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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Qualität für zehn bis zwanzig Cent pro Dollar weiterverkaufen läßt.
    Und dann gibt es die Randzonen des French Quarter, Gegenden, in denen man sich, wenn man betrunken ist oder einfach Pech hat, mit wenigen Schritten aus einer vermeintlich zügellosen Umgebung, in der alles geregelt und künstlich geschönt ist, in eine moralische Mondlandschaft begibt – der Louis Armstrong Park oder die St. Louis-Friedhöfe sind die besten Beispiele –, wo Halbwüchsige wegen einer Geldsumme, die man mit einem Schraubenzieher aus jeder Parkuhr fummeln kann, einer Frau aus nächster Nähe mitten ins Gesicht schießen. Wenn es sich bei dem Opfer um einen Touristen aus dem Ausland handelt, erregen diese Morde landesweites Aufsehen. Ansonsten aber ereignen sie sich mit Regelmäßigkeit, ohne daß sich jemand darüber aufregt, so daß Louisiana heutzutage pro Kopf der Bevölkerung die höchste Mordrate in den Vereinigten Staaten aufweist.
    Diejenigen, die in der Nahrungskette ganz oben stehen – Großdealer, die das Bindeglied zwischen Kolumbien und dem Marschland von Louisiana bilden, Kasinobetreiber, die für ein in der Freizeit- und Unterhaltungsbranche tätiges Unternehmen aus Chicago, das sich im Besitz der Mafia befindet, die Bücher führen –, sitzen selten ein, geschweige denn, daß man sie in aller Öffentlichkeit mit den Mächten in Verbindung bringt, denen sie dienen. Sie kaufen sich Zeitungsleute und geben den Kindern des Gouverneurs eine Anstellung. In den morgendlichen Fernsehtalkshows kann man sie manchmal erleben, die Besitzer schwimmender Spielkasinos, wie sie ihren Salm ablassen und den gutgelaunten, menschenfreundlichen Rotarier mimen – Mafiosi, denen manch einer zutraut, daß sie hinter dem Mord an John Kennedy stecken, pflegen ihre Rosen und speisen in den feinen Innenstadtrestaurants, ohne daß jemand daran Anstoß nimmt.
    Das ist keine Übertreibung.
    Ich klapperte alles ab, dachte, ich könnte auf den Straßen von New Orleans die Auskunft erhalten, an die ich zu Hause nicht herangekommen war, und stand am Ende mit leeren Händen da. Aber was hatte ich denn erwartet? Die Halbseidenen aus den Seitengassen, die Schlemihle, die das Stadtgefängnis in- und auswendig kannten, die aidsinfizierten Prostituierten (eine von ihnen schaute mich mit gehetztem Blick an und fragte, ob die Geschichten stimmten, die man sich von einem Ort namens Lourdes erzählte), all das waren Menschen, die es für ein gelungenes Gaunerstück hielten, wenn sie den Stromzähler anbohrten und Honig hineinkippten, damit sich die Ameisen drin einnisteten und den Apparat zerstörten, oder die sich – was viel bezeichnender war für die Ängste, die ihr Leben bestimmten – Tag für Tag fragten, ob der braune Mexikaner, den sie mit einem Schuß Wasser in einem Teelöffel aufkochten, nicht der direkte Weg in den Abgrund war, in dem sie sämtliche gefräßigen Ungeheuer und all die grusligen Geräusche aus ihrer Kindheit erwarteten.
    In der Abenddämmerung saß ich, während es draußen regnete, unter dem Pavillon des Café du Monde, aß einen Teller Beignets mit Puderzucker und trank dazu eine Tasse Kaffee
au lait
. Ich war müde, und mir summten und klangen die Ohren – so ähnlich, wie wenn man zu lange und zu tief unter Wasser gewesen ist. Die St. Louis Cathedral und der Park am Jackson Square lagen grau im Regen, und ein kalter Dunst zog unter die Markisen des Pavillons. Ein Studentenpärchen, das eine tragbare Stereoanlage dabeihatte, ging bei Rot über die Straße, rannte durch den strömenden Regen ins Café und setzte sieh an den Tisch neben mir. Sie bestellten, und dann pellte der junge Mann eine Kassette aus der Cellophanhülle und schob sie in das Gerät.
    Es waren Songs, die jeder kannte, der in den fünfziger Jahren in Südlouisiana aufgewachsen war: »Big Blue Diamond«, »Shirley Jean«, »Lawdy Miss Clawdy«, »I Need Somebody Bad Tonight«, »Mathilda«, »Betty and Dupree« und »I Got the Rockin’ Pneumonia and the Boogie Woogie, Too«.
    Ich starrte hin, ohne mir dessen bewußt zu sein.
    »Mögen Sie die Songs?« fragte der Jüngling.
    »Klar, aber sicher«, sagte ich. »Die sind schwer zu übertreffen.«
    »Wir haben sie drüben an der Ecke gekauft. Klasse Zeug«, sagte er.
    »Ich hab die Jungs gesehen. Cookie and the Cupcakes, Lloyd Price, Warren Storm. Die haben alle hier in der Gegend gespielt.«
    Sie lächelten und nickten, so als ob sie auch diese Namen kannten, wollten sich dann offenbar wieder miteinander

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