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Im Dunkel der Schuld

Im Dunkel der Schuld

Titel: Im Dunkel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Hampp
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wie zunächst angenommen.
    Herrje, warum spukte er ihr im Kopf herum? War es das schlechte Gewissen, weil sie ihn so schroff hatte abblitzen lassen?
    Ein Zweig knickte irgendwo in der Nähe, dann herrschte Stille, als hielte jemand die Luft an. Dann war wieder eine Art Schleichen zu hören. War er das? Wer? Und wo?
    Wieder ein fast unhörbares Geräusch, näher als eben. Dann – legte sich eine Hand auf ihre Schulter. Sie sprang hoch. Handsperrhebel, Seit-, Kippbeugehebel – ihre Griffe kamen automatisch. Sie machte einen Schritt und versetzte dem vermeintlichen Angreifer einen Hieb. Mit einem Schmerzensschrei sank der Mann zu Boden.
    Â»Hör auf, ich bin’s«, stöhnte Jörg und hielt sich die Nase. »Ich wollte dir nur … Aaahhh.«
    Â»O mein Gott, das tut mir leid!«
    Â»Halb so schlimm.« Jörg holte ein paar Papiertücher aus der Manteltasche und drückte sie vors Gesicht. »Ich wollte dir nur vorschlagen, ob wir uns abwechseln, aber jetzt …«
    Â»Geh heim, mach dir kalte Umschläge.«
    Â»Ich lass dich nicht im Stich.«
    Â»So hat das aber keinen Zweck.«
    Jörg legte den Kopf in den Nacken und lächelte schief. »Ich bin dir ja eine schöne Hilfe.«
    Â»Wer weiß, ob der Kerl überhaupt kommt. Ich fürchte, wir machen Lärm wie eine Herde Elefanten und haben ihn längst vertrieben.«
    Â»Dann brechen wir die Sache ab. Beide. Komm, Ebba. Mir ist nicht wohl, dich allein hier zu wissen.«
    Â»Ach, Quatsch. Du siehst doch, dass ich mich wehren kann.«
    Er lachte leise. »Und wie. Also gut. Ich glaube, es ist wirklich besser, wenn ich gehe. Aber lass dein Handy an. Stell es auf Vibrieren, aber lass es an. Ich möchte, dass du erreichbar bist und dass du mich mit einem Tastendruck herholen kannst. Versprichst du das?«
    Dann ließ er sie allein. Besorgt sah sie ihm nach, wie er bergaufstolperte. Irgendwie verwandelte sich ihre Beziehung gerade. Jetzt war sie die Große und Starke. Wie sie es für alle ihr Leben lang gewesen war. Ebba war überrascht von dem Schwall Zuneigung, der plötzlich in ihr aufstieg.
    Als sie am Morgen ihr Apartment aufschloss, war von diesem Schwall allerdings nicht mehr viel übrig. Sie war müde, und ihr war entsetzlich kalt, aber das rührte weniger von den Außentemperaturen her, als vielmehr von der großen Enttäuschung: Der Mann war nicht gekommen. Das Grabbeet war leer geblieben, zum ersten Mal seit 1996, wie Gärtner Buschert sich erinnert hatte, als er mit einem dampfenden Kaffeebecher aufgetaucht war.
    Leise schob Ebba die Tür auf, und ihre Stimmung sank noch tiefer. Jörgs Mantel lag auf dem Boden neben seinen dreckigen Wanderstiefeln, auf dem Couchtisch stand eine Kanne Tee neben einem Becher, der Ringe auf der Tischoberfläche hinterlassen hatte. Eine Tüte Chips lag aufgerissen daneben, Rosies Computer und Fachlektüre waren zu einem unordentlichen Haufen zusammengeschoben worden. Aus dem Schlafbereich hörte sie Schnarchen. In ihr verkrampfte sich etwas.
    Sie hatte gehofft, dass er sich geändert hatte, aber es war alles beim Alten geblieben. Sie musste mit ihm reden, mit ihm weitere Spielregeln fürs Zusammenleben erarbeiten. Ach, war das mühsam!
    Leise zog sie sich Parka, Mütze und Stiefel aus und huschte auf Socken zum Fenster, wo sie stehen blieb und sich beim Anblick der noch stillen Stadt zu beruhigen versuchte. Im Schlafbereich raschelte die Bettwäsche, dann hörte sie Jörg auf nackten Füßen zu ihr tappen.
    Â»Deine Haare«, flüsterte er. »Mein Igelchen.« Er gab ihr einen Kuss auf den Hals. Seine Hände tasteten unter dem Pullover zu ihren Brüsten, sein Körper presste sich von hinten an den ihren.
    Energisch machte sie sich frei.
    Â»Willst du nicht wissen, ob ich ihn erwischt habe?«
    Â»So verloren, wie du am Fenster stehst, erübrigt sich die Frage. Komm ins Bett, ich wärme dich, du bist ja ganz kalt.«
    Â»Fünfzehn Jahre, Jörg. Seit 1996 macht er das. Es begann ein Jahr nachdem mein Vater unter der Erde lag. 26. März 1996 – was ist das nur für ein Datum? Du möchtest mir doch helfen. Kannst du das für mich im Zeitungsarchiv herausbekommen? Du findest bestimmt schneller etwas als ich. Vielleicht hat dieses Datum irgendeine Bedeutung.«
    Â»Vielleicht hat der Troll einfach die Lust verloren.«
    Â»Oder er hat uns gesehen und kommt

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