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Im Dunkel der Schuld

Im Dunkel der Schuld

Titel: Im Dunkel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Hampp
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erforderlichen Unterlagen gefälscht, auch eine Freigabe der Staatsanwaltschaft. Niemand wird den Sarg noch einmal für die zweite Leichenschau öffnen, wenn es das ist, woran du gerade gedacht hast. Aber bis es so weit ist, wirst du hier in deinem Sarg liegen, hergerichtet als schauerliches Unfallopfer, bei vollem Verstand, aber unfähig, dich bemerkbar zu machen. Ich habe mir alles genau ausged…«
    Irgendwo im Haus klingelte es. Es war nicht das Telefon, sondern die Tür. Thomas sah nervös auf seine Uhr, dann presste er ihr schnell ein neues Klebeband auf den Mund, ohne den Knebel einzuführen, und schloss den Deckel.

Fünfundvierzig
    Sonntag, 5. Februar 2012
    Alle Fasern ihres Körpers schmerzten, jeder Muskel war verspannt, ihr Kopf dröhnte, stechendes Ziehen im Bereich der Nieren. Ihre Unterlage war nass, sie stank, aber das nahm sie nicht mehr so genau wahr, nur noch den Schmerz, die Stille, die Schwärze, den staubigen Durst.
    Horrorszenen entstanden vor ihren Augen, sie konnte Toms Worte nicht vergessen. Das war ein einziger Albtraum. Sie wollte aufwachen. Es konnte nicht wahr sein. Niemand konnte sich so etwas ausdenken.
    Schritte näherten sich, der Deckel wurde weggeschoben, aber es war zu anstrengend, ins Deckenlicht zu blinzeln. Sie ließ die Augen geschlossen, wollte es endlich hinter sich haben. Irgendwann musste es doch vorbei sein.
    Jemand riss ihr das Klebeband von dem blanken, feurigen Fleisch an ihrem Mund, steckte etwas Hartes, Glattes, Kühles zwischen ihre Lippen. Ihr Mund füllte sich mit Flüssigkeit, die seitlich hinausrann, weil sie nicht schlucken konnte.
    Langsam, ganz langsam kehrte ihr Verstand zurück, bewegte die lebensnotwendigen Muskeln, ließ das Wasser in ihre Kehle rinnen. Es hörte nicht auf. Sie schluckte und schluckte, aber es wurde zu viel, sie schaffte es nicht, es lief ungebremst immer weiter in ihren Hals, traf ihre Lunge. Sie hustete, aber die Flüssigkeit rann immer weiter in sie hinein. Sie bekam keine Luft mehr, öffnete den Mund weiter, um nur noch mehr Wasser zu schlucken, riss die Augen auf und begegnete seinem höhnischen Blick. Sie wollte ihn anspucken, das Wasser ausspucken, aber es gelang ihr nicht.
    Er hielt einen für ihre Vorstellung riesigen Glasballon mit Flüssigkeit über sie, und der Behälter war erst zu einem Viertel leer.
    Luft, Luft! Lieber verdursten als ersticken oder ertrinken!
    Wenn sie sich nur wehren könnte. Aber immer noch war sie gefesselt. Es war unmöglich, dem Wasser auszuweichen. Um Gottes willen, Erbarmen, Erbarmen!
    Â»So«, sagte Thomas und nahm den Behälter fort, aus dem noch ein dicker Strahl auf sie klatschte. Dann war es vorbei.
    Er verschwand aus ihrem Blickfeld, dann ruckte der Sarg, sie wurde hin und her gerüttelt, als legte er sie auf einen fahrbaren Untersatz. Und schon ging es los. Betondecken, Türen, Aufzug, grelle Flurbeleuchtung, Metalltür, Fliesen.
    Â»Neiiiiin!«, schrie sie voller Entsetzen. »Bitte, bitte. Ich mach alles, aber bitte, Thomas, tu das nicht. Ich sag dir alles! Bitte, bitte!«
    Â»Brüll nicht so.«
    Aber sie konnte nicht aufhören. Sie befand sich in diesem sogenannten Vorbereitungsraum. Er hatte offenbar seinen Plan geändert. Gleich würde er die schreckliche Maschine anschließen und ihr Blut aus dem Körper holen und durch diese andere Flüssigkeit ersetzen. Vielleicht würde er ihr vorher den Mund zunähen, wie er es beschrieben hatte. Und dann ihre Augen …
    Â»Nein!«
    Ihre Schreie gellten durch den gefliesten Raum, wirkungslos.
    Thomas beugte sich wieder über sie, jetzt funkelten seine Augen böse.
    Â»Sei endlich still. Es ist Sonntag, kein Mensch ist hier, der dich hören könnte. Herumzubrüllen hat keinen Zweck, okay? Du willst doch immer so stark sein. Jetzt sei es gefälligst.«
    Ebba fiel ein, was sie sich die ganze Zeit über vorgenommen hatte, und es geschah ohnehin wie von selbst. »Thomas«, schluchzte sie, und Tränen schossen ihr heiß aus den Augenwinkeln, kullerten über die Schläfen nach hinten ins Haar. »Thomas, hör bitte auf. Bitte! Ich kann nicht mehr. Mir tut alles weh. Mir ist schwindelig, mir ist übel. Ich glaube, ich muss mich übergeben.«
    Einen Augenblick lang war Stille.
    Â»Thomas, bitte, du wärst so ein guter Arzt geworden. Du darfst mich nicht sterben lassen. Nicht so. Das hattest du anders geplant. Bitte,

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