSTE Hofdame im Vorzimmer Annas auftauchte, stand bereits wie eine Rachegöttin die Königinmutter vor der geschlossenen Schlafzimmertür ihrer Schwiegertochter. Umgehend machte Maria de Medici Anstalten, sich mächtig aufzuplustern.
    Die Herzogin de Chevreuse aber dachte nicht im Entferntesten daran, der alten Königin Gelegenheit zu geben, ihr Gift zu versprühen.
    »Verzeiht, Madame, aber ich werde dringend bei Ihrer Majestät, der Königin, gebraucht. Ihr entschuldigt mich, ja?«
    Marie versuchte energisch, sich an der dickleibigen Frau
vorbeizudrücken, um die Tür öffnen zu können. Aber Maria de Medici hatte durchaus nicht im Sinn, den Weg freizugeben.
    »Nichts da!«, kreischte sie vulgär. »Kein Mensch muss zu dieser, dieser …«
    Im letzten Augenblick verkniff sich Annas Schwiegermutter eine weitere Majestätsbeleidigung. Der drohende Ausdruck in den Augen der Herzogin hatte sie vermutlich innehalten lassen. Die Tür jedoch blockierte sie noch immer.
    »Ich habe ihr einen der Leibärzte kommen lassen. Doktor Lejeune ist gerade bei ihr - obwohl ich mir nicht denken kann, was es an dieser, dieser … Dame zu kurieren geben sollte. Sie hat doch im Park bekommen, was sie seit langem gewollt hat!«
    Ihr Gesichtsausdruck war so hämisch, dass Marie am liebsten vor der alten Vettel ausgespuckt hätte.
    »Ihre Majestät befindet sich offensichtlich nicht wohl und bedarf dringend meiner Hilfe«, sagte Marie de Chevreuse betont langsam, die unverschämten Anspielungen der

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