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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Worte, mit denen der Heimathafen angegeben war –
Morgan City, Louisiana
–, brachten sie zu einer bitteren Erkenntnis, die weder ein Stelldichein unter Palmen noch die nackte Gier, mit der er wieder und immer wieder auf die Plantage kam, auf Knien vor ihr in der Maishütte lag, die Hände um ihre Schenkel geschlungen, je wieder auslöschen konnten.
    Noah Wirtz war ein kleiner, hagerer Mann, dessen Haut aussah, als sei sie von Schießpulver versengt worden. Selbst im Sommer trug er eine schwarze Lederkappe mit kurzem Schirm und lächelte stets, so als ob die Welt voller komischer Situationen sei, die nur er wahrnahm. Er wohnte mit seiner Frau, einer fundamentalistischen Sonntagsschullehrerin aus Mississippi, die ein Holzbein hatte, in einem aus Brettern gezimmerten Haus am oberen Ende der Straße. Die Schwarzen auf der Plantage sagten: »Mister Noah weiß, wie man’s zu was bringt.« Er und seine Frau gingen nicht ins Kino, gönnten sich keinen Urlaub, gaben keinerlei Geld für Autos, Alkohol, Außenborderboote, Pickups oder Schrotflinten aus, und sie ernährten sich von nichts anderem als Maisbrot, Kohl, gequollenem Reis mit roten Bohnen, Büffelfisch, Sumpfkarpfen und minderwertigem Fleisch, wie es zumeist die Schwarzen aßen. Jeder Pfennig von seinem kargen Lohn wurde gespart und in das kleine Lebensmittelgeschäft gesteckt, das sie sich in Cade kauften, und die Erträge aus dem Laden wurden für landwirtschaftliche Geräte verwendet, die er wiederum an Zuckerrohrpflanzer in den Bezirken Iberia und St. Martin vermietete.
    An einem schwülen Augustabend, als die Leuchtkäfer funkelnd zwischen den Bäumen tanzten, entdeckte Moleen die wahren Fähigkeiten seines Verwalters. Er und Ruthie Jean hatten sich in dem Schuppen hinter den Bäumen getroffen, und als er sich schweißtriefend und schlaff von ihr erhob und ihre Hände von seinen Hüften glitten, hörte er trockenes Laub knistern, dann knackte ein Ast, und ihm wurde klar, daß da draußen jemand war, schwer atmend durchs Unterholz ging.
    Er schlüpfte in seine Khakihose, zog sich das Polohemd über und rannte hinaus in die Hitze. Durch die Bäume sah er, wie Noah Wirtz, dessen Cowboystiefel an den Spitzen wie Schnäbel nach oben gebogen waren und dessen langärmliges Drillichhemd unter den Achselhöhlen schweißnaß durchhing, in seinen am Feldrain stehenden Tieflader stieg.
    »Sie da! Wirtz!« schrie Moleen. »Bleiben Sie stehen!«
    »Ja, Sir?« Wirtz, dessen Haut so dunkel war, als sei sie über offenem Feuer geräuchert worden, grinste ihn unter seiner Lederkappe an.
    »Was machen Sie hier draußen?«
    »Den Abfall wegräumen, den die Nigger in der Mittagspause weggeschmissen ham.«
    »Ich sehe keinen Abfall.«
    »Weil ich ihn schon vergraben hab. Soll ich ihn etwa heim zu mir schaffen?« Mit seinem runzligen Gesicht wirkte er wie ein vergnügter Elf.
    Sie musterten einander im schwindenden Licht.
    »Schönen Abend noch, Chef«, sagte Wirtz und spie einen Strahl Kautabak aus, bevor er ins Führerhaus seines Lasters stieg.
    Moleen ging zwischen den Bäumen hindurch zum Schuppen zurück. Das Abendrot fiel gelb und fahl durch das Blätterdach, doch er wußte, ohne hinzuschauen, was er unter der offenen Fensterhöhle finden würde. Klar und deutlich, so als habe ein bocksbeiniger Satyr seine Spur hinterlassen, hatten sich die Absätze der Stiefel durch das dürre Laub in den feuchten Boden gebohrt.
    Die Erpressung begann erst viel später, nach Moleens Hochzeit mit Julia, doch die Forderungen waren nicht überzogen, stellten keine allzu große Belastung dar. Genaugenommen waren sie so bescheiden, daß Moleen sich nach einer Weile einredete, es sei besser, wenn Wirtz dahintersteckte, der ebenso unterwürfig wie widerlich war (der manchmal sogar den Zuhälter spielte und dafür sorgte, daß sie bei ihren Schäferstündchen nicht gestört wurden), als jemand anders, der womöglich durchtriebener und unberechenbarer wäre.
    Moleen überließ ihm einen Traktor, der ansonsten nur auf der Wiese herumgestanden und vor sich hin gerostet hätte, schenkte ihm zu Weihnachten und an Thanksgiving einen Räucherschinken, gab ihm gelegentlich etwas Rehfleisch oder ein paar Wildenten ab, wenn er so viele hatte, daß sie nicht mehr in den Kühlschrank paßten, und er trat ihm fünf Acres Land ab, das erst urbar gemacht und bestellt werden mußte.
    Die stillschweigende Übereinkunft scheiterte schließlich nicht etwa an Wirtz’ Habgier, sondern an seiner allzu großen Zuversicht

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