Im Dunkel der Nacht (German Edition)
Männern. Sie hat sich vielleicht bedroht gefühlt.«
»Mit zwei
Polizisten
– wir sind die guten Jungs. Frauen sollten keine Angst vor uns haben. Sie sollten uns anbaggern.«
Das sahen nicht alle so. »Glaubst du, Sie hat ein Problem mit Polizisten? Vielleicht meint sie, wir sind hinter ihrem Vater her?«
Rodriguez schüttelte den Kopf. »Ne, ich denke nicht, dass es um die Dienstmarke geht. Ich glaube, sie hat allgemein ein Problem mit Männern.«
Zach stellte sich Veronicas Hintern vor, als sie den Raum verließ. Es war schon schwer, nicht darauf zu achten, dass ihre Jeans hauteng saßen, und immerhin war er nicht aus Stein. »Das wäre eine Schande.«
Frank nickte zustimmend. »Ich wette, ihr Vater wird ein hartes Stück Arbeit.«
»Die Wette kannst du dir sparen.« Ihre abweisende Haltung an der Haustür hatte ihm viel über ihren Vater verraten, und die Schilderung seines Strafregisters verhalf ihm zu einem abschließenden Gesamtbild. Er war Dutzenden Männern wie George Osborne begegnet.
»Ja. Ich vermute, sie war mehr als zurückhaltend. Bestimmt ist er noch schlimmer, als sie es beschrieben hat. Hast du schon mal was von dieser Sierra School für Jungen gehört?«
Zach schüttelte den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste. Du?«
»Nö, und ich habe von den meisten Schulen dieser Art gehört. Wir kriegen genug ihrer Absolventen dran. Wahrscheinlich gibt es sie gar nicht mehr.«
Zachs Meinung über diese Schulen war nicht so einseitig wie die von Frank. Einige von ihnen funktionierten wirklich. Er war der lebende Beweis dafür.
3
Veronica zog die Kiste unter ihrem Bett hervor, entfernte den Deckel und nahm das Album aus dem Pullover, in den sie es eingewickelt hatte. Sie musste es nicht mehr verstecken, seitdem sie in ihre eigene Wohnung gezogen war, tat es aber aus reiner Gewohnheit. Sie hatte ihre Wertsachen ihr ganzes Leben lang verstecken müssen. Nur so waren sie sicher. Sie zweifelte daran, dass sie je damit aufhören würde.
Der Umschlag war rosarot wie Kaugummi und hatte die Worte »Du und ich« in giftgrüner Farbe aufgeprägt. Sie fuhr mit der Hand über den verkratzten Einband und atmete bebend. Sie hatte jetzt keine Zeit für dumme Sentimentalitäten. In ihrer Küche waren Polizisten, die auf sie warteten. Und doch zögerte sie. Was würde ihnen ein altes Foto schon groß nützen?
Sie schlug das Album auf und fand das Foto, das sie gesucht hatte. Ein sechzehnjähriger Max, schlaksig und mit riesigem Adamsapfel, wie er mit ihr eine Sandburg in Capitola baut. Diesen Tag würde sie nie vergessen. Sie hatten in den Wellen gespielt, Sandburgen gebaut und Schokoladen-Milchshakes getrunken. Es gab nur sie und Max und Mama. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wo ihr Vater an diesem Tag war. Wenn er betrunken und sauer gewesen wäre, dann sicher auf jemand anderen. Das Foto wurde drei Wochen vor Max’ nächtlicher Abholung durch die Männer der Sierra School aufgenommen.
Sie zog die transparente Schutzfolie ab und löste das Foto von der Seite. Dann wickelte sie das Album wieder ein, legte es zurück in die Schachtel und schob diese unter das Bett. Es war zu wertvoll, um frei herumzuliegen, gerade jetzt. Es war alles, was ihr von ihrem Bruder geblieben war. Und wer war daran schuld? Sie ließ ihren Kopf sinken, stützte ihn für einen Moment auf das Bett und schloss ihre Augen im Kampf gegen die nahenden Tränen. Max kam nicht mehr nach Hause. Nie mehr. Es würde keine Heimkehr geben. Kein fröhliches Wiedersehen. Keine Vergebung. Dieser Stein in ihrer Brust würde sie auf ewig begleiten.
Als Veronica in die Küche zurückkehrte, war sie noch blasser als zuvor. Wortlos gab sie Zach ein Foto. Es zeigte einen hellhäutigen afroamerikanischen Jungen mit einem kleinen blonden Mädchen am Strand.
»Sind Sie das neben ihm?«, fragte er.
Sie nickte. »Es ist die letzte Aufnahme, die ich von ihm habe.«
»Danke. Das hilft uns gewaltig.« Er konnte seinen Blick nicht von den beiden Kindern abwenden, die sich so offensichtlich vergnügten. Es gab vermutlich rund ein Dutzend solcher Fotos von ihm und seinen Schwestern zu Hause. In die Kamera lächeln, den Tag genießen und sich ansonsten über nichts den Kopf zerbrechen. Und ganz bestimmt nicht darüber, dass man eines Tages als ein Haufen Knochen in einer Baugrube landet. »Wissen Sie, warum ihn Ihre Eltern weggeschickt haben?«
Sie wurde stocksteif. Er hatte einen wunden Punkt getroffen, so viel stand fest. »Sie haben, ähm, Marihuana in seinem
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