Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
zusammenbringen?«
»Wie schon gesagt, ich seh ihn hier nicht mehr, wenn Sie wissen, was ich meine?« Seine Augen leuchteten wie blaue Seide, als er auf Blickkontakt ging, mit der Kinnlade mahlte.
»Er hat die Stadt verlassen, und keiner vermißt ihn?« Ich lächelte ihn an.
»Sie haben’s erfaßt.«
»Wie war’s mit zwei Jungs, die wie Pat und Patachon aussehen?«
Er schüttelte unverbindlich den Kopf.
»Der Kleinere von den beiden hat einen Hals wie ein Feuerhydrant. Hat möglicherweise für Idi Amin gearbeitet. Sonny Boy hat eventuell seinen Bruder umgelegt«, sagte ich.
Er starrte mich unverwandt an, aber ich sah, wie er mit der Hand auf den Ladentisch trommelte, hörte, wie sein schwerer Ring auf die Glasplatte schlug. Er nahm den Notizblock und warf ihn hinter sich auf einen mit allerlei Müll übersäten Schreibtisch.
»Verarschen Sie mich nicht, Mann«, sagte er, ohne mit der Wimper zu zucken, und balancierte den Kaugummi auf den Zähnen.
»Meinen Sie, ich bin ein Cop?«
»Sie ham’s kapiert, Mann.«
»Sie haben recht.« Ich schlug das Etui mit meiner Dienstmarke auf und legte es auf den Ladentisch. »Sie wissen, wer der Kerl mit dem zu kurz geratenen Hals ist, stimmt’s?«
Er ließ seinen Schlüsselring in die Hosentasche fallen und rief dem Mann, der weiter vorn beim Eingang den Holzboden schrubbte, zu: »Schließ ab, Mack. Ich geh mal gucken, was die Alte zum Abendessen zu bieten hat. Der komische Kerl hier is’n Cop. Aber du brauchst nicht mit ihm zu reden, wenn du keine Lust dazu hast.« Dann spie er seinen Kaugummi zielsicher in einen Müllsack und verschwand durch eine scheppernde Eisentür in die Gasse hinter dem Haus.
Ich ging ihm hinterher. Er lief so rasch zu seinem Auto, daß der Schlüsselbund in seiner Hosentasche klapperte.
»Warten Sie, Tommy«, rief ich.
Helen hatte ihren Wagen am anderen Ende der Gasse geparkt, unmittelbar neben einem Müllcontainer und einer Reihe Bananenstauden, die entlang einer Ziegelmauer wuchsen. Sie hatte den Schlagstock in der Hand, als sie ausstieg.
»Bleib stehen, Arschgeige!« rief sie und rannte los. »Keine Bewegung! Hast du mich verstanden? Keine Bewegung, hab ich gesagt, verdammt noch mal!«
Aber Tommy wollte nicht hören, sondern versuchte zu seinem Auto zu gelangen. Sie zog ihm den Schlagstock von hinten in die Kniekehle, worauf sein Bein unter ihm wegknickte, als hätte sie ihm die Sehnen durchtrennt. Er prallte gegen die Autotür, umklammerte mit beiden Händen sein hochgezogenes Knie und hatte den Mund aufgerissen als wolle er eine Feuersbrunst ausblasen.
»Verdammt noch mal, Helen«, stieß ich mit zusammengepreßten Zähnen hervor.
»Er hätte nicht weglaufen sollen«, sagte sie. »Stimmt’s, Tommy? Wenn man nichts zu verbergen hat, braucht man nicht davonzulaufen. Gib zu, daß ich recht habe, Tommy.«
»Laß ihn in Ruhe, Helen. Ich mein’s ernst.« Ich nahm seinen Arm und half ihm auf, öffnete seine Autotür und schob ihn auf den Sitz. Eine ältere Schwarze, die einen blauen Fetzen um den Kopf geschlungen hatte und einen Kinderwagen vor sich herschob, kam aus der Nebenstraße und wühlte in dem Müllcontainer herum.
»Ich zeig euch wegen Körperverletzung an«, sagte Tommy.
»Das ist Ihr gutes Recht. Wer ist der Kleine, Tommy?« fragte ich.
»Wissen Sie was? Ich verrat’s Ihnen. Das ist Emile Pogue. Setzen Sie die Kuh auf ihn an. Der ihr Kopf macht sich ausgestopft bestimmt prima.«
Ich spürte, daß Helen sich hinter mir bewegte, hörte, wie der Kies unter ihren Schuhen scharrte.
»Nein«, sagte ich und gebot ihr mit der Hand Einhalt.
Tommy knetete mit beiden Händen seine Kniekehle. Eine dicke blaue Ader pochte auf seinem kahlrasierten Schädel.
»Und noch was könnt ihr euch hinter die Ohren schreiben«, sagte er. »Emile hat nicht für Idi Amin gearbeitet. Er hat ihn in einer israelischen Fallschirmjäger schule ausgebildet. Ihr Wichser habt doch nicht die geringste Ahnung, mit wem ihr euch da anlegt, stimmt’s?«
Am Montag morgen begab ich mich zum Gerichtsgebäude des Bezirks Iberia und durchforstete die Grundbucheintragungen für die Bertrandsche Plantage draußen bei Cade. Bertie Fontenot behauptete, daß Moleen Bertrands Großvater vor fünfundneunzig Jahren mehreren schwarzen Familien, darunter auch ihre Vorfahren, das Stück Land geschenkt hatte, auf dem sie wohnten, aber ich konnte keinerlei Aufzeichnungen zu der Überschreibung finden. Der Angestellte im Grundbuchamt ebensowenig. Die alten
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