Im Dienste Der Koenigin
hätte?«, dachte das junge Mädchen nicht ohne eine Spur von Boshaftigkeit. Bei ihrer Rückkehr ins Kloster hätte sie der Königin wieder einiges zu berichten …
Céleste erbrach das Siegel des Schreibens. Es stammte aus Madrid und war auf allerlei geheimen Umwegen zu ihr gelangt. Was hatte ihre Schwester Wichtiges vom Hof des spanischen Königs zu berichten? Trotz der unangreifbaren Stellung Maries als Mätresse des Monarchen las Céleste zwischen den Zeilen die Unzufriedenheit Maries heraus.
Kein Zweifel: Die Chevreuse litt gewaltig an Heimweh, ein Gefühl, das die Jüngere nur zu gut nachzuvollziehen vermochte.
»Ach? Ich soll mich wieder direkt an den Hof wagen?«, fragte sich Céleste gleich darauf erstaunt. »Nun ja, wenn Marie der Meinung ist, dass ich es riskieren könnte, will ich das gerne tun. Alles ist besser, als für meine Schwiegereltern auf Dauer die Putz- und Küchenmagd zu spielen. Sie sind ja ganz nett zu mir, vor allem mon beau-père.
Aber ma belle-mère hat ihre Tücken und ich würde es begrüßen, Guys Mutter öfter aus dem Weg gehen zu können. Gleich morgen will ich mich auf den Weg in den Louvre machen. Ich kenne zum Glück dort noch eine Reihe von Leuten, die mir behilflich sein werden, eine Stelle zu finden.«
Célestes Ehe war insgesamt als sehr glücklich zu bezeichnen. Ihr Mann schien sie aufrichtig zu lieben und die junge Frau selbst war ihm unendlich dankbar, dass er ihr durch seinen Einfall mit dem höheren Absatz zu einem völlig neuen Lebensgefühl verholfen hatte. »Schade, dass Marie mich nicht sehen kann«, dachte sie oft. »Sie würde sich gewiss mit mir
freuen, wenn sie erleben könnte, wie ich mich in kurzer Zeit verändert habe.«
Dank der einseitigen Schuhsohlenerhöhung war es der buckligen Céleste nach einiger Zeit des Übens möglich geworden, fast »normal« zu gehen. Wer nicht wusste, dass sie über verschieden lange Beine verfügte, dem fiel dieser Makel überhaupt nicht mehr auf.
Dass dadurch zugleich ihre schief gewachsenen Schultern gerade gerückt wurden, machte den Gesamteindruck ihrer Erscheinung harmonischer, zumal der runde Rücken abgeflacht wirkte. Céleste war selig und ihr Selbstbewusstsein nahm binnen kürzester Zeit zu. Sie wurde unternehmungslustig und fühlte sich stark wie nie.
Schon seit einiger Zeit hatte sie sich gelangweilt, denn ihr Mann arbeitete kaum noch zu Hause und sie sah ihn oft tagelang nicht. Außerdem wurde der jungen Ehefrau ihr häusliches Umfeld zunehmend zu kleinbürgerlich, zu primitiv - war sie doch Besseres gewohnt …
Die Nachbarschaft bestand nur aus ungebildeten, kleinen Handwerkern und Tagelöhnern, die mehr schlecht als recht ihr Leben in einfachen Holzhäusern - meist nur besseren Hütten - fristeten. Die Familie ihres Mannes gehörte schon zur besser verdienenden Schicht in diesem Quartier zu Füßen des Montmartre und dementsprechend groß war der Neid der anderen. Céleste erschien daher der Wunsch Maries, sich erneut um eine Stellung bei Hofe zu bemühen, wie eine Erlösung.
»Ein Attentäter. Wieder einmal. Irgendwann wird es einem dieser Verbrecher gelingen, Euch umzubringen. Ich werde das Schwein vom Henker foltern lassen. Erst mit den Daumenschrauben, danach mit den Feuerzangen. Und anschließend kommen noch die Spanischen Stiefel zur Anwendung.
Wenn erst die Schienbeine splittern, gestehen die Burschen alles - auch wer ihre Hintermänner sind.
Die Erfahrung hat gelehrt, dass die wenigsten von diesen Möchtegernmördern Einzeltäter sind. Ich werde dieses Mal selbst bei der Folter anwesend sein. Dann werden wir schon sehen.«
Ludwig XIII. hatte seinen Ersten Minister noch kurz vor seinem Ausritt zur Falkenjagd zu fassen bekommen und ihm die »frohe Kunde« von der Verhaftung und bevorstehenden Bestrafung des Attentäters unterbreitet.
Nicht allein Marie de Hautefort, die ihrem Geliebten natürlich bei der Falkenbeize Gesellschaft zu leisten hatte, horchte auf. Die Umstehenden konnten zudem sehen, dass - während der König seine Worte so leichthin aussprach - ein grausames Lächeln um seinen schmalen Mund spielte.
Dem Ersten Minister stand die Betroffenheit ins bleiche Gesicht geschrieben. Offenbar vermochte selbst er sich nicht an gewisse Charakterzüge des Königs zu gewöhnen …
Alle am Hof wussten um das perverse Vergnügen, das der König dabei empfand, wenn Menschen gequält wurden. Es war kein Geheimnis, dass Ludwig XIII. des Öfteren die Folterkammern der königlichen
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