Im Dunkel der Nacht (German Edition)
hinüber. »Den überprüfen wir.«
Veronica lief den Korridor entlang. Er war eine praktische Abkürzung zum Labor. Man ging in Schlangenlinien, aber wenigstens war nicht so viel los wie auf den anderen Gängen. Sie begegnete lediglich einem Hausmeister, der mit seinem großen gelben Putzeimer unterwegs war. Veronica kannte ihn nicht. Sie versuchte immer guten Kontakt zum Reinigungspersonal zu halten. In den Operationssälen häufte sich teilweise Schmutz an, den sie nie würde anfassen wollen. Ein Lächeln und hier und da ein paar nette Worte halfen ihr so, dem größten Dreck aus dem Weg zu gehen. Buchstäblich.
Sie hielt Ausschau nach seinem Namensschild, konnte aber keines am Kragen entdecken. »Hallo, sind Sie neu im Haus?«
Der Mann blickte sich um, als ob er ihren Gesprächspartner suchen würde, obwohl sie beide die einzigen weit und breit waren. »Äh, ja«, stammelte er.
Sie deutete auf seine Brust. »Sie haben Ihr Namensschild vergessen. Mich stört das nicht, aber der Sicherheitsdienst macht deswegen gerne einen Aufstand. Sie glauben gar nicht, wie oft ich mein Schild vergessen habe, als ich hier anfing. Ich glaube, Joe war kurz davor, mich zu erwürgen.«
Er sah für einen Moment verwirrt aus und blickte dann auf seine Brust. »Oh, Mann, es gibt so viel, worauf man achten muss. Das Schild liegt bestimmt noch in meinem Spind. Ich hole es gleich.«
»Meinetwegen müssen Sie sich nicht beeilen«, sagte sie und lächelte. »Ich wollte Sie nur darauf hinweisen.«
»Alles klar«, sagte er.
»Ich bin übrigens Veronica.« Sie reichte ihm die Hand.
Er starrte ihre Hand für einen Moment an und schüttelte sie dann kurz. »Gary«, sagte er. »Gary Havens.«
»Freut mich, Sie kennenzulernen, Gary«, sagte Veronica und ging weiter. Sie hörte eine schnelle Bewegung hinter sich und etwas durch die Luft wirbeln.
Dann wurde alles schwarz.
Es war gut, dass sie so klein war. Dennoch schwitzte Gary, als er Veronica endlich unbemerkt aus dem Krankenhaus gebracht hatte.
Mit ihrem Schlüsselbund war es ein Leichtes gewesen, sich einen Wäschewagen zu besorgen, doch sie hineinzubefördern hatte einige Anstrengung gekostet. Er verhielt sich betont gelassen, doch bei jeder Begegnung auf dem Gang hatte er damit gerechnet, dass jemandem auffallen würde, wie schwer der Wäschewagen war, oder dass ihre Beine auf einer Seite eine Beule bildeten.
Doch niemand bemerkte es. Im Grunde nahm ihn kein Mensch überhaupt zur Kenntnis. Gab man einer Person Arbeitskleidung und Wischmob, ging sie offenbar in der Masse unter. Oder sie wurde absichtlich ignoriert.
Aber nicht von Schokostreusel. Sie war direkt und mit einem Strahlen auf ihn zugegangen. Das erste Zeichen für ihn.
Dann hatte sie ihm davon erzählt, dass sie der Sicherheitsdienst erwürgen wollte, was Gary auf den Gedanken brachte, wie es wohl wäre, sie zu erwürgen, die Hände um ihren Hals zu schließen und ihr das Leben abzuschnüren. Er starrte auf ihren Hals. Ihre Haut war so weiß, so blass. Dagegen sahen seine Hände dunkel aus. Er war stark. Sie würde sich nicht wehren können. Er sah es ganz deutlich vor sich.
Doch dann wäre sie beinahe weggelaufen, was er nicht zulassen konnte. Die beiden alleine in einem menschenleeren Korridor des Krankenhauses. Mehr Zeichen brauchte es nicht. Einmal mehr hatten ihn die Knochen zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Ort geführt. Der Teufel war sogar zu Gary nach Hause gekommen. Es war zweifellos der richtige Moment, alles zu Ende zu bringen.
Er hatte den in Leder eingewickelten Holzstab von seinem Werkzeuggürtel genommen und ihr auf den Hinterkopf geschlagen, direkt neben das rechte Ohr.
Sie fiel wie ein Sack Zement zu Boden.
»Das letzte Haus«, sagte Frank.
Zach las den Namen auf seinem Ausdruck.
»Gary Havens.«
»Glaubst du, er ist es?«
Zach zuckte mit den Schultern. »Der Täter ist immer da, wo man zuletzt nachsieht.«
»Na dann«, sagte Frank.
Elise und Josh hatten ihre Liste auch abgearbeitet und erfahren, dass ihr letzter Kandidat bereits seit über zwei Wochen außer Landes war. Gary Havens war entweder der, den sie suchten, oder sie würden morgen wieder bei null anfangen.
Er klopfte. Keine Reaktion.
Frank läutete. Sie warteten beide und lauschten.
»Hörst du das?«, fragte Frank.
»Was denn?«
»Dieses Klopfen.«
Zach hatte das Geräusch schwach wahrgenommen, als sie auf dem Weg zum Haus waren, aber da es nicht von innen kam, hatte er es ignoriert. »Es kommt irgendwo aus dem
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