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Im Dunkel der Waelder

Im Dunkel der Waelder

Titel: Im Dunkel der Waelder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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bitte zurück …«
    »Sind noch Leute in der Wohnung?«
    In der Ferne hört man wieder Sirenengeheul.
    »Ja, zwei Leichen.«
    »Um Gottes willen!«
    »Bestimmt haben die das Ganze angerichtet.«
    Ich erkenne die bissige Stimme von Monsier Chalier, einem Postbeamten im Ruhestand, der im zweiten Stock wohnt. Aber ich glaube nicht, daß er mich wiedererkennt, o nein.
    »Ist die Kleine verletzt?«
    »Nein, sie hat Hexobarbital gespritzt bekommen.«
    »Okay, kein Problem, wir werden sie mitnehmen. Eine Trage! Und Ihre Nase?«
    »Es geht …«
    Fahrzeuge bremsen mit quietschenden Reifen, Türenschlagen, laute Stimmen.
    »Aber wen haben wir denn da! Mercier, hiermit verhafte ich Sie! Legen Sie sofort das Kind auf den Boden oder ich puste ihnen das Gehirn weg!«
    Gassin! Außer sich vor Wut!
    »Sie irren sich, Inspektor, er war es nicht«, sagt Guillaume. »Sanitäter, Achtung, ganz vorsichtig, sie ist bewußtlos.«
    »Wir wissen schon, was zu tun ist, Monsieur!«
    »Er war es nicht? Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen!« tobt Gassin.
    »Wirklich, seien Sie bitte ganz vorsichtig, es ist meine Frau … Nein, Inspektor, es war Hélène Fansten, sie hat uns alles gestanden.«
    »Hélène Fansten? Hélène Fansten soll die Mörderin gewesen sein? Und warum nicht gleich Aschenputtel? Hast du das gehört, Mendoza? Vielleicht hätten Sie die Güte, etwas deutlicher zu werden!«
    »Wo sind Sie verletzt?«
    »Sie kann Ihnen nicht antworten, sie ist stumm.«
    »Sie ist blutüberströmt und mit Brandblasen übersät. Verständige die Zentrale, sag ihnen, wir bringen Brandopfer mit. Was ist das für ein Kasten da in ihrem Schoß?«
    Der Kasten? Der Mistkerl hat die Frechheit besessen, mir den Kasten zu geben?
    »Das ist für Inspektor Gassin. Da, Inspektor«, sagt Tony, als würde er ihm Bonbons anbieten, »öffnen Sie den Kasten.«
    »Wenn das wieder einer Ihrer dummen Scherze sein sollte, Mercier, ich schwöre Ihnen, dann … Um Gottes willen! Sie mieser … Sie haben genau gewußt, was da drin ist!«
    Wenigstens werde ich nie den Inhalt dieses Kastens sehen. Aber gibt es etwas Schlimmeres, als ihn sich vorzustellen? Die kleinen verkrümmten Fingerchen, die glasigen Augen …
    »Ich dachte, das würde Sie interessieren«, meint Tony unbekümmert.
    »Wo haben Sie das her?« will Gassin wissen, dessen Stimme auf einmal ganz tief klingt.
    »Pardon, Inspektor, aber wir müssen sie in die Notaufnahme bringen …«
    »Was machen wir wegen der Wohnung, Chef? Da oben liegen zwei Leichen …«
    »Haben Sie sich mal seine Nase angesehen? Sie ist gebrochen, Inspektor.«
    »Antwortet mir jetzt gefälligst jemand?!« brüllt Gassin.
    »In fünf Minuten werde ich Ihnen alles erklären, aber sagen Sie, Sie haben nicht zufällig etwas zu trinken?« erkundigt sich Tony seelenruhig.

15
    Wieder im Krankenhaus. Ich weiß nicht, wie spät es ist. Man hat mich untersucht, meine Wunden versorgt und mir ein leichtes Beruhigungsmittel verabreicht. Gassin hat das Messer sichergestellt. Ich konnte es kaum aus der Hand geben. Jetzt geht es mir besser. Anscheinend ist mein Haar teilweise verbrannt. Das muß ja hinreißend aussehen. Eine in Verbände gewickelte Mumie mit einem Haarbüschel oben auf dem Kopf.
    Yvette wird noch behandelt. Schädelbruch. Sie wollen eine Computertomographie machen. Wir können nur beten. Guillaume läuft nervös vor dem Operationssaal auf und ab. Virginie schläft noch immer, sie haben sie in einem Einzelzimmer untergebracht, und wir sitzen hier im Warteraum: Gassin, ich, der diensthabende Polizist und Tony. Man hat ihn mit ungefähr zehn Stichen am Oberschenkel nähen müssen und sich um seine gebrochene Nase gekümmert. Er muß einen riesengroßen Verband mitten im Gesicht haben. Dieses Gesicht, das ich nie gesehen habe. Wenn er sich bewegt, höre ich das Klirren der Handschellen. Ihm werden eine ganze Reihe von Dingen zur Last gelegt, nette Lappalien wie zum Beispiel Aneignung einer falschen Identität‹, Urkundenfälschung und Verwendung gefälschter Dokumenten ›Beleidigung eines Polizeibeamten im Dienst‹, ›Zurückhalten von Beweismaterial‹, ganz zu schweigen davon, daß seine vor sieben Jahren veranlaßte Zwangseinweisung in die Psychiatrie noch immer nicht aufgehoben ist …
    »Wie sind Sie dahintergekommen?« will Gassin von ihm wissen und zündet sich eine Zigarette an.
    »Aber ich bin eigentlich nicht dahintergekommen«, meint Tony. »Ich habe erst gegen Ende angefangen, das Ganze zu verstehen. Weil, sehen Sie,

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