Im Dreieck des Drachen
rutschte vom Rücksitz nach vorn und zeigte zwischen ihnen hinaus. »Seht mal!«
Karen bremste den Cherokee ab, als grelles Sonnenlicht vor ihnen auftauchte. Das Ende der Regenwaldstraße.
»Endlich«, murmelte Jack.
Sie verließen den Wald und sahen aus der Höhe der Dschungelstraße eine weite, flache Bucht vor sich, deren Wasser im Sonnenschein des Spätnachmittags funkelte. Mitten darin lag eine Insel mit steilen Berghängen, umgeben von Sümpfen und einem Korallenriff, das dem blauen Wasser einen rosa- und jadefarbenen Schimmer verlieh.
Karen zeigte hinüber. »Nan Madol liegt auf der anderen Seite von Temwen. Dem offenen Meer zugewandt.«
Sie lenkte den Jeep den steilen Abhang zu einer langen, zweispurigen stählernen Brücke hinab, die die Strecke zwischen Küste und Insel überspannte. Sie tauchten in die Schatten ein, als die Sonne, die allmählich am westlichen Horizont versank, hinter den hohen Berggipfeln von Pohnpei verschwand. Dann rollten sie über die Brücke und fuhren über Korallenatolle und tiefblaues Wasser.
Karen spielte die Reiseführerin. »Die Häfen hier sind überladen mit versunkenen Teilen anderer Ruinen: Säulen, Mauern, steinerne Straßen, sogar ein kleines Schloss. Während des Zweiten Weltkriegs haben japanische Taucher über die Entdeckung von Kästchen aus reinem Platin da unten berichtet.«
»Platin? Hier?«
»Jawohl. Die Taucher haben ein paar mit hochgebracht. Während der japanischen Besatzung ist Platin einer der Hauptexportartikel der Insel geworden.«
Jack beäugte das Wasser. »Merkwürdig.«
»Tatsächlich ist vor ganz kurzer Zeit ein großer Megalith in der Tiefsee vor der Ostküste von Nahkapw entdeckt worden.« Sie zeigte auf einen Fleck der Insel, der so gerade eben am südlichen Horizont zu erkennen war. »Eine versunkene steinerne Stadt mit Namen Kahnihnw Namkhet. Jahrzehntelang haben die Einheimischen Geschichten darüber erzählt, aber erst in den letzten fünf Jahren haben Taucher sie wiederentdeckt.«
Mit einem knochendurchrüttelnden Satz sprang der Jeep von der Brücke und befuhr jetzt die Straße, die entlang der Küste der kleinen Insel verlief. Karen beschleunigte. Bald wanden sie sich aus den Schatten ins Sonnenlicht der südlichen Küste hinein.
Unter ihnen tauchten die Ruinen von Nan Madol auf.
Verblüfft über diesen Anblick ließ Jack seine Karte sinken. Von der Küste breiteten sich Hunderte von Menschenhand erschaffene Inseln in den flachen Gewässern aus. Die Gebäude und Festungsanlagen bestanden allesamt aus Basaltsäulen und -platten und waren ähnlich wie amerikanische Blockhäuser konstruiert. Den gesamten Ort umgab eine gigantische Brandungsmauer, ebenfalls aus Basalt.
»Erstaunlich«, sagte er. »Jetzt sehe ich, weshalb der Ort das ›Venedig des Pazifiks‹ genannt wird.« Die uralte Stadt erstreckte sich über fünfzehn Quadratkilometer und war kreuz und quer von Kanälen durchzogen. Überall wuchsen dichte Bestände von Magrovenbäumen und Farnen. Die Steine funkelten und glitzerten, denn das Sonnenlicht wurde von den Quarzkristallen im Basalt reflektiert.
»Die Anlage wird mit dem Bau der Chinesischen Mauer verglichen«, sagte Karen. »Sie haben die ganze Stadt auf dem Korallenriff errichtet und tiefere Kanälchen und Kanäle aus dem Riff selbst herausgeschnitten. Ein ausgedehntes Tunnelsystem verbindet darüber hinaus die verschiedenen Inseln. Ein Glück, dass die Erdbeben am Tag der Sonnenfinsternis hier draußen nicht so schlimm waren. Der Verlust dieses historischen Orts wäre eine furchtbare Tragödie gewesen.«
Verblüfft von der gewaltigen Ausdehnung der Stadt ließ Jack seinen Blick schweifen. »Wie groß die ist!«
Karen nickte und lenkte ihr Fahrzeug die letzten paar Kehren zum Stadtrand hinüber. »Das ist ein weiteres Rätsel. Weswegen ist sie so groß? Der Unterhalt einer solchen Stadt würde eine Bevölkerungszahl erfordern, die zehn Mal so groß ist wie die Zahl der gegenwärtig auf der Insel lebenden Menschen, darüber hinaus ein Landgebiet, das dreißig Mal so groß ist.«
»Ein weiterer Hinweis auf deinen verschollenen Kontinent?«
»Vielleicht.« Sie fuhr auf einen Parkplatz vor dem Eingang zu den Ruinen, parkte unter dem Schatten eines großen Mangrovenbaums und stellte den Motor ab. Dann wandte sie sich Mwahu auf dem Rücksitz zu. »Du hast vorhin gesagt, dieser Ort sei deinem Volk heilig gewesen. Bevor wir weitergehen, möchte ich gern den Grund dafür erfahren.«
Eine lange Zeit sah Mwahu
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